Schlagabtausch zum Zustand des Nord-Ostsee-Kanals
Der wegen des maroden Zustands des Nord-Ostsee-Kanals in der Kritik stehende Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) hat die Kritik an seiner Politik zurückgewiesen. „Dieser Kanal ist seit Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb. Ich bin seit drei Jahren Bundesverkehrsminister“, sagte Ramsauer während einer Aktuellen Stunde am Mittwoch, 20. März 2013, im Parlament. Die SPD-Fraktion hatte sie unter dem Titel „Probleme beim Nord-Ostsee-Kanal – Auswirkungen der Politik von Bundesverkehrsminister Dr. Ramsauer auf den maritimen Wirtschaftsstandort“ verlangt und dem Minister vorgeworfen, die dringend erforderliche Instandsetzung des Kanals zu verschleppen und für eine zunehmende Verteuerung des Projektes verantwortlich zu sein.
Minister dankt Handwerkern und Tauchern
Nach dem Ausfall mehrerer Schleusen war die wichtige Wasserstraße gut eine Woche lang für große Schiffe gesperrt worden. Mit einer notdürftigen Reparatur war es gelungen, in nur acht Tagen aus zwei defekten Schleusenkammern ein einzelnes funktionstüchtiges Provisorium zu bauen.
„Mein Dank gilt vor allem den Tauchern und Handwerkern für ihre Arbeit unter schwierigsten Bedingungen“, sagte Ramsauer und versprach, für den Kanal eine Sondereinsatzgruppe mit elf zusätzlichen Stellen bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung einzurichten, um den Betrieb über und unter Wasser ständig aufrechterhalten zu können.
„Fünfte Schleusenkammer wird auf den Weg gebracht“
Die Ausschreibung für den Bau einer seit Langem geforderten fünften Schleusenkammer, die sich seit Jahren verzögert, soll in den kommenden zwei bis drei Wochen auf den Weg gebracht werden.
Der Minister verwahrte sich indes gegen Vorwürfe im Vorfeld, insbesondere seitens des Hamburger SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs, Ramsauer habe für die Modernisierung des Kanals bereits zur Verfügung stehende Mittel nach Bayern umgeleitet, um diese für dortige Projekte zu verwenden. „Ich schätze Sie“, sagte Ramsauer in Richtung des Sozialdemokraten, „aber dies ist ein Foul, für das es im Fußball die rote Karte gibt.“
SPD fordert verbindlichen Zeit- und Maßnahmenplan
Der vom Minister Angesprochene wies die Replik des Ministers zurück und bekräftigte erneut seine Kritik. „Schon in der Großen Koalition standen Mittel für den Nord-Ostsee-Kanal bereit. Das Geld war später weg.“ Nachdem „dreieinhalb Jahre geschlafen wurde“, müsse nun alles getan werden, um den Kanal zu modernisieren, forderte er und kritisierte mit Blick auf die von Ramsauer angekündigte Sondereinsatzgruppe für den Kanal: „Wir brauchen nicht elf, sondern 70 Leute.“
Zugleich forderte er einen „verbindlichen Zeit- und Maßnahmenplan für die Instandsetzung, um eine Planungssicherheit zu haben“. Einige der Maßnahmen müssten bereits parallel angegangen werden und nicht nacheinander.
CDU/CSU: Mehr an einem Strang ziehen
Damit rief Kahrs den Unionsabgeordneten Dr. Philipp Murmann auf den Plan, der derlei Forderungen als „sinnlos“ bezeichnete. „Wenn die SPD alles gleichzeitig machen will, müssten wir den Kanal sperren. Das kann niemand wollen.“ Zugleich nahm Murmann Minister Ramsauer in Schutz. „Kein Bayer war zuletzt häufiger in Schleswig-Holstein als Ramsauer“, sagte er mit Blick auf Ramsauers Besuche vor Ort, um sich ein Bild von der Situation zu machen.
Zugleich betonte Murmann, Deutschland sei als „Mittelstandsland“ dezentral aufgestellt und dementsprechend auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Vor diesem Hintergrund setzte er sich für einen stärkeren „Pioniergeist“ ein und forderte, auf nationaler Ebene mehr „an einem Strang zu ziehen.“
FDP: Höhere Wertigkeit für den maritimen Bereich
Unterstützung erhielt Murmann dabei von Torsten Staffeldt (FDP), der ebenfalls eine stärkere gemeinsame Anstrengung anmahnte. „Der maritime Bereich muss eine höhere Wertigkeit erhalten“, sagte er und erteilte Forderungen aus der Opposition nach einer schnelleren Umsetzung der erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen eine Absage.
„Baumaßnahmen können nicht mal ebenso beschlossen und umgesetzt werden. Hierfür müssen zunächst einmal die Planfeststellungsverfahren realisiert werden“, stellte er klar und bezeichnete die Kritik an Minister Ramsauer als „nichts anderes als vorgezogenen Wahlkampf“.
Grüne: Projekte vorausschauend durchfinanzieren
Demgegenüber kritisierte die Grünen-Abgeordnete Dr. Valerie Wilms „das Niveau, auf dem hier diskutiert wird“ und regte zudem bei den zu lösenden Fragen des Kanals eine stärkere Sachorientierung an.
„Es reicht eben nicht, einen Spatenstich zu inszenieren. Wir haben eine Verantwortung, uns sachgerecht für den Erhalt dieser wichtigen Anlagen einzusetzen.“ In diesem Zusammenhang forderte sie, künftig Projekte „vorausschauend durchzufinanzieren“, anstatt „immer neue Verkehrsobjekte zu beginnen, die finanziell noch gar nicht gesichert sind“.
Linke: Keine vorausschauende Planung erkennbar
Herbert Behrens von der Linksfraktion schlug in die gleiche Kerbe. „In dieser Politik ist keine vorausschauende Planung erkennbar, sondern lediglich Flickschusterei“, wetterte er und bezeichnete den Ausfall der Schleusen als „vermeidbar“. Seit Mai 2010 könne eine fünfte Schleuse gebaut werden, 270 Millionen Euro seien hierfür bereitgestellt worden. „Doch passiert ist nichts!“
Stattdessen würden Gelder in zweifelhafte Großprojekte wie Stuttgart 21 gesteckt. Gleichzeitig werde der Nord-Ostseekanal seit Jahren „auf Verschleiß gefahren, während sich die Bundesregierung ihren Pflichten entzieht“
„Den Kanal auf Schlick gefahren“
Eingangs ging der schleswig-holsteinische Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer (SPD), auf die Geschichte des 1895 eröffneten Kanals ein, der als Schifffahrtsweg Nord- und Ostsee verbindet und damit die 800 Kilometer lange Umrundung Dänemarks entbehrlich macht.
Meyer verwies darauf, dass in den vergangenen 20 Jahren Verkehrsminister aller Couleur untätig geblieben seien und der Kanal dadurch „auf Schlick gefahren“ worden sei. (jmb/20.03.2013)