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Parlament

Tatsiana träumt von einem Job bei Unicef

Die weißrussische IPS-Stipendiatin Tatsiana Kruchko

IPS-Stipendiatin Tatsiana Kruchko aus Weißrussland (DBT/Köhler)

Ein großer Eishockey-Fan ist Tatsiana Kruchko nicht gerade. Der Tatsache, dass in den vergangenen zwei Wochen in ihrem Heimatland Weißrussland (Belarus) die Eishockey-Weltmeisterschaften stattfanden, kann sie dennoch etwas Gutes abgewinnen. „Wenn in Minsk Tausende Fans aus verschiedenen Ländern unterwegs sind, schafft das eine Offenheit für die Belarussen“, sagt sie.


Kein leuchtendes Beispiel für Demokratie

Eine Offenheit, die es sonst eher nicht gibt. Das Land unter Führung von Präsident Lukaschenko gilt als abgeschottet – als letzte Diktatur Europas. Tatsiana Kruchko tut sich ein bisschen schwer mit dieser Bewertung. Ein leuchtendes Beispiel für Demokratie sei Präsident Lukaschenko nicht, räumt sie immerhin ein.

Die 27-Jährige ist zurzeit ganz nah an der repräsentativen Demokratie in Deutschland: Noch bis Ende Juli absolviert sie ein Praktikum im Rahmen des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) im Büro des SPD-Bundestagsabgeordneten Udo Schiefner.

Im Büro des SPD-Abgeordneten Udo Schiefner

Schiefner – selbst neu im Bundestag – hat Tatsiana Kruchko von Anfang an beeindruckt. Sie wisse ja nicht, wie es bei erfahrenen Abgeordneten so zugeht, schränkt sie ein. „Aber er als neuer Abgeordneter bemüht sich wahnsinnig, nimmt alle Termine sehr ernst und will allen Leuten helfen“, sagt sie. Dass er ein Sozialdemokrat ist, freut sie besonders. „Ich habe seit 2010 in Kassel gelebt. Das ist eine absolute SPD-Stadt“, erzählt sie.

In Hessen hat sie einen Master-Studiengang in Germanistik absolviert, nachdem sie schon in ihrer Heimat ein Pädagogik-Diplom erworben hatte. „Ich bin DaF-Lehrerin“, sagt sie – was „Deutsch als Fremdsprache“ meint. Ihre starke Verbindung mit Deutschland und der deutschen Sprache resultiert auch aus dem Super-Gau von Tschernobyl.

Als Tschernobyl-Kind mit zehn Jahren nach Deutschland

Tatsiana Kruchko – ein Jahr nach der Katastrophe geboren – wuchs in Jelsk auf, 70 Kilometer Luftlinie vom Unglücksreaktor entfernt. Als sogenanntes Tschernobyl-Kind kam sie als Zehnjährige erstmals nach Deutschland. „Als Kind lernte ich die Sprache sehr schnell“, sagt sie. Mit ihrer Gastfamilie in Bad Honnef hat sie zudem eine ganz enge Bindung – noch heute. „Das sind ganz wichtige Freunde, die mir immer geholfen haben“, betont sie. Auch das habe sie motiviert, Deutsch zu lernen.

Tschernobyl hat sie aber nicht nur Deutschland nähergebracht. Es hat sie auch zu einer absoluten Kernkraftgegnerin gemacht: „Ich bin gegen Kernkraftwerke, weil ich weiß, wie viel Schaden die Katastrophe meinen Mitmenschen gebracht hat und immer noch bringt“, sagt sie.

Keine nennenswerte Opposition im Lande

Umso enttäuschter ist sie, dass derzeit in Weißrussland – mit Unterstützung Russlands – ein neues Atomkraftwerk gebaut wird. Ein paar Proteste dagegen habe es zwar gegeben, aber: „Mit der Meinungsfreiheit in meinem Land ist das nicht so leicht“, fügt sie hinzu. Das gilt nicht nur für Proteste gegen Atomkraft. Es gebe im Grunde keine nennenswerte Opposition im Lande, weil politischen Aktivisten Haft drohe, sagt sie. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass im weißrussischen Parlament nur Lukaschenko nahestehende Parteien sitzen.

Der Präsident, so sagt Tatsiana Kruchko, profitiere davon, dass in vielen dörflichen Regionen die Menschen nur staatliches Fernsehen empfangen könnten, teils noch Kriegs- und Sowjetzeit erlebt hätten und vor allem ruhige Verhältnisse wünschten. „Dort punktet der Präsident“, sagt sie.

„Junge Leute haben größere Ansprüche an das Leben“

Die aktuellen Unruhen im Nachbarland Ukraine spielten ihm dabei noch in die Karten. „Viele der Älteren vor allem sagen: Hauptsache er schafft Ruhe und verhindert so ein Chaos wie in der Ukraine.“ Anders sehe das bei der jüngeren Generation aus. „Junge Leute haben größere Ansprüche an das Leben und sind dank des Internets besser informiert“, sagt sie.

Wird für Tatsiana Kruchko selbst irgendwann einmal der Weg zurück in die Heimat führen? „Das ist nicht ausgeschlossen“, antwortet sie diplomatisch. „Alles hängt davon ab, wo ich einen guten Job finde, der mir Spaß macht und bei dem ich mich nützlich finde“, sagte die Belarussin.

Traumberuf: Bei Unicef arbeiten

Ihr Traum wäre es, bei Unicef, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, zu arbeiten. „Seit drei Generationen gibt es bei uns in der Familie Pädagogen“, erzählt sie. Und dass sie Kindern gerne helfen würde, „weil ich selbst als Kind viel Hilfe erfahren habe“. Um bei Unicef arbeiten zu können, müsse man jedoch hohen Anforderungen genügen, sagt Tatsiana Kruchko. Ihre Fremdsprachenkenntnisse – neben ihrer Heimatsprache spricht sie Russisch, Deutsch und Englisch und hat Grundkenntnisse vom Spanischen – kommen ihr dabei sicher zugute.

Und auch das IPS sieht sie als Schritt in diese Richtung. „Ich lerne die Kommunikation mit Politikern und Diplomaten, lerne wie politische Institutionen funktionieren und wie die Abgeordneten miteinander umgehen“, sagt sie und betont: „Das ist viel wert.“ (hau/26.05.2014)

 

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