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1. Untersuchungsausschuss

Uhrlau verteidigt Kooperation mit USA

Aufnahme einses älteren Herren mit grauen Haaren und einer Brille mit runden Gläsern

Ernst Uhrlau, ehemaliger Präsident des Bundesnachrichtendienstes (dpa)

Vor dem 1. Untersuchungsausschuss („NSA“) hat der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, die Geschichte der Zusammenarbeit mit der amerikanischen National Security Agency (NSA) Revue passieren lassen. In seiner Vernehmung am Donnerstag, 14. Januar 2016, betonte Uhrlau, dass es dabei nicht zuletzt um eine „Ertüchtigung“ des BND gegangen sei, der von den überlegenen technischen Möglichkeiten der US-Partner profitiert habe. Der heute 69-jährige Ruhestandsbeamte war unter der rot-grünen Koalition bis 2005 Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt und stand anschließend bis 2011 an der Spitze des BND. Ein erstes Mal hatte er im Juni vorigen Jahres vor dem Ausschuss ausgesagt.

Zugang zur Technologie satellitengestützter Kommunikation

Bereits im Juli 2001 waren sich BND und NSA im Grundsatz darüber einig gewesen, die bis dahin ausschließlich von den USA genutzte Abhöranlage in Bad Aibling gemeinsam zu betreiben. Nach Uhrlaus Worten gewann der BND damit Zugang zur Technologie der Überwachung satellitengestützter Kommunikation.

Als sich wenige Wochen später die Terrorattacken des 11. September ereigneten und die Hamburger Al-Qaida-Zelle entdeckt wurde, habe es über die „Notwendigkeit, mit der NSA eine intensive Zusammenarbeit zu entwickeln“, überhaupt keinen Zweifel mehr geben können: „Es war völlig klar, dass die Zusammenarbeit mit den USA politisch gewollt war und auch politisch für notwendig erachtet wurde.“ Dies sei die „politische Gesamtposition im Kanzleramt im Herbst 2001 gewesen“.

Gemeinsames Abhörprojekt „Eikonal“

Zwei Jahre später war Uhrlau als Geheimdienstkoordinator persönlich beteiligt, ein gemeinsames Abhörprojekt von BND und NSA in die Wege zu leiten. Mit der Operation „Eikonal“ wurde über mehrere Jahre hinweg bis 2008 ein Glasfaserknoten der Telekom in Frankfurt am Main angezapft, um kabelgestützte Kommunikation aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens zu überwachen. Auch dies sei ein Beitrag zur „Ertüchtigung“ des BND gewesen, da die damals neuen Glasfasernetze bislang unbekannte Anforderungen an die Abhörtechnik stellten.

Allerdings machte die Telekom zunächst rechtliche Einwände geltend. Um sie auszuräumen, unterzeichnete Uhrlau im Dezember 2003 ein Schreiben, in dem das Kanzleramt die Unbedenklichkeit der Aktion bescheinigte.

Zeuge: G10-Kommission wissentlich nicht getäuscht

Den Zugang der Geheimdienste zum Glasfaserknoten ermöglichte eine G10-Anordnung, die in der Regel die gesetzliche Grundlage bildet, um den Schutz des Fernmeldegeheimnisses aufzuheben, wenn ein deutscher Bürger als Straftäter verdächtig ist. Den Vorwurf der „Lüge“ gegenüber der zuständigen G10-Kommission wies Uhrlau zurück. Die Kommission genehmige Suchbegriffe, mit denen aus einem Datenstrom die relevanten Informationen ausgefiltert würden.

Dabei werde gleichwohl der gesamte Datenstrom erfasst: „Zwischen Routineverkehren und G10-Erfassung gibt es keine Brandmauer.“ Das sei der Kommission natürlich bewusst gewesen: „Die G10-Kommission wissentlich täuschen zu wollen, ist nicht die Absicht gewesen.“

Spionage gegen EADS und Eurocopter 

Zu Beginn seiner Amtszeit als BND-Präsident Anfang 2006 erfuhr Uhrlau, dass die NSA in Bad Aibling Suchmerkmale eingespeist hatte, die sich gegen die europäischen Rüstungsfirmen EADS und Eurocopter richteten. Er gab sich damals mit einer Entschuldigung zufrieden und der Versicherung, so etwas solle nicht wieder vorkommen.

Die Frage, warum er den Vorfall nicht zum Anlass einer gründlichen Prüfung der NSA-Selektoren genommen habe, beantwortete Uhrlau mit dem Hinweis auf die noch aus rot-grünen Zeiten gespannten deutsch-amerikanischen Beziehungen, die nicht weiter belastet werden sollten: „Dass die USA einen sehr viel umfassenderen Informationsbedarf haben als wir, ist uns bekannt gewesen.“

BND-Zeuge hinterlässt ungeklärte Fragen

In einer weiteren Zeugenbefragung hat der NSA-Untersuchungsausschuss seine Bemühungen fortgesetzt, mehr Klarheit über die Selektorenprüfung beim Bundesnachrichtendienst (BND) im Spätsommer 2013 und über die Modalitäten der Weiterleitung von Daten an ausländische Geheimdienste zu gewinnen. Die Abgeordneten hörten dazu ein weiteres Mal den BND-Mitarbeiter H.K.

Der ausgebildete Luft- und Raumfahrtingenieur ist seit 1985 beim Nachrichtendienst tätig, seit 2003 als Leiter verschiedener Referate der Abteilung Technische Aufklärung (TA) in der Zentrale in Pullach, die mit der Verarbeitung von Erkenntnissen aus Abhörmaßnahmen zu geheimdienstlich relevanten Nachrichten befasst sind. Er hat bereits zweimal vor dem Ausschuss ausgesagt.

Keine präzisen Angaben

Im Spätsommer 2013 hatte eine interne Untersuchung beim BND ergeben, dass die amerