Fragen zum Verbleib von Waffen für die Kurden
In der Fragestunde des Bundestages am Mittwoch, 28. Januar 2015, erkundigt sich Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) nach den Erkenntnissen der Bundesregierung darüber, wohin die im letzten Jahr an die Kurden im Nordirak gelieferten Waffen gelangt sind. Zugleich will der Grünen-Abgeordnete wissen, wie die Bundesregierung sicherstellen will, dass die Waffen nicht in falsche Hände geraten. Im Interview macht Ströbele deutlich, dass er gegen Waffenlieferungen in die umkämpften Regionen des Iraks oder Syriens ist. „In einem Raum, der von Waffen geradezu überquillt, braucht es keine weiteren Waffen“, sagt er. Die Unterstützung, die tatsächlich benötigt werde, liege besonders im humanitären Bereich. „Außerdem muss man dem Islamischen Staat (IS) die Nachschubwege abschneiden“, fordert Ströbele. Das Interview im Wortlaut:
Herr Ströbele, der Bundestag hat sich im vergangenen Jahr mehrheitlich für die Lieferungen von Waffen an die Peschmerga, die kurdischen Streitkräfte im Nordirak, ausgesprochen, um so deren Kampf gegen die Terrormilizen des Islamischen Staates (IS) zu unterstützen. Laut einem Bericht des ARD-Magazins Monitor weiß die Bundeswehr aber gar nicht, wo die Waffen im Einzelnen hingehen. Außerdem sollen Peschmerga-Kämpfer für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein. Überrascht Sie die Entwicklung?
Ich war von Anfang an skeptisch. Bei Waffen weiß man nie, in welche Hände sie gelangen. Das ist auch der Grund, warum wir im Bundestag dagegen gestimmt haben. Wir kennen das ja schon: Waffen, die nach Libyen geliefert wurden tauchten beispielsweise auf einmal in Syrien und in Mali auf.
Wohin wurden denn die deutschen Waffen Ihres Wissens nach geliefert?
Zuerst sollen sie wohl nach Bagdad gegangen und dort eingelagert worden seien. Und zwar solange, dass man sich im Kurdengebiet schon gefragt hat, wann die nun eigentlich mal ankommen. Inzwischen sollen sie wohl im Nordirak angelangt sein.
Bei den Peschmerga?
Ja, wobei man dabei wissen muss, dass es da auch verschiedene Peschmerga-Gruppen gibt, die sich teils auch militärisch bekämpfen. Das sind zum einen die, die die Regierung von Präsident Barzani unterstützen. Es gibt aber auch eine bewaffnete Opposition. Also stellt sich schon mal die Frage, an welche der beiden Seiten die Waffen geliefert wurden. Den Krieg gegen den IS führen schließlich alle Perschmerga-Gruppen gemeinsam. Aber auch die PKK.
PKK ist ein gutes Stichwort. In Deutschland verboten, kämpft die PKK im Nordirak gegen den IS mit deutschen Waffen. Ein bisschen widersprüchlich, oder?
Das ist sogar völlig verrückt! Die PKK war die Gruppe, die sich zuerst erfolgreich den IS-Truppen in den Weg gestellt hat, nicht die Peschmerga. Und auch nicht die USA und andere mit ihren Luftangriffen. Ich habe daraufhin schon mehrfach im Bundestag den Widerspruch thematisiert, dass die PKK für ihr Tun dort auch in Deutschland zu Recht bejubelt wird. Unterstützt man die PKK aber hier - etwa mit einer Geldsammlung - muss man mit einer längeren Freiheitsstrafe rechnen. Für mich ist ganz klar: Es ist keine stringente Politik, Waffen zu liefern, die man auch weitergeben kann – an wen auch immer.
Soll Deutschland also nur zuschauen und nichts unternehmen?
Nein, keineswegs. Aber in einem Raum, der von Waffen geradezu überquillt, braucht es keine weiteren Waffen. Der IS ist doch nur deshalb militärisch so erfolgreich und so stark, weil er in Syrien mit Geld und Waffen ausgerüstet worden ist - auch von unseren Verbündeten Saudi-Arabien und Katar - als es gegen Präsident Assad ging. Da war man auch in Deutschland stolz auf die Unterstützung. Bis man gemerkt hat: Der IS ist ja eigentlich der Hauptfeind. Oder schauen wir auf den Irak: Dort haben die IS-Terrormilizen ohne auch nur einen Schuss abzugeben die Millionenstadt Mossul eingenommen, weil die irakische Armee geflohen oder übergelaufen ist. Dadurch haben die Terroristen eine riesige Zahl von teils schwersten Waffen in ihre Hände bekommen. Waffen, die die Amerikaner vorher an die irakische Armee geliefert hatten. Das zeigt doch ganz deutlich: Waffen gibt es dort genug. Die Unterstützung, die benötigt wird, liegt besonders im humanitären Bereich. Außerdem muss man dem IS die Nachschubwege abschneiden. Bei Saudi-Arabien scheint das zum Teil gelungen zu sein. Die Bundesregierung stoppt ja derzeit die Waffenlieferungen dorthin. Aber das kommt sehr, sehr spät.
(hau/27.01.2015)