Gelungene Marktöffnung trotz Schwachstellen
Öffnung des Telekommunikationsmarktes vor 16 Jahren: Im Prinzip gab es dafür beim Rückblick im Bundestag vornehmlich gute Noten. Allerdings machten die Rednerinnen und Redner aller Fraktionen am Donnerstag, 3. April 2014, manche Schwachstellen aus. Die Debatte kreiste rund um den Tätigkeitsbericht 2012/13 der Bundesnetzagentur, den die Bundesregierung zusammen mit dem Sondergutachten der Monopolkommission „Telekommunikation 2013 – Vielfalt auf den Märkten erhalten“ (18/209) vorgelegt hat.
SPD: Kundenanspruch gesetzlich festlegen
Klaus Barthel (SPD) zählte den boomenden digitalen Sektor zu einem Wirtschaftskernbereich wie Automobilbau und Maschinenbau. Doch Sorge bereite ihm die Telekommunikation selbst: rückläufige Umsätze, stagnierende Investitionen, rückläufige Beschäftigung. Der alten schwarz-gelben Bundesregierung hielt er vor, beim Breitbandausbau „nichts gemacht, aber immer neue Ziele propagiert zu haben“.
Die Große Koalition werde jetzt „zum Handeln übergehen“. Der Koalitionsvertrag unterstreiche die Notwendigkeit der Daseinsvorsorge in diesem Bereich. Wobei klar sei: „Der Bund ist verpflichtet.“
Barthel beklagte, dass die Bundesnetzagentur Investitionsnotwendigkeiten leugne. Doch es müsse „Schluss mit den Denkverboten“ sein. Wahre Netzneutralität könne es nur dann geben, wenn der Anspruch der Kunden gesetzlich festgelegt sei.
Linke: Große Probleme auf dem Land
„Preise runter, Service rauf“: Herbert Behrens (Die Linke) fand durchaus Lob für die Privatisierungsoffensive. Sein erster Einwand indes: „Den Unternehmen geht es heute gut, nicht aber allen Beschäftigten.“ Er zeigte zugleich auch „großes Erstaunen“, welchen Aufwand die Bundesnetzagentur betreibe, um die „freien Wettbewerbskräfte zu begrenzen“.
Und fragte, ob es nicht vernünftiger wäre, einiges von dem Aufwand lieber für den Ausbau der Telekommunikation einzusetzen – etwa für ein „vernünftiges Breitbandangebot“. Jedenfalls auf dem Land hätten die Leute „richtig große Probleme“.
Als „glatten Unsinn“ tat er Äußerungen ab, denen zufolge es auf dem Land gar kein großes Interesse am Internetausbau gebe. Er erwarte von der Bundesnetzagentur, dass sie in ihrem nächsten Bericht auf „angemessene, ausreichende Dienstleistungen“ auch im ländlichen Raum verweist.
CDU/CSU: Regulierung ist kein Selbstzweck
Hansjörg Durz (CDU/CSU) beschrieb eine Erfolgsgeschichte der Privatisierung auf dem Telekommunikationsmarkt: deutlich günstigere Preise, erheblich verbesserte Leistungen. Er mahnte aber auch: „Regulierung ist kein Selbstzweck.“ Sie müsse „auf das erforderliche Maß begrenzt bleiben“.
Durz sagte voraus, dass der Bedarf an Zugang zu schnellem Internet „weiter massiv steigen“ werde – bezogen auf Qualität wie Menge. Auch er verwies auf den unzureichenden Netzausbau auf dem Lande im Vergleich mit Ballungsräumen. Es dürfe nicht zu einer „digitalen Spaltung“ kommen.
Durz sprach sich dafür aus, dass der weitere Ausbau weiter den Regeln des Wettbewerbs folgen solle. Der Wettbewerb habe sich in den vergangenen Jahren als „starker Motor“ erwiesen – von Innovation bis Wachstum. Längst habe der Verbraucher „echte Auswahlmöglichkeiten“. Seine Vorgabe: Es gelte, die „Vielfalt auf den Märkten zu erhalten“ und zugleich „durch Wettbewerb notwendige Investitionen anzustoßen“.
Grüne: Positives Beispiel für Wettbewerb
Katharina Dröge (Bündnis 90/ Die Grünen) sah durchaus „eine gute Nachricht“ darin, dass die „Marktöffnung ein positives Beispiel für Wettbewerb“ geworden sei. Sie machte allerdings noch „Handlungsnotwendigkeiten“ gerade in Bezug auf Qualität und Verbraucherzufriedenheit aus. So biete ein Anbieterwechsel „viele Hürden und Schwierigkeiten“. Sie hielt den Telekommunikationsunternehmen vor, es mit Transparenz und Verbraucherschutz nicht ernst genug zu nehmen.
Dröge begrüßte das EU-Bekenntnis zur Netzneutralität. Sie ermögliche kleineren Betrieben, sich „mit guten Ideen gegen große Konzerne durchzusetzen“. Nötig sei, diese Netzneutralität auch in Deutschland „effektiv zu verankern“.
Gewaltige Investitionen
In ihrem Bericht zieht die Bundesnetzagentur eine positive Bilanz der Marktöffnung: „Die Bürger und die gesamte Wirtschaft profitieren von einer Vielfalt an Angeboten und Dienstleistungen zu attraktiven Preisen.“ Überdies hebt der Bericht darauf ab, dass es trotz der gesunkenen Telekommunikationspreise gewaltige Investitionen gegeben habe. Sieben Milliarden Euro seien im Durchschnitt pro Jahr in den Ausbau einer modernen Infrastruktur gesteckt worden.
Die Monopolkommission hat ermittelt, dass die Zahl der Telefonanschlüsse mit 37 Millionen leicht rückläufig ist. Rund 70 Prozent aller Haushalte in Deutschland verfügen über einen Internetanschluss. (fla/03.04.2014)