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Menschenrechte

Gesetz gegen Menschenhandel spaltet Plenum

Der sexuellen Ausbeutung von Frauen kann bisher nicht wirkungsvoll genung entgegentreten werden: Mit der Vorstellung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten (17/13706) am Donnerstag, 6. Juni 2013, wollen die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP das ändern. Nun werde die Überprüfung des Gewerbetreibenden möglich, der ein Bordell führt. „Kaum jemand ist verständlich zu machen, dass Spiellokale gewerberechtlichen Kontrollen unterliegen, aber die Prostitution nicht“, sagte Hartfrid Wolff (FDP) bei der Einbringung.

FDP: Rot-Grün war betriebsblind

Wolff warf der ehemaligen rot-grünen Regierungskoalition vor, mit dem vor elf Jahren beschlossenen Prostitutionsgesetz – dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierteneine gewisse „Betriebsblindheit“ an den Tag gelegt zu haben. Das Gesetz habe in den Folgejahren erheblich zur Ausweitung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution in Deutschland beigetragen. Die Koalitionsvorlage werde entstandene Fehlentwicklungen beheben. Doch der Liberale gestand vor dem Plenum auch ein, dass das Gesetz in der kommenden Legislaturperiode weiter überarbeitet werden müsse.

Der Gesetzentwurf der Koalition schaffe Klarheit unter anderem durch Erweiterungen der Straftatbestände. So soll die Strafvorschrift zum Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft im Strafgesetzbuch (Paragraf 233) auf Fälle des Menschenhandels zum Zweck der Ausnutzung strafbarer Handlungen und der Bettelei erweitert werden. Zudem soll der Menschenhandel zum Zweck des Organhandels, der zurzeit als Beihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz strafbar ist, in den Paragrafen 233 aufgenommen werden.

SPD: Wirksamer Schutz der Opfer erforderlich

Meine es die Koalition mit der Gewerbepflicht ernst, müssen CDU/CSU und FDP eine Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten einführen, sagte Dr. Eva Högl (SPD). „Doch das Gesetz wird dem gravierenden Problem des Menschenhandels an keinem Punkt gerecht.“ Högl lehnte den Entwurf vehement im Namen ihrer Fraktion ab: „Die Koalition versagt bei der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht, sie hatten zwei Jahre Zeit.“ Der Gesetzentwurf geht auf eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer (Ratsdokument 2011/36/EU) zurück.

Högl forderte: „Wir brauchen einen wirksamen Schutz der Opfer und eine Neuregelung im Aufenthaltsrecht.“ Der Aufenthalt dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, ob Opfer bei einem Strafverfahren eine Aussage machen.  Es müsse dafür eine Perspektive geben, dass die Opfer ein Aufenthaltsrecht erwerben können. „Darüber sagt ihr Entwurf kein Wort.“ Weiter forderte sie, dass die Opfer davon freigestellt werden müssen, wiederum strafrechtlich verfolgt zu werden, weil sie sich aufgrund von Begleitdelikten schuldig gemacht haben.

CDU/CSU: Ein erster richtiger Schritt

Ute Granold (CDU/CSU) stellte fest, dass Deutschland Zielland und Transitland im Menschenhandel ist. „Alles was hilft, den verschleppten jungen Frauen zu helfen, ist kein Thema für politische Raufereien“, kritisierte Granold die Vorwürfe der Opposition. „Dieses Gesetz ist ein erster richtiger Schritt in die richtige Richtung.“

Rund 80 Prozent der Prostituierten in Deutschland würden aus dem Ausland kommen. „Für Menschen aus Drittstaaten muss es ein Bleiberecht geben“, sagt sie. „Aber 70 Prozent der Opfer kommen aus EU-Staaten.“ Weil die Aussage von Opferzeugen oft nicht oder nur schwer zu erlangen seien, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfs heißt, forderte Granold: „Wir müssen uns den Freiern zuwenden.“ Ein fertiger Gesetzentwurf liege dazu vor.

Linke: Bleiberecht für Opfer notwendig

Nach elf Jahren Kritik und Verbesserungsvorschlägen am Prostitutionsgesetz befasse sich der Bundestag endlich wieder mit dem Thema, hieß es von Katrin Werner (Die Linke). „Damit ist auch das rot-grüne Prostitutionsgesetz gescheitert“, sagte sie, denn der Menschenhandel habe durch das Gesetz zugenommen.

„Zwei Jahre lang lief die Frist zur Umsetzung“, sagte Werner. Erst eine Rüge seitens der EU habe die Koalitionsfraktionen zu einer Umsetzung der EU-Richtlinie veranlasst. Doch dieser Gesetzentwurf werde keinen Fall von Menschenhandel verhindern. Statt nur strafrechtlich vorzugehen, plädierte Werner dafür, die Opfer des Menschenhandels in den Blick zu nehmen. „Wir brauchen endlich einen effektiven Opferschutz“, monierte sie. „Lassen Sie die Opfern nicht später Angeklagte werden“, kritisierte Werner. „Wir brauchen ein Bleiberecht für die Opfer.“

Grüne: Es müssen weitere Schritte erfolgen

Ein Bleiberecht für die Opfer fordern auch Bündnis 90/Die Grünen seit langem, unterstrich Monika Lazar. „Doch anstatt genau hinzusehen, was die Richtlinie erfordert, werden nur strafrechtliche Punkte aufgegriffen“, fasste sie den Entwurf zusammen. Der Opferschutz werde nicht mit einem Wort erwähnt.

Dass aufgrund von Zeitmangel eine Reihe hilfreicher Vorschläge nicht aufgenommen wurden, sei beschämend. „Elf Jahre nach Einführung des Prostitutionsgesetzes müssen weitere Schritte erfolgen“, stimmte Lazar teilweise der Kritik am rot-grünen Gesetz zu. Doch niemand müsse jetzt darüber lamentieren, was einmal eingeführt wurde, sondern solle Neues dazu beitragen.

Im Gegenzug kritisierte die Grüne die unqualifizierte Gleichsetzung von Prostitution mit dem Menschenhandel zwecks sexueller Ausbeutung. „Sie vermischen unzulässig Menschenhandel und Prostitution und werfen damit Nebelkerzen“, unterstellte sie den Kritikeren, um vom unvollkommenen Koalitionsentwurf abzulenken. (eis/06.06.2013)