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Parlament

Querdenker aus dem Norden: Wolfgang Börnsen

Wolfgang Börnsen (CDU/CSU)

Wolfgang Börnsen (CDU/CSU) (DBT/phothek.net)

„Wahlkreis 001“ –  das ist seine Heimat, seine Mission. Wolfgang Börnsen betont die Ziffern seines Wahlbezirks während des Interviews in James-Bond-Manier, als transportiere er damit eine ganz besondere Botschaft. Er liebt die Region rund um Flensburg, das Norddeutsche ist sein zu Hause: manchmal herzlich kühl, aber immer geerdet und bodenständig – ganz anders als der übermenschliche Agent 007. Mehr als 25 Jahre sitzt Wolfgang Börnsen im Deutschen Bundestag. Nach der 17. Legislaturperiode verlässt der medienpolitische Sprecher und Kulturexperte der CDU/CSU das Parlament. 

Maurer, Entwicklungshelfer, Lehrer

„Mitglied im Deutschen Bundestag zu werden, ist etwas Einmaliges, etwas Außergewöhnliches.“ Der Wahlsieg sei damals eine besondere Freude gewesen, erinnert sich Wolfgang Börnsen mit reichlich Stolz.

Zumal seine Biografie nicht typisch für einen Politiker gewesen sei. „Aber für einen Volksvertreter schon“, stellt Wolfgang Börnsen bewusst klar. Er absolvierte zunächst eine Maurerlehre, als Entwicklungshelfer war er in Indien unterwegs, später wurde er Lehrer und plötzlich Politiker.

„Einen Teil der Geschichte Deutschlands mitgestaltet“

Seit 1987 sitzt Börnsen nun im Bundestag. „Das bedeutet, einen Teil der jüngsten deutschen Geschichte mitgestaltet und miterlebt zu haben.“ Die Wiedervereinigung sei das Highlight in seinem politischen Leben gewesen. „Man hat so erfahren, dass der Wille der Menschen, frei und unabhängig zu leben, sich durchsetzt.“ Deutschland habe ein Modell geschaffen, welches zeige, wie viel Kraft in Menschen stecke, wenn sie politische Stabilität wollen.

Volksvertreter müssten stets für Vertrauen in das parlamentarische System werben, so der CDU/CSU-Politiker. „Sie müssen dafür sorgen, dass sich die Bürger an der Demokratie orientieren und nicht an extremistischen Erscheinungen. Dazu haben wir eine zu belastende Geschichte“, sagt Wolfgang Börnsen mit fester Stimme.

Ein Querdenker? Auch natürlich.

Jeder Satz ist wohl überlegt und überzeugend. Er weiß, was er sagt, seine Worte ecken manchmal an. Doch wie würde er sich selbst beschreiben? „Verantwortungsbewusst“, platzt es trocken, nüchtern, fast schon selbstverständlich aus ihm heraus. Ein Querdenker? „Auch, natürlich. Man darf sich nicht in Grundsatzfragen verbiegen lassen“, fügt er hinzu.

Über 150 Gesetzesinitiativen hat Börnsen im Laufe der Zeit in den Bundestag eingebracht – eine beachtliche Zahl. Zu seinen bedeutendsten Gesetzen gehörte die Kindersitze-Pflicht bei unter Zwölfjährigen. „Das wurde nur in Zusammenarbeit mit der Opposition möglich. Es war eine schwierige Aufgabe.“ Dennoch: Wolfgang Börnsen und seine Mitstreiter setzten sich durch.

Berichterstatter für die Austauschprogramme IPS und PPP

„Die Spuren eines Abgeordneten spiegeln sich in seinen Gesetzesinitiativen wieder“, merkt Börnsen an. Wolfgang Börnsen liegen vor allem die Jüngerem am Herzen, der politische Nachwuchs. Seit 25 Jahren betreut er als Berichterstatter das Parlamentarische Austauschprogramm IPS und das deutsch-amerikanische Patenschaftsprogramm PPP.

Viele der mehr als 2.000 Jugendlichen, die am IPS-Programm teilnahmen, seien heute in ihren Ländern aktive Politiker. „Und sie verstehen sich alle als Freunde Deutschlands.“ Vor allem das IPS-Programm zeige den jungen Erwachsenen aus 30 Ländern – darunter auch aus den arabischen Staaten –  die Demokratie auf ganz besondere Weise. Mit diesen Erfahrungen könnten sie die parlamentarischen Strukturen auch in ihre Länder transportieren.

