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Parlament

Hayarpi Mkhitaryans Weg in die Außenpolitik

Eine junge Frau mit weißer Bluse und braunen Haaren

Hayarpi Mkhitaryan (© DBT/photothek)

Als Praktikantin scheint Hayarpi Mkhitaryan im Grunde völlig überqualifiziert zu sein. Seit drei Jahren arbeitet die 26-Jährige in ihrer Heimat Armenien als „führende Spezialistin im Nationalen Sicherheitsrat“, wie sie sagt. Dennoch absolviert sie derzeit ein Praktikum im Rahmen des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) im Büro des Bundestagsabgeordneten Manfred Grund (CDU/CSU). Kein Widerspruch, findet Hayarpi Mkhitaryan, denn: „Man lernt, solange man lebt“. Und so konnte die Armenierin im Deutschen Bundestag lernen, wie schwierig es für die Abgeordneten ist, zu einer Einschätzung zu gelangen, die für Hayarpi Mkhitaryan völlig klar ist: „Vor 100 Jahren wurde an den Armeniern ein Völkermord begangen.“

Mkhitaryan ist Bundespräsident Gauck dankbar

Mehrere Wochen haben die Koalitionsfraktionen damit gerungen, ob die Formulierung Völkermord für die Geschehnisse in den Jahren 1915 und 1916 angemessen ist. Bis zu 1,5 Millionen Armenier wurden durch die jungtürkische Bewegung im osmanischen Reich getötet. Die IPS-Stipendiatin ist dankbar, dass Bundespräsident Joachim Gauck dies klar als Völkermord bezeichnet hat. „Ich hoffe, dass das ein Schritt zur offiziellen Anerkennung des Völkermordes war.“

Doch warum ist es für die junge Armenierin so wichtig, mit welchem Wort die Geschehnisse von vor hundert Jahren bezeichnet werden? „Meine Vorfahren kommen aus dem westlichen Armenien und haben den Völkermord selbst erlebt“, erzählt sie. Daher sei das ein sehr wichtiges Thema für sie. „Ich will, dass die historische Wahrheit allen bekannt wird“, sagt sie und kritisiert die Politik der Türkei in diesem Punkt. „Mit Leugnen kommt man nicht weiter.“

Die eher zurückhaltende Haltung Deutschland verstehe sie als eine „diplomatische Zurückhaltung“, sagt Hayarpi Mkhitaryan. Aus ihrer Sicht muss es dafür aber auch Grenzen geben: „Die politischen Rücksichten dürfen nicht die Anerkennung der historischen Wahrheit verhindern“, fordert sie.

„Bloßes Übersetzen reicht mir nicht“ 

Diplomatisches Handeln – das ist auch etwas, womit sich die 26-Jährige später gerne beschäftigen würde. „Mich interessiert der Bereich der internationalen Beziehungen. Da möchte ich gerne tätig sein“, sagt sie. Ihr Interesse an der Politik erwachte nach dem Germanistik-Studium. „Ich habe erst ein Praktikum beim Außenministerium gemacht und dann auch in einem Übersetzungsbüro gearbeitet“, sagt sie. Dabei wurde ihr klar: „Bloßes Übersetzen reicht mir nicht.“ Stattdessen studierte Hayarpi Mkhitaryan am „George C. Marshall Europäisches Zentrum für Sicherheitsstudien“ in Garmisch-Partenkirchen Sicherheitspolitik.

Seit nunmehr drei Jahren arbeitet sie für den Nationalen Sicherheitsrat in der Abteilung für die Implementierung der Nationalen Sicherheitsstrategie. „Ich beschäftige mich meistens mit der Zusammenarbeit zwischen Armenien und dem Europäischen Monitoring-Zentrum für Drogen und Drogensüchtige“, erläutert sie.

Hat Armenien ein Problem mit Drogen? „Nein“, sagt Hayarpi Mkhitaryan, „zumindest kein großes“. Es gehe eher um die Sicherung der Grenzen zum Iran, Georgien und der Türkei, damit Armenien nicht als Drogentransitland missbraucht werde. „Was die Grenzsicherung angeht, so arbeiten wir auch viel mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex zusammen“, sagt die Armenierin.

Zusammenarbeit mit der Europäischen Union

Apropos Zusammenarbeit mit der EU: Wie passt dazu der Beitritt Armeniens zur Zollunion mit Russland, Weißrussland und Kasachstan? Der Schritt in die Zollunion sei eher politisch denn wirtschaftlich motiviert gewesen, meint Hayarpi Mkhitaryan. Im Südkaukasus gebe es viele Probleme, viele territoriale Konflikte. Armenien etwa habe zwei geschlossene Grenzen – zur Türkei und zu Aserbaidschan. „Die EU hat geringere Möglichkeiten im Vergleich zu Russland als sicherheitspolitischer Akteur“, sagt sie. Für die Armenier sei aber Sicherheit das größte Problem. „Deshalb die Entscheidung für die Zollunion aus sicherheitspolitischen Aspekten.“

Als Abkehr von der EU will sie das in keinem Falle verstanden wissen. „Ein kleines Land wie Armenien sollte nicht vor eine ,Entweder-Oder-Entscheidung‘ gestellt werden“, findet sie. Es sei nicht möglich, zwischen zwei Großmächten zu wählen. „Wir müssen einen Ausweg aus dieser ,Entweder-Oder-Logik‘ finden“, fordert sie und hat auch einen Vorschlag, wie das funktionieren könnte: „Armenien und die EU sollten politisch weiter zusammenarbeiten.“

Streit mit Aserbaidschan um Bergkarabach

Eine Lösung für den Streit mit Aserbaidschan um Bergkarabach zu finden, scheint da schwieriger. Seit Anfang der 90 Jahre wird um das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet gestritten, das sich Ende 1991 durch ein Referendum für unabhängig erklärt hat. Hayarpi Mkhitaryan verweist auf die Geschichte. Schon immer hätten in dem Gebiet Armenier gelebt. 1921 habe Stalin die Angliederung an Aserbaidschan verfügt. „Gegen den Willen der Bevölkerung von Berg-Karabach“, betont sie und kommt zu der Einschätzung: „Historisch gesehen ist es armenisches Gebiet.“

Seit mehr als 20 Jahren wird nun schon über den völkerrechtlichen Status des Landes im Rahmen der „Minsk-Gruppe“ der OSZE verhandelt. Die Konfliktparteien berufen sich dabei auf unterschiedliche völkerrechtliche Prinzipien, schreibt das Auswärtige Amt zu dem Thema: Einerseits auf das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung, das die ethnischen Armenier in Bergkarabach für sich reklamieren; andererseits auf das Prinzip der territorialen Integrität, das von Aserbaidschan geltend gemacht wird.

Suche nach einer gemeinsamen Sprache

Hayarpi Mkhitaryan vertritt das erstgenannte Prinzip und sagt: „Das Volk in Bergkarabach sollte selbst bestimmen, was es will.“ Ihr Lösungsvorschlag lautet daher: „Vertreter aus Bergkarabach müssen an der Findung einer Regelung beteiligt werden.“ Dem verweigere sich derzeit Aserbaidschan.

Doch die Stipendiatin ist optimistisch: „Ich stelle immer wieder fest, dass die junge Generation bereit ist, darüber zu sprechen, was schon mal ein Fortschritt ist“, wie sie findet. Vielleicht, so ihre Hoffnung, könne in naher Zukunft eine gemeinsame Sprache gefunden werden. Diplomatisches Geschick wird dabei allemal von Nöten sein. (hau/26.05.2015)

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