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Parlament

Versierter Außenpolitiker: Hans-Ulrich Klose (SPD)

Hans-Ulrich Klose

Hans-Ulrich Klose (klose)

„Jetzt, bitte, will ich selbst entscheiden, jetzt bin ich alt und endlich frei.“ So lauten die letzten Zeilen eines Gedichts mit dem Titel „Goodbye“. Geschrieben hat es Hans-Ulrich Klose. Der SPD-Politiker nimmt jetzt selbst Abschied. Nach 30 Jahren Zugehörigkeit scheidet er im Alter von 76 Jahren aus dem Bundestag aus. „Es gibt eigentlich nichts Schöneres als Parlamentarier zu sein“, bekennt Klose. „Wenn man es richtig macht, erfährt man jeden Tag irgendwas Neues, lernt Neues. Das ist schon etwas sehr, sehr Schönes für mich. Das werde ich vermissen.“

Im Jahr 1983 zog der ehemalige Erste Hamburger Bürgermeister – geboren 1937 in Breslau – als direkt gewählter Abgeordneter erstmals in den Bundestag ein. Der Wahlkreis 24 Hamburg-Bergedorf – Harburg ist groß, ländlich und durch die Elbe getrennt, weshalb Klose zwei Wahlkreisbüros gleichzeitig betreute – eines im Stadtteil Harburg und eines in Bergedorf.

Wahlkreis mit nur zwei Abgeordneten seit 1949

Der frühere Wahlkreis Hamburg-Harburg ist ein Unikum in der 64-jährigen deutschen Parlamentsgeschichte. Seit dem Jahr 1949 schickten die Wähler von hieraus lediglich zwei direkt gewählte Abgeordnete in den Bundestag: Herbert Wehner und Hans-Ulrich Klose, beide SPD, beide Pfeifenraucher. Das Wort SPD-Hochburg könnte in diesem Arbeiterviertel erfunden worden sein. Der Stadtteil Bergedorf kam erst im Jahr 2002 zu diesem Wahlkreis hinzu, da hatte Klose das Direktmandat von Hamburg-Harburg bereits mehrfach gewonnen.

Seiner Partei hat der Lehrersohn, der 1964 in die SPD eingetreten ist, bereits in vielen Funktionen gedient: Hamburger Innensenator, Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Bundesschatzmeister der Gesamtpartei, Fraktionschef im Bundestag, Vizepräsident des Bundestages, Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender im Auswärtigen Ausschuss.

Sondersitzung zum 70. Geburtstag

Der Auswärtige Ausschuss ehrte Klose an seinem 70. Geburtstag auf außergewöhnliche  Weise. Am Donnerstag, 14. Juni 2007, berief der damalige Ausschussvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU/CSU) eine Sondersitzung ein. Beraten wurde ein gemeinsamer Entschließungsantrag der Abgeordneten Ruprecht Polenz (CDU/CSU), Eckart von Klaeden (CDU/CSU), Gert Weisskirchen (SPD), Dr. Werner Hoyer (FDP), Wolfgang Gehrcke (Die Linke) und Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) mit dem Titel „Gratulation zum 70. Geburtstag von Hans-Ulrich Klose“ mit der Phantasie-Drucksachennummer 16/140637 (die hinteren Ziffern ergeben das Geburtsdatum Kloses).

In seiner Beschlussempfehlung empfahl der Ausschuss die Zustimmung zum Antrag, bezeichnete die Alternativen mit „Natürlich keine“ und bezifferte die Kosten als „unbezahlbar“.

Vorsitz der Deutsch-Amerikanischen Parlamentariergruppe

Seit Januar 2003 ist Klose außerdem Vorsitzender der Deutsch-Amerikanischen Parlamentariergruppe. Zu den Vereinigten Staaten hat der studierte Jurist nach eigenen Worten „ein familiär-politisches Verhältnis“, seitdem er 1954/55 als Schüler in der Stadt Clinton (US-Bundesstaat Iowa) die Highschool besucht hat. Eine Reise, die zur damaligen Zeit noch nicht so selbstverständlich war, wie heute. Für ihn ist Amerika „meine gefühlte, zweite Heimat“.

Ganz räumlich gesehen hat Hans-Ulrich Klose deshalb bereits mit mehreren USA-Reisen Abschied von seiner jahrzehntelangen Arbeit genommen, unter anderem beim American Council of Germany, einer unabhängigen und gemeinnützigen Organisation, die den Dialog unter den Führern aus Wirtschaft, Politik und Medien fördert, sowie dem American Jewish Commitee.