„Zusammenarbeit ist Überlebensfrage Europas“

Denn: „Frieden kommt nicht allein“, so Börnsen, der dies auch als Botschaft an die nächste Politikergeneration in Deutschland versteht. Frieden müsse politisch gestaltet, gesichert und fortentwickelt werden, so der Abgeordnete. Auch in Europa.

„Dass es 28 Länder gibt, die sich für eine gemeinsame Zukunft entschieden haben, ist für mich ein herausragendes Ereignis“, meint Börnsen und mahnt zugleich: „Europa hat aber nur Zukunft, wenn es sich noch stärker einigt und noch stärker gemeinsam auftritt. Die Zusammenarbeit ist die Überlebensfrage Europas.“

Wolfgang Börnsen wirkt nachdenklich. Immer wieder schaut er aus dem Fenster seines Büros im sechsten Stock im Jakob-Kaiser-Haus. Der Ausblick ist umwerfend, direkt auf die Spree. Die umliegenden Gebäude schimmern im Sonnenlicht. Er sei gern hier gewesen, sagt Wolfgang Börnsen, es schwingt Wehmut mit. Der Abschied aus dem Parlament fällt schwer – ohne Zweifel, in jeglicher Hinsicht. 

„Diener der Demokratie“

Er habe immer versucht „ein Diener der Demokratie zu sein und kein Verdiener“, so der CDU-Mann philosophierend. In seinem Buch „Abgeordnete – Vorbilder mit kleinen Fehlern“ versucht er Verständnis zu wecken, die Politik dem Bürger nahezubringen. „Als Abgeordneter befindet man sich stets in einem Spagat zwischen der Aufgabe als Gesetzgeber und der Interessenvertretung der Menschen.“

Deshalb sei es wichtig, als Volksvertreter vor Ort zu sein. Da ist er wieder, der kleine, aber feine Unterschied, den Börnsen zu Beginn des Gesprächs betonte: der Unterschied zwischen Volksvertreter und Politiker. In den sitzungsfreien Wochen sind die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen unterwegs. Das ist wichtig für einen Volksvertreter, meint Wolfgang Börnsen: „Ich warte nicht, dass die Menschen zu mir kommen, ich gehe zu den Menschen. Ich glaube, dass so die Hemmschwelle überwunden wird, die es sonst gibt.“

Mehr für die Qualifikation von Abgeordneten tun

Politik müsse in Zukunft transparenter werden, fordert der Bönstruper. „Das Parlament darf nicht auf der Stelle treten, es muss mehr Bürgerbeteiligung geben und es muss mehr für die Qualifikation von Abgeordneten getan werden.“ Börnsen vermisst eine Ausbildung für Politiker. „Wer Arzt werden will, muss Medizin studieren, wer Maler werden will, muss das Malerhandwerk erlernen. Nur der Politiker macht es aus dem Stand.“ Deshalb müsse es in Zukunft Akademien für junge Frauen und Männer geben, die sich für Politik interessieren.

Diesen Gedanken verfolgt Wolfgang Börnsen weiter. Auch in Zukunft. Wolfgang Börnsen möchte nach seiner Zeit im Bundestag ein Büro für Parlaments-, Medien- und Kulturberatung in Berlin eröffnen. Drei Themenfelder, bei denen er sich auskennt wie kein Zweiter. „Ich werde mich weiter einmischen und kritisch zu Wort melden“, stellt der medienpolitische Sprecher der CDU/CSU klar.

Theaterstücke auf Plattdeutsch

Künftig  freue er sich aber vor allem auf mehr Zeit mit den Enkelkindern. „Ich werde meine Kräfte auch für ehrenamtliche Aufgaben stärker einsetzen.“ Vor allem in seinem Bönstruper Heimatmuseum, welches er seit über 40 Jahren betreibt.

Er möchte weiter Bücher schreiben und Theaterstücke in plattdeutscher Sprache. Derzeit begeistert die Zuschauer ein Stück über seine eigene Rock‘n-Roll-Zeit. „Ich habe fast 40 Jahre Schlagzeug gespielt“, lacht Börnsen. Der Titel des Stücks: „Rocker gehen nicht in Rente.“ Bei Wolfgang Börnsen wäre der Ruhestand auch irgendwie schwer vorstellbar. (ldi/26.08.2013)

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