Junge Menschen in Vereinen unterrepräsentiert
Im zivilgesellschaftlichen Engagement fehlt es an Nachwuchs. So lautet einer der zentralen Befunde des Forschungsprojektes „Jugendliche in zivilgesellschaftlichen Organisationen“, das am Mittwoch, 27. Februar 2013, in dem von Markus Grübel (CDU/CSU) geleiteten Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ vorgestellt wurde. „Junge Menschen sind in Vereinen und Stiftungen tendenziell unterrepräsentiert“, sagte Mareike Alscher von dem mit der Studie beauftragten Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Positiv sei, dass die Organisationen das Problem erkannt hätten, betonte Alscher. Gleichwohl gelänge es nicht in ausreichendem Maße, die Jugendlichen zu erreichen. Nach Aussage der Soziologie hat dies mit den Organisationsstrukturen zu tun, die „nicht auf Jugendliche ausgerichtet sind“.
Engagement in Verbindung mit Eigeninteressen
Die Situation junger Menschen, worunter Alscher 14- bis 30-Jährige versteht, sei durch einen Veränderungs- und Anpassungsdruck geprägt, sagte die Wissenschaftlerin. Das habe mit veränderten Lernprozessen in Folge von Bildungsreformen ebenso zu tun wie mit veränderten Beschäftigungssituationen und erhöhten Mobilitäts- und Flexibilitätsanforderungen. Folge davon: „Die für das Engagement verwendete Zeit ist in den letzten zehn Jahren immer weiter zurückgegangen.“
Zudem würden junge Menschen ihr Engagement stark mit Eigeninteressen verbinden. „Qualifikationsangebote spielen dabei eine wichtige Rolle“, sagte Alscher. Ein sehr wichtige Punkt aus ihrer Sicht ist die Frage der Mitsprache und Mitentscheidung. Diese sei nach Auskunft der für das Projekt befragten nur bedingt gegeben.
„Alltägliches Hilfsmittel mit wachsender Bedeutung“
Mit dem Einfluss des Internets auf das Engagement Heranwachsender beschäftigte sich eine weitere vor dem Unterausschuss vorgestellte Studie. Darin kommen die Wissenschaftler vom Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut an der Technischen Universität Dortmund zu der Einschätzung, dass ein Rückgang der Engagementbereitschaft Jugendlicher aufgrund einer stärkeren Nutzung des Internets nicht zu erkennen sei, wie der Soziologe und Erziehungswissenschaftler Erich Sass sagte.
Engagierte und nicht engagierte Jugendliche würden sich in ihrem Nutzungsverhalten sowie ihren Einstellungen zum Internet nur unwesentlich unterscheiden, machte er deutlich. Es sei vielmehr so, dass „das Internet zu einem alltäglichen Hilfsmittel mit wachsender Bedeutung geworden ist“.
Vorformen eines Engagements 2.0
Beim Einstieg in das Engagement spiele aber das Internet nur für wenige Jugendliche eine Rolle, schränkte Sass ein. Am stärksten sei dies noch bei Aktivitäten im Bereich Politik und Menschenrechte der Fall. Im gleichen Bereich sei auch die Nutzung des Internets für das Engagement am stärksten.
Ergebnis der Studie sei auch, dass mit dem Internet ein neuer gesellschaftlicher Gestaltungsspielraum entstehe, der auch für Jugendliche an Bedeutung zunehme, machte der Wissenschaftler deutlich. „Vorformen eines Engagements 2.0 lassen sich auch bei Jugendlichen erkennen“, sagte er.
„Organisationform den Lebenswelten anpassen“
Um ihre Attraktivität auf Jugendliche zu erhöhen, müssten die zivilgesellschaftlichen Organisationen ihre Organisationsform den Lebenswelten der Jugendlichen anpassen, forderte Stephan Groschwitz vom Deutschen Bundesjugendring. Dazu könne auch die Nutzung des Internets beitragen. So ließen sich durch Internetdienste wie Doodle Treffen einfacher und zeitsparender organisieren.
Groschwitz machte zugleich deutlich, dass seine Organisation nicht von einem Rückgang des Engagements geplagt sei. „Die Bereitschaft, sich im Bundesjugendring zu engagieren, ist gleichbleibend“, sagte er. Das habe auch damit zu tun, dass man mit hauptamtlichen Mitarbeitern gut ausgestattet sei, die als Ansprechpartner fungierten.
Wichtige Frage der Mitbestimmung
Auch für den stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Bundesjugendrings ist die Frage der Mitbestimmung wichtig. Damit schaffe man eher die Bereitschaft für ein Engagement, als durch die bloße Teilnahmemöglichkeit, urteilte er.
Insgesamt schätzte es auch Groschwitz als positiv ein, dass das Internet keine negativen Effekte auf das Engagement habe. Es gebe jedoch die Notwendigkeit, die Jugendnetzpolitik zu verstärken, machte er deutlich. Gerade Jugendlichen sei nicht immer klar, welche Grenzen im Netz gelten würden. „Es herrscht eine große Rechtsunsicherheit“, sagte Groschwitz vor dem Unterausschuss. (hau/27.02.2013)