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Europäische Union

Flüchtlingspolitik der EU in der Kritik

Die sich häufenden Schiffsunfälle mit überfüllten und seeuntauglichen Flüchtlingsbooten im Mittelmeer führen zu Betroffenheit in allen Fraktionen des Bundestages. Das wurde während der ersten Lesung eines Antrags der Linksfraktion (18/288) am Freitag, 17. Januar 2014, deutlich. Sowohl bei der Suche nach den Gründen für die Katastrophen als auch den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen.

Während Vertreter von Linken und Grünen die Abschottungspolitik der EU für die Toten im Mittelmeer verantwortlich machten und bei der SPD-Fraktion von einem Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik die Rede war, sahen Redner der Unionsfraktion „kriminelle Schleuser“ als Verantwortliche für die Katastrophen auf See an. Ein „hohes Maß an Verantwortung“ haben aus Sicht von CDU und CSU aber auch die nordafrikanischen Staaten selbst.

Linke: Skrupellos, menchenverachtend, beschämend

Die Linksfraktion plädiert in ihrem Antrag für die Schaffung sicherer Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge, indem Visa zur Durchführung eines Asylverfahrens erteilt werden. Lediglich Betroffenheit zu zeigen, reiche nicht aus, sagte Ulla Jelpke (Die Linke). „Es müssen Taten folgen, um eine Wiederholung solcher Katastrophen zu vermeiden“, forderte sie. Die EU-Innenminister hätten jedoch als Reaktion auf die Unglücke im vergangenen Herbst ein „Mehr an Abschottung“ gefordert.

Beispiel dafür sei das „milliardenteure“ Grenzüberwachungssystem „Eurosur“, das die EU unlängst in Betrieb genommen habe. Bei der damit perfektionierten Seeüberwachung gehe es aber nicht um die Rettung Schiffbrüchiger. „Es geht um das Abfangen von Flüchtlingsschiffen weit vor den EU-Grenzen“, sagte Jelpke. Eine solche Politik sei „skrupellos, menschenverachtend und beschämend“. Die Linke-Abgeordnete forderte in diesem Zusammenhang auch eine Abschaffung der Grenzagentur Frontex, da diese „nicht kontrollierbar ist“.

CDU/CSU: Grenzüberwachung verstärken

Für Thomas Silberhorn (CDU/CSU) sind die Motive der Flüchtlinge zwar nachvollziehbar. Gleichwohl könne es in Europa nur eine gesteuerte Zuwanderung geben, wie etwa durch die Blue Card. „Es darf nicht sein, dass wir nicht selbst entscheiden können, wer zu uns kommt“, machte Silberhorn deutlich. Außerdem würde ohne das Qualifikationserforderniss eine Sogwirkung erzielt werden, „die das Problem nicht lösen, sondern es sogar noch verschärfen würde“, sagte er.

Die Grenzagentur Frontex nannte Silberhorn „notwendig“ und verwies darauf, dass durch Frontex mehr als 40.000 Menschen aus Seenot gerettet worden seien. Nach Ansicht des CSU-Politikers müssen die nordafrikanischen Staaten ihrer Verantwortung gerecht werden und das Auslaufen „seeuntauglicher Nussschalen“ unterbinden. Zudem müsse die Schleuserkriminalität bekämpft und die Grenzüberwachung verstärkt werden. „Wir müssen aber auch den Menschen vor Ort eine bessere Lebensperspektive bieten“, sagte Silberhorn.

Grüne für Wahlfreiheit der Flüchtlinge

Von einem „unerträglichen Umgang“ mit Flüchtlingen sprach Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen). Zum einen würden die Flüchtlinge durch die strengen Überwachungen der Landgrenzen auf den gefährlichen und oft tödlichen Weg über das Mittelmeer gezwungen. Zum anderen herrschten in vielen EU-Aufnahmelager katastrophale und menschenunwürdige Bedingungen. „An der EU-Flüchtlingspolitik muss nahezu alles geändert werden, was möglich ist“, forderte Amtsberg.

Am fehlenden Geld könne das nicht liegen, da bei den Grenzüberwachungssystemen „die Millionen fließen“. So auch bei „Eurosur“, mit dem angeblich Katastrophen wie vor Lampedusa verhindert werden sollen. „Ich habe die Nase voll, mir ein X für ein U vormachen zu lassen“, stellte die Grünen-Abgeordnete klar. Keine der militärischen Maßnahmen im Mittelmeer sei auf den Weg gebracht worden, um Flüchtlinge zu retten.

Von Frontex sei hingegen bekannt, dass „über Jahre hinweg Flüchtlingsboote zurück- und abgedrängt wurden“. Was die Möglichkeit der Stellung eines Asylantrages angeht, so plädierte Amtsberg für eine freie Wahl der Flüchtlinge, in welchem Land dies geschehen solle. „Das Herumschieben der Flüchtlinge durch Europa muss ein Ende haben“, sagte die Grünen-Abgeordnete.

SPD verteidigt Frontex

Aus Sicht von Christina Kampmann (SPD) geht der Antrag der Linksfraktion zwar „in die richtige Richtung“. Er enthalte aber zugleich Vorschläge, „die konterkarieren, was unserer Meinung nach richtig ist“. So müsse die Seenotrettung natürlich ein selbstverständliches Gebot sein und dürfe weder an Kompetenzstreitigkeiten noch an Sanktionen gegen mögliche Retter scheitern.

Die Forderung nach einer Auflösung von Frontex verkenne aber deren „wichtige ordnungspolitische Funktion“. Stattdessen bedürfe es einer „strengen Verpflichtung des gemeinsamen europäischen Grenzschutzes durch die EU, die unserem europäischen Wertesystem gerecht wird“. In die falsche Richtung geht aus Sicht Kampmanns auch die Idee, dass Asylsuchende künftig die freie Wahl haben sollten, in welchem Land sie ihren Asylantrag stellen.

Solidarisches System verlangt

„Das klingt zwar aus Sicht der Asylsuchenden sehr verlockend, könnte aber zu einem Unterbietungswettbewerb der betroffenen Staaten führen“, warnte Kampmann. Gebraucht werde vielmehr ein solidarisches System innerhalb Europas, dass die Probleme nicht auf jene Länder abwälze, die an den Grenzen Europas liegen.

Der Antrag der Linksfraktion wurde im Anschluss an die Debatte zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. (hau/17.01.2014)

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