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Parlament

Göring-Eckardt fordert Freiheit für Ales Bialiatski

Katrin Göring-Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen

Katrin Göring-Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen (DBT/Photothek.net)

Ales Bialiatski ist wohl der bekannteste weißrussische Menschenrechtsaktivist: Seit fast 30 Jahren setzt er sich in seinem Heimatland für Demokratie und Menschenrechte ein. Der studierte Literaturwissenschaftler ist Vizevorsitzender der internationalen Menschenrechtsbewegung „International Federation for Human Rights“ (FIDH). Bekannt und ausgezeichnet wurde er für sein Engagement für politische Gefangene und ihre Angehörige in Belarus, denen er über das von ihm gegründeten und geleiteten Menschenrechtszentrums „Viasna“ finanzielle und juristische Unterstützung bietet. Seit fast zwei Jahren nun ist der 50-Jährige selbst Opfer des Regimes von Alexander Lukaschenko und sitzt in der Strafkolonie Barbruisk hinter Gittern.

Post aus dem Bundestag

Vergessen jedoch ist der Menschenrechtler nicht: Jeden Tag erhält er Angaben von FIDH zufolge Post von Unterstützern aus aller Welt – oft sind es sogar an die 100 Briefe und Postkarten. Eine, die ihm schreibt, ist Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), Abgeordnete und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.

Seit Bialiatski am 4. August 2011 verhaftet wurde, gehört die Politikerin zu denen, die öffentlich seine Freilassung fordern. Im Oktober 2011 „adoptierte“ die 47-Jährige ihn im Rahmen des Patenschaftsprogramms für die politischen Gefangenen in Belarus von der Menschenrechtsorganisation „Libereco - Partnership for Human Rights“. Nun hat sie offiziell auch im Programm „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ des Bundestages eine Patenschaft für Bialiatski übernommen.

„Öffentlichkeit herstellen“

Ein Schritt, der noch mehr Aufmerksamkeit auf den Fall Bialiatski lenken soll. „Ich finde es sinnvoll, mit dem zivilgesellschaftlichen und dem parlamentarischen Engagement zweigleisig zu fahren“, erklärt Göring-Eckardt. „Das Einzige, das wir wirklich für politische Gefangene wie Ales Bialiatski tun können, ist Öffentlichkeit herstellen – und das geht mit dem Parlament im Rücken besser.“

Dass die Inhaftierung des Belarussen politisch motiviert war, ist für sie offensichtlich: „Grundlage der Verhaftung waren nur dubiose Vorwürfe, er habe Steuern hinterzogen“, so Göring-Eckardt. Für sie eine Verhaftung „mit Ansage“: „Erst hat man dafür gesorgt, dass Viasna verboten wurde. Als Bialiatski deswegen gezwungen war, die Konten der Organisation ins Ausland zu verlegen, wurde ihm dies als Steuerhinterziehung zur Last gelegt. In Wirklichkeit war es aber die Verhaftung eines engagierten Menschenrechtlers aufgrund seiner politischen Arbeit.“

„Schauprozess ohne rechtsstaatliche Grundlage“

Auch der anschließende Prozess, bei dem Bialiatski im November 2011 zu viereinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt wurde, könne nur als  „Schauprozess ohne rechtsstaatliche Grundlage“ bezeichnen, so die Bundestagsvizepräsidentin zum ersten Jahrestag der Verhaftung in einer Pressemitteilung.

„Das Regime Lukaschenko versucht so, das zivilgesellschaftliche Engagement für Demokratie und Menschenrechte in Belarus systematisch zu zerstören.“ Mit der Übernahme der Patenschaft für Bialiatski will sie ein Zeichen setzen – eins der Unterstützung, aber auch eines der Warnung: „Die Regierung in Minsk soll wissen, dass wenn sie Kontakt zu Deutschland will, wir sehr genau hinschauen, wie sie mit politisch Andersdenkenden umgeht.“

Kein Besuch – wegen eines mitgenommenen Stück Brots

Noch jedoch scheint weder ihr Engagement noch die vielen Petitionen, Aufrufe und Aktionen, zu denen unter anderem die Organisationen FIDH und Amnesty International aufrufen, durchschlagenden Erfolg gehabt zu haben.

Noch immer sitzt Bialiatski in Haft – und die Bedingungen haben sich offenbar zuletzt erneut verschlechtert: Im Mai 2013 berichtete die belarussische Website „charter97.org“, dass er mit einer „Disziplinarstrafe“ konfrontiert sei. Bis August dürfe der Aktivist keine Essenspakete mehr erhalten. Keine neue Situation: Bereits 2012 wurde er offenbar mit Essens- und Kontaktbeschränkungen dafür bestraft, dass er ein Stück Brot aus dem Essensraum mitgenommen hat.

Facebook und Twitter erreichen die weißrussische Öffentlichkeit

„Man fühlt sich sehr oft ohnmächtig“, gibt Göring-Eckardt angesichts solcher Meldungen zu. Dennoch: Dass die öffentliche Unterstützung für Bialiatski zum Beispiel in Form von Foto-Terminen, Pressetexten oder Mitteilungen in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter einen Effekt hat, ist die Abgeordnete sich sicher: „So etwas wird nicht nur hier, sondern auch in der weißrussischen Öffentlichkeit wahrgenommen.“

Außerdem: „Wir wissen ja nicht, ob Bialiatskis Situation ohne diese Aufmerksamkeit nicht noch schlimmer wäre.“ Mit Briefen oder ab und zu einem kleinen Geschenk, das sie in die Strafkolonie Barbruisk schickt, hofft die Abgeordnete die Moral ihres Schützlings zu stärken: „Ich hoffe sehr, dass ihm das hilft, die Haft auszuhalten und bei seiner Position zu bleiben.“

Austausch mit Botschaft und Menschenrechtsorganisationen

Trotz der Bedeutung, die sie der Öffentlichkeit zumisst – Göring-Eckardt betont die Wichtigkeit, das richtige Maß zu finden: „Wann die Einmischung nützt und wann sie eher schadet, muss sorgfältig abgewogen werden. Sehr gefreut habe ich mich, dass Ales Bialiatski im letzten Herbst den Petra-Kelly-Preis der Heinrich-Böll-Stiftung erhalten hat. Das hat seinen Fall auch in Deutschland bekannter gemacht.“  Um Bialiatski und seine Frau Natallia Pinchuk nicht zu gefährden, nimmt sie selbst aber nie Kontakt zur Familie auf. „Ich möchte sie nicht noch einem größeren Stress aussetzen.“

Stattdessen tauscht sich die Politikerin bewusst mit Menschenrechtsorganisationen, der deutschen Botschaft in Minsk oder dem Menschenrechtsausschuss des Bundestages über den richtigen Zeitpunkt für Interventionen sagt: „Wenn sie mir sagen, dass es jetzt gut ist, zu engagieren, dann tue ich das.“

Einsatz „eine Selbstverständlichkeit“

Gerade für sie als „Ostdeutsche“ sei es eine „Selbstverständlichkeit“, so Göring-Eckardt, sich für Politiker und Menschenrechtsaktivisten einzusetzen, die unter Gefahr für das eigene Leben für Demokratie und Menschenrechte engagierten.

„Ich bin selbst in einer Diktatur groß geworden – wenngleich unter anderen Bedingungen – und ich weiß, dass es hilft, wenn andere hinschauen und man nicht alleingelassen wird.“ (sas/19.07.2013)

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