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Geschichte

Voßkuhle: Die Augen nicht verschließen

Der Opfer von Krieg, Terror und Gewalt hat die Bundesrepublik am Volkstrauertag gedacht. In der zentralen Gedenkstunde des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge am Sonntag, 17. November 2013, sprach Bundespräsident Joachim Gauck das Totengedenken, an das sich eine Gedenkminute anschloss. Die Gedenkrede hielt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Andreas Voßkuhle, im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes in Berlin. Voßkuhle rief unter anderem dazu auf, empfindsam und wachsam zu bleiben gegenüber Entwicklungen, die den Frieden unter den Völkern in Europa und der Welt gefährden.

„Augen nicht verschließen“

„Wir dürfen deshalb nicht die Augen verschließen, wenn etwa kulturelle und ethnische Minderheiten in einigen Regionen Europas eingeschüchtert werden und in Angst leben müssen. Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, wenn in einigen Regionen Europas die Institutionen, die die Verfassung stützen sollen, unter politischen Druck gestellt werden. Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, wenn bei uns zuhause und in anderen Regionen Europas nationalistische Töne erklingen und totalitäre Ideologien salonfähig gemacht werden sollen“, sagte der Verfassungsgerichtspräsident.

Dass mitunter einen hohen Preis zahlen muss, wer sich für ein friedliches Leben in Freiheit und Würde einsetze, erlebe man etwa bei den Bundeswehreinsätzen in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo, in Afghanistan und in anderen Konfliktgebieten. Nicht wenige hätten diesen Einsatz für andere mit dem eigenen Leben bezahlt. „An sie denken wir heute ganz besonders, ihnen und ihren Familien und Freunden, die zum Teil heute anwesend sind, gehört unsere Trauer“, betonte Voßkuhle.

„Leben in Frieden und Freiheit schützen“

„Wir können die Toten nicht zurück ins Leben holen, wir können ihnen aber versprechen, mit aller Kraft zu versuchen, das Leben in Frieden und Freiheit zu schützen“, unterstrich der Gedenkredner. Das sei nur gemeinsam in einem vereinten Europa des gegenseitigen Respekts, der gegenseitigen Zuneigung und der gegenseitigen Solidarität zu schaffen.

Voßkuhle erinnerte im Verlauf seiner Rede an den 200. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig und schlug einen Bogen in die Gegenwart: „Die zerfetzten Leiber nach einem Bombenanschlag in Afghanistan, in Syrien oder im Irak unterscheiden sich eben so wenig von den geschundenen Körpern auf dem Schlachtfeld bei Leipzig wie die Tränen der Angehörigen damals und heute.“

„Trauer gilt jedem Einzelnen“

Die Trauer gelte jedem Einzelnen, sagte Voßkuhle. Diesen Blick für den Einzelnen zu bewahren, sei bei der Flut an furchtbaren Bildern und aufwühlenden Nachrichten nicht immer einfach: „Aber erst wenn wir diese Berichte auf einzelne Personen und individuelle Schicksale zurückführen, wird ihr Schrecken für uns fassbar.“

Voßkuhle erzählte von seinem Vater, der als Wehrmachtsoffizier die Feldzüge in Frankreich, Polen und Russland mitgemacht und viel von seinen Erlebnissen an der Front, von Not und Verzweiflung, aber auch von ergreifender Menschlichkeit über den Grenzen von Freund und Feind hinweg erzählt habe. „Solche Erzählungen haben mich und meine Generation mit geprägt; wird sind mit ihnen groß geworden.“

Mehr als 830 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten

Weil jedoch die Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges immer weniger würden, „brauchen wir Tage wie den Volkstrauertag, an denen wir uns über Generationen hinweg über das Geschehene austauschen, unsere Trauer teilen und uns auf unsere Verantwortung für den Frieden besinnen“.

Voßkuhle würdigte die Tätigkeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der mit der Anlage und Pflege von mehr als 830 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten den „Toten ihren Namen und damit einen Teil ihrer Würde“ zurückgebe. Zuletzt sei im Sommer 2013 der Sammelfriedhof für deutsche Soldaten bei Smolensk (Russland) eingeweiht worden, der einmal 70.000 Kriegstoten eine letzte Heimstätte bieten werde.

„Ein Stück gelebter Völkerverständigung“

Besonders beeindruckt zeigte sich Voßkuhle von der Jugendarbeit des Volksbundes: „Jedes Jahr treffen sich Tausende junger Leute auf freiwilligen Ferienfreizeiten, um gemeinsam die Soldatengräber zu pflegen und sich dabei gegenseitig mit der Geschichte ihrer Völker zu konfrontieren.“

Diese Begegnungen sein ein Stück gelebter Völkerverständigung. Wer einmal als junger Mensch über die Soldatenfriedhöfe von Lommel und Ysselsteyn gegangen sei und dort Kreuze wieder aufgerichtet und gesäubert habe, dem würden das Grauen des Krieges und der Wert des Friedens „vielleicht zum ersten Mal richtig bewusst“.

Schirmherrschaft des Bundestagspräsidenten

Zu Beginn hatte der Präsident des Volksbundes, der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und vorletzte DDR-Außenminister Markus Meckel, unter anderen Bundesratspräsident Stephan Weil, Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD), Bundesverteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU), den Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses Ralf Wieland (SPD) und den Außenminister von Montenegro, Igor Lukšić, begrüßt. Die Gedenkstunde steht traditionell unter der Schirmherrschaft des Bundestagspräsidenten.

Musikalisch wurde die Gedenkstunde vom Knabenchor Hannover unter Leitung von Professor Jörg Breiding mit dem „Richte mich Gott“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy (opus 78,2) vor und dem dritten Satz (Adagio) der Serenade Es-Dur (Köchelverzeichnis 375) von Wolfgang Amadeus Mozart, gespielt vom Bläseroktett des Musikkorps der Bundeswehr aus Siegburg unter Leitung von Hauptfeldwebel Jana Heß, gestaltet.

Vortrag von Jugendlichen

Nach einem Vortrag von jugendlichen Teilnehmern an Volksbund-Workcamps aus sechs Nationen ging es weiter mit „Beati mortui“ (Selig sind die Toten) von Felix Mendelssohn-Bartholdy (opus 115,1), vorgetragen vom Knabenchor Hannover, der auch den Schlusschoral der Motette „Komm, Jesu, komm“, „Drum schließ ich mich in deine Hände“ von Johann Sebastian Bach (Bachwerkeverzeichnis 229), sang.

Die Veranstaltung endete mit dem Totensignal „Der gute Kamerad“, geblasen vom Solotrompeter des Musikkorps der Bundeswehr, Oberstabsfeldwebel Uwe Berning, und mit der Nationalhymne. (vom/18.11.2013)

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