Koordinator der Deutsch-Amerikanischen Beziehungen

„Dann würde ich gerne noch einmal die Nordschiene der USA machen“, erzählt der Noch-Parlamentarier. „Washington, dann Harvard und Pittsburgh, Chicago und Minneapolis“. Das scheint zu klappen, denn im Terminkalender der Universität Harvard wird bereits für Montag, den 9. September 2013, ein Vortrag Hans-Ulrich Kloses angekündigt.

Vor allem wegen seiner ausgezeichneten Kontakte über den Großen Teich berief Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP) den erfahrenen Transatlantiker im Jahr 2010 zum Koordinator der Deutsch-Amerikanischen Beziehungen – obwohl Klose als Sozialdemokrat der größten Oppositionspartei angehört. Ein Zeichen dafür, dass der SPD-Politiker, der stets auf seine gedankliche Unabhängigkeit geachtet hat, auch jenseits der Parteigrenzen respektiert wird. Aus familiären Gründen gab er das Amt wenig später vorzeitig wieder auf.

Archiv aus über 30 Jahren politischer Arbeit

Für den Bundestag wünscht sich der SPD-Politiker in Zukunft einen Nachfolger, der „auch Sicherheitspolitik macht und auf den ich die Arbeit übertragen könnte“. Im Auge hat er seinen Parteifreund Niels Annen, der bereits von 2005 bis 2009 Mitglied des Parlaments gewesen ist. „Damit hätte ich sozusagen meine Arbeit abgeschlossen“, so Klose.

Doch so ganz will der langjährige Politiker seine Arbeit offensichtlich doch nicht abschließen. Auf die Zeit danach bereitet sich Klose nach eigenen Worten „ganz sachlich“ vor. Er habe eine Bibliothekarin eingestellt, die versuchen soll, sein Archiv aus über 30 Jahren politischer Arbeit zusammenzuschmelzen.

„Ich bin ein furchtbarer Zeitungsschnüffler“

Zurzeit ergibt dies nach Kloses Schätzung rund 200 Leitz-Ordner. „Ich möchte aber, dass sie dies auf etwa 50 herunterdrückt. Damit möchte ich noch arbeiten und zwar unter der Überschrift: Was war eigentlich wichtig? Und was war unwichtig?“, erzählt er in seinem Abgeordnetenbüro im siebten Stock des Berliner Paul-Löbe-Hauses.

Es soll ein politisches Archiv werden mit den Schwerpunkten USA und Israel. „Außerdem bin ich ein furchtbarer Zeitungsschnüffler“, so der Politiker. „Ich muss mal sehen, ob ich eine innere Disziplinarordnung zustande kriege.“

Fahrten durch Deutschland geplant

Die Kloses wollen nach jetziger Planung in Berlin bleiben. Ehefrau Anne, eine Ärztin mit eigener Praxis, möchte weiter arbeiten. Doch das Ehepaar hat noch andere Pläne. So sind Fahrten durch Deutschland geplant. „Es gibt ja erstaunlich viele Gegenden, die man überhaupt nicht kennt“, erzählt Klose und nennt beispielsweise den hessischen Bereich sowie die Donauumgebung.

„Wir überlegen auch, ob wir eine zweite, etwas kleinere Wohnung dazu nehmen wollen“, plant der SPD-Politiker. Ein Zimmer würde dann zum Labor umfunktioniert, „wo meine Frau ihre Heilhautpräparate unter dem Mikroskop untersuchen kann. Ich könnte mein Archiv mitnehmen. Und dann könnte man jeden Tag aus dem Haus gehen und arbeiten.“ „Denn“, so ist sich Klose sicher, „wenn man zuhause bleibt, dann puzzelt man nur rum.“

Gedichte des Monats

Außerdem möchte Hans-Ulrich Klose in der Zukunft weiter zeichnen, dichten und malen. Dass er Talent hat, kann man lesen und sehen. In Kloses Abgeordnetenbüro hängt eine eindrucksvolle Skizze von einer Dame mit besonders ausdrucksvollen Augen – seiner Frau.

Klose nennt es eine Skizze, die er in fünf Minuten angefertigt hat. Und auf seiner Homepage finden sich von ihm verfasste „Gedichte des Monats“. In Erinnerung bleiben werden darunter sicher Kloses kurze, prägnante Zeilen über die russischen Graffiti im Reichstagsgebäude:

Reichstag

An den Mauern haben Krieger
ihre Namen eingeritzt.

Man bedeckte und bewahrte
sie der Nachwelt unter Putz,

schlug den Putz ab und erkannte,
das Geschriebene als Zier,

die Geschlagenen als Sieger
und die Schande als Gewinn.

(ah/29.07.2013)

 

 

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