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Aktuelle Stunde

Schlagabtausch um die Infrastrukturpolitik

Gegen Ende seiner fünf Minuten hat sich Hubertus Heil in Rage geredet. „Wer ständig versucht, demokratische Politik zu delegitimieren, indem er Verschwörungstheorien in die Welt setzt“, herrscht der Sozialdemokrat die Linksfraktion an, „schadet der Demokratie. Es ist unanständig, so zu tun, als seien wir hier alle Marionetten dunkler Kräfte.“ Was am Donnerstag, 23. April 2015, die Gemüter im Bundestag erhitzte, war der Investitionskongress, den der Wirtschaftsminister zu Beginn der Woche einberufen hatte.

Empfehlungen einer Expertenkommission

Was lässt sich machen für die Sanierung maroder Straßen, Brücken oder Schulgebäude, ohne öffentliche Haushalte zu überlasten und gegen das Gebot der Schuldenbremse zu verstoßen? Auf 100 Milliarden Euro soll der Investitionsstau mittlerweile immerhin aufgelaufen sein. Im August vorigen Jahres hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Expertenkommission unter Vorsitz des Ökonomen Prof. Dr. Marcel Fratzscher berufen, die jetzt ihre Empfehlungen vorlegte. Unter anderem plädiert sie für eine staatliche Investitionsgesellschaft, die Autobahnen betreiben und dafür Geld privater Investoren einsammeln soll.

Private Mittel für öffentliche Aufgaben? Die Linksfraktion sieht hier Profitinteressen von Banken und Versicherungen im Spiel. Auf ihr Betreiben debattierte der Bundestag in einer Aktuellen Stunde über den „Einfluss von Interessenvertretern auf die Infrastrukturpolitik“.

Linke: Sie unterschätzen den Widerstand der Bürger

Man müsse sich doch nur einmal die Zusammensetzung der Fratzscher-Kommission ansehen, wetterte der Linke Klaus Ernst: Da hätten Vertreter von Allianz und Ergo ausgerechnet neben Jürgen Fitschen gesessen, dem Chef der Deutschen Bank: „Die beteiligten Unternehmen finden es natürlich charmant, wenn durch eine Maut oder Direktüberweisungen des Staates ihre Rendite bezahlt wird.“

Dabei sei das Geld auf dem Kapitalmarkt derzeit fast zinslos zu bekommen: „Ich befürchte, Sie unterschätzen den Widerstand der Bürger gegen diese Form der Finanzierung von Renditen durch die Steuerzahler.“

CDU/CSU: Privates Kapital in Infrastrukturprojekte lenken

Der Christdemokrat Dr. Joachim Pfeiffer stattete der Linken ironischen Dank ab für die Gelegenheit, deutlich zu machen, was die Regierung auch durch Beteiligung privater Investoren für die Sanierung der Infrastruktur leisten wolle. Immerhin habe die Große Koalition gerade erst 15 Milliarden Euro dafür lockergemacht. Das sei aber nicht genug.

Auf den weltweiten Finanzmärkten seien „Billionen, Tausende Milliarden“ verfügbar. Was spreche denn dagegen, dieses private Kapital in Infrastrukturprojekte zu lenken und damit in einer Niedrigzinsphase Anlegern attaktive Bedingungen für Investitionen in Deutschland zu bieten? „Wir sind absolut auf dem richtigen Weg, und wir müssen das noch viel mehr machen“, so Pfeiffer.

Grüne: Überflüssige Umgehungsstraßen in Bayern

„Sie spanne in Wahrheit einen Rettungsschirm für Lebensversicherungen auf, das ist doch irre, was sie an der Stelle machen“, hielt der Grüne Oliver Krischer dem Wirtschaftsminister und den Koalitionsfraktionen vor.

Auch der Bundesrechnungshof habe kritisiert,dass Infrastrukturprojekte durch die Beteiligung privater Investoren teurer ausfielen als wenn der Staat allein baue. Dem CSU-Verkehrsminister komme es aber nur auf eines an. „Er muss nicht mehr in den Erhalt investieren, sondern kann überflüssige Umgehungsstraßen in Bayern bauen.“

SPD: Das Parlament hat das letzte Wort

Für die SPD wies Hubertus Heil die Kritik der Linken an der Zusammensetzung der Kommission zurück. Besonders redlich sei es nicht, nur einzelne Mitglieder herauszugreifen und so zu tun, als seien hier Banken und Versicherungen unter sich gewesen. Führende Gewerkschafter, Wissenschaftler und der Deutsche Städtetag hätten dem Gremium schließlich auch angehört.

Eine Regierung sei gut beraten, sich gesellschaftlichen Sachverstands zu bedienen. Weder habe die Kommission die Privatisierung öffentlicher Infrastruktur vorgeschlagen noch die Regierung sich verpflichtet, die Empfehlungen eins zu eins umzusetzen. Das letzte Wort habe immer das Parlament.

 „Falsche Zahlen des Bundesrechnungshofs“

Für die CDU/CSU ging Ulrich Lange mit dem grünen Vorredner Krischer ebenso ins Gericht wie mit dem Bundesrechnungshof, auf den sich dieser berufen hatte. Krischer habe gelogen mit der Behauptung, zwei Drittel der Straßenbaumittel flössen in den Neubau und nur ein Drittel in den Erhalt.

Es sei umgekehrt, so Lange: „Sie sind nicht mehr als ein kreischender Pinocchio.“ Erwiesenermaßen falsch seien auch die Zahlen des Bundesrechnungshofs zur Kostenexplosion bei Infrastrukturprojekten mit privater Beteiligung.

Regierung: Den Rat von Experten gesucht

„Was uns hier an fundamentalem Unsinn und grob fahrlässiger Verdummung des Publikums präsentiert wird, ist schon hanebüchen“, geißelte der Sozialdemokrat Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, die Einlassungen der Opposition.

Die Regierung habe in der Kommission den Rat von Experten gesucht, aus Banken wie Gewerkschaften: „Wir entscheiden aber im Parlament, was wir tun wollen.“ (wid/23.04.2015)

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