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Gesundheit

Künftig fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen

Pflegedienst steht auf einem Schild eines Fahrzeuges eines mobilen Pflegedienstes

Der Bundestag stimmt über Änderungen in der pflegerischen Versorgung ab. (pa/dpa-Zentralbild)

Das zweite Pflegestärkungsgesetz steht am Freitag, 13. November 2015, im Bundestag zur Entscheidung an. Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (18/5926, 18/6182) steht der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, mit dem festgelegt wird, wer bei bestimmten Einschränkungen welche Leistungen in Anspruch nehmen kann. Im vergangenen Jahr hatte das Parlament den ersten Teil der großen Pflegereform mit umfassenden Leistungsverbesserungen gebilligt, die in diesem Jahr in Kraft sind. Abgestimmt wird auch über einen Antrag der Fraktion Die Linke zur Einführung einer solidarischen Bürgerpflegeversicherung (18/5110) sowie über einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für zukunftsfeste Rahmenbedingungen in der Pflege (18/6066). Der Gesundheitsausschuss hat eine Beschlussempfehlung (18/6688) vorgelegt. Abgestimmt wird auch über einen Entschließungsantrag der Linken (18/6692). Die Debatte beginnt um 9 Uhr und dauert eine Stunde.

Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen. 

Pflegebedürftigkeit soll genauer ermittelt werden

Künftig soll die Pflegebedürftigkeit genauer ermittelt und behandelt werden können, unabhängig davon, ob Pflegebedürftige körperliche Einschränkungen haben oder unter Demenz leiden. Dazu werden die bisher drei Pflegestufen zu fünf Pflegegraden ausgebaut.  Mit bis zu 500.000 neuen Anspruchsberechtigten wird in den nächsten Jahren gerechnet, Nachteile für Alt-Pflegefälle soll es nicht geben. Finanziert wird die Reform durch eine Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrages um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose) zum Jahresbeginn 2017. Dann sollen insgesamt fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Pflege bereit stehen. Die Beiträge sollen sodann bis 2022 stabil bleiben.

Mit der neuen Begutachtung werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und in die neue Einstufung einbezogen. Entscheidend ist künftig der Grad der Selbstständigkeit. Wer schon Pflegeleistungen bekommt, wird mit dem Gesetz automatisch in das neue System integriert. Ein neuer Antrag auf Begutachtung ist nicht nötig. Wer Leistungen von der Pflegeversicherung bereits bekommt, erhält diese mindestens im selben Umfang weiter.

Verbesserungen für pflegende Angehörige

Verbesserungen sind auch für pflegende Angehörige vorgesehen. Grundlegend überarbeitet werden die Regelungen zur Qualitätssicherung, das betrifft auch den sogenannten Pflege-TÜV. Zudem soll mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff auch die Personalausstattung in den Pflegeeinrichtungen überprüft und an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden.

Bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses Ende September hatten Experten vor Ungerechtigkeiten im Pflegealltag gewarnt. So könnten mit der neuen Pflegesystematik bestimmte Patientengruppen benachteiligt werden. Heftig kritisiert wurden zu erwartende hohen Hürden für eine vollstationäre Versorgung. Zudem bemängelten Sachverständige, dass ein übergreifendes Reformkonzept innerhalb der Sozialgesetzbücher (SGB) nicht ersichtlich sei, unter anderem mit Blick auf die Behindertenhilfe. Ungelöst ist aus Sicht der Experten auch der akute Personalnotstand in Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen.

Lob für neue Beratungsangebote

Die geplanten Verbesserungen für pflegende Angehörige werden von einigen Experten weiter als unzureichend angesehen. Aufgrund der Komplexität der gesetzlichen Änderungen wird zudem eine parallele Überprüfung der Resultate dringend empfohlen wie auch eine Begleitforschung zu den neu eingeführten Pflegebegriffen. In der Anhörung gelobt wurden die neuen Beratungsangebote für Patienten und Angehörige. Ein Einzelsachverständiger warnte jedoch vor überzogenen Erwartungen an die Reform. Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sei zwar ,,ein Meilenstein„, es bleibe aber noch viel zu tun.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte eine mögliche mehrfache Benachteiligung für Pflegeheimbewohner in der Zukunft: einmal durch die unzureichende Hospiz- und Palliativversorgung und zum anderen durch die medizinische Behandlungspflege, die von der Pflegeversicherung statt von der Krankenversicherung getragen wird. Die Pflegeversicherung übernehme aber nur die Kosten in Höhe der pauschalen Leistungsbeiträge.

Leistungsminderung in den unteren Pflegegraden gerügt

Da diese in der Praxis schon ohne Behandlungspflege ausgeschöpft seien, müssten Pflegeheimbewohner die Leistung faktisch selbst finanzieren. Auch andere Verbände wiesen auf diese missliche Lage hin. Der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland forderte, die Behandlungspflege müsse unabhängig vom Aufenthaltsort der Patienten von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden.

Der Sozialverband Volkssolidarität rügte wie zahlreiche andere Verbände die geplante Leistungsminderung in den unteren Pflegegraden 2 und 3 im stationären Bereich. Vor allem die Absenkung des Leistungssatzes für den Pflegegrad 2 (bisher Pflegestufe I) um rund 300 Euro sei inakzeptabel und werde ,,schwerwiegende negative Folgen“ haben, weil Pflegebedürftige künftig die vollstationäre Versorgung nicht in Anspruch nehmen könnten.

,,Ambulante Pflege wird nicht ausreichen„

Daran ändere auch die Regelung zu den sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen wenig, mit der erreicht werden soll, dass der zu tragende Eigenanteil nicht mehr mit der Pflegebedürftigkeit steigt. Argumentiert wird hier, dass die Kosten für die Versorgung der Bewohner mit hohen Pflegegraden in der Zukunft auf Bewohner in niedrigen Pflegegraden verschoben werden.

Der Verband Deutscher Alten und Behindertenhilfe rügte, der abgesenkte Leistungsbetrag für den Pflegegrad 2 werde dazu führen, dass viele der neuen Anspruchsberechtigten ,,aus finanziellen Gründen keine Option auf eine stationäre Betreuung haben werden“. Die ambulante Pflege werde aber bei Weitem nicht ausreichen, um die vielen betroffenen Menschen professionell zu versorgen. (pk/09.11.2015)

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