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Kultur und Geschichte

Vor 25 Jahren: Bildungsenquete nimmt Arbeit auf

Schulkind vor Tafel

(pa/beyond)

Wie soll Bildungspolitik in Deutschland aussehen? Seit dem Pisa-Schock 2001/2002 gibt es dazu in Deutschland eine intensive öffentliche Debatte. Vor 25 Jahren stellte sich die Enquete-Kommission „Zukünftige Bildungspolitik — Bildung 2000“ dieser Frage. Dabei hatte sie nicht nur ein komplexes gesellschaftliches Thema zu bewältigen, sie arbeitete auch in einer Zeit weltpolitischer Umbrüche. Mit der Öffnung der Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR änderten sich die Rahmenbedingungen des Einsetzungsauftrages von Tag zu Tag. Am Donnerstag, 25. Februar 1988, nahm das 17 köpfige Gremium unter Vorsitz des SPD-Abgeordneten  Eckart Kuhlwein, mit dem Auftrag bildungspolitische Antworten auf die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen zu finden, seine Arbeit auf.

„Antworten auf neue Herausforderungen“

Bereits mit der Einrichtung einer Enquete-Kommission zur Bildungspolitik hatte der Deutsche Bundestag Neuland betreten. Bildungspolitische Fragen hatten zwar schon bei Enqueten des Bundestages eine Rolle gespielt, zuletzt in der Kommission „Jugendproteste im demokratischen Staat“.

„Der Versuch jedoch, in gemeinsamer Anstrengung aller Fraktionen des Deutschen Bundestages unter Einbeziehung von Sachverständigen von außerhalb des Parlaments bildungspolitische Antworten auf neue technologische, ökonomische, ökologische und soziale Herausforderungen zu finden, ist neu“, betonte der Vorsitzende in seinem Vorwort zum Zwischenbericht der Kommission.

„Widersprüche in der Bildungspolitik“

Nach der gemeinsamen Anstrengung sieht es in der einstündigen Debatte um die Einsetzung der Enquete zunächst nicht aus. Am 17. September 1987 stellt die SPD-Fraktion einen Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission um in dieser Kommission die „langfristig wirksamen gesellschaftlichen Faktoren“ zu untersuchen, „denen eine vorausschauende Bildungspolitik und alle im Bildungswesen Tätigen Rechnung tragen müssen“ und zu klären,„ welche Veränderungen in Bildungspolitik und Bildungspraxis notwendig sind, damit sich junge wie erwachsene Menschen durch eine zukunftsträchtige Erstausbildung und Weiterbildung auf neue Herausforderungen in Beruf, Familie und Gesellschaft vorbereiten können“.

Widersprüche in der Bildungspolitik und viele offene Fragen würden es notwendig machen einen neuen bildungspolitischen Konsens zu suchen, begründet der SPD-Politiker Kuhlwein die Initiative. Die Grundsätze künftiger Bildungspolitik müssten Thema der höchsten deutschen Volksvertretung werden, fordert er.

Skepsis bei der CDU/CSU

Die Grünen-Fraktion stellt einen eigenen Antrag, weil eine andere Ausrichtung von Bildungspolitik nötig sei. Der Vorschlag der SPD sei keine Bildungspolitik, sondern Personalpolitik der Firma Bundesrepublik Deutschland. Bildungspolitik müsse den Bildungsbedürfnissen  und -ansprüchen aller Menschen in der Gesellschaft Geltung verschaffen, erklärt die Grünen-Abgeordnete Imma Hillerich diesen Schritt.

Mit Skepsis reagiert die CDU/CSU-Fraktion auf die Einsetzung einer solchen Kommission. Nimmt man sich nicht zu viel vor, wenn man versucht einen Konsens zu finden, wo es ihn in manchen Fragen scheinbar oder tatsächlich nicht gibt, fragt der CDU-Abgeordnete Klaus Daweke. Große Lücken klafften vor allem zwischen dem was wünschenswert und dem was machbar ist, kritisiert der Parlamentarier die Anträge. Finanzielle Vorgaben könne man auch in der Kommission nicht ändern. Für viele Fragen gäbe es keine Bundeskompetenz, beanstandet Daweke.

Keine Einigung auf einen Konsens

Trotz ihrer Differenzen über die Ausrichtung der Kommission einigen sich die Fraktionen der CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen auf einen gemeinsamen Antrag und setzen am 9. Dezember 1987 eine Enquete-Kommission ein, die bestehend aus neun Abgeordneten und acht Sachverständigen bildungspolitische Antworten auf die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen finden soll.

Zweieinhalb Jahre und 50 Sitzungen später legt die Kommission ihren Abschlussbericht vor, über den der Bundestag am Freitag, 26. Oktober 1990, berät. Viele Antworten hatte das Gremium darin nicht geben können. Auf einen gemeinsamen Konsens hatte man sich nicht einigen können. Zum einen weil die Zeit nicht ausgereicht hatte, um alle aufgeworfenen Fragen mit der notwendigen Tiefe bearbeiten zu können, zum anderen, weil die Positionen zu unterschiedlich waren.

Zusammenwachsen der beiden deutschen Bildungssysteme

Auch hatte sich die Kommission nicht in der Lage gesehen, dauerhaft gültige Aussagen zum Zusammenwachsen der beiden deutschen Bildungssysteme zu machen. Zu viele Überlegungen zur deutsch-deutschen Bildungspolitik waren durch die politische Entwicklung überrollt worden.

Dennoch werde der Bericht für die Bildungspolitik auch im gemeinsamen Deutschland von Bedeutung bleiben, glaubt der Kommissionsvorsitzende. Zum einen enthalte er für die von der Bundespolitik zu verantwortenden Felder eingehende Problemanalysen, die auch für Leser in den neuen Ländern von großem Interesse seien, und zum anderen gälten die „von uns bearbeiteten Herausforderungen“, wie etwa die Frage nach der Gleichstellung, nach den ökologischen Erfordernissen, nach dem bildungspolitischen Beitrag zur aktiven Mitgestaltung des Strukturwandels, nach den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und nach der Verdichtung der internationalen Beziehungen und Abhängigkeiten, „selbstverständlich auch für das gemeinsame deutsche Bildungssystem“.

„Unterschiede im gedanklichen Ansatz“

Die gemeinsamen Anstrengungen hätten sich gelohnt, betont Kuhlwein. Die jeweils getrennten Voten von Mehrheit und Minderheit in einer Reihe von Kapiteln würden dennoch ein erhebliches Maß an Annäherung erkennen lassen. Aber auch dort, wo Positionen in diesem Bericht unvereinbar nebeneinander stehengeblieben seien, habe es ein hohes Maß an gegenseitiger Toleranz und Respekt gegenüber der jeweils anderen Meinung gegeben, erklärt er und verbindet damit die Hoffnung, dass dies vielleicht ein Anstoß dafür sein könne, in der Bildungspolitik der nächsten Jahre zu einer neuen Kultur des politischen Dialogs und des politischen Streits zu kommen.

„In der Sache waren wir gar nicht so weit auseinander“, bestätigt auch der stellvertretende Kommissionsvorsitzende Alois Graf von Waldburg-Zeil. „Die Unterschiede liegen im gedanklichen Grundansatz: mehr staatlicher Regelungsbedarf von der Oppositionsseite, Weiterentwicklung bestehender Ansätze mit geringstmöglicher Staatseinmischung von Koalitionsseite her“, erklärt der CDU-Abgeordnete. (klz/20.02.2013)

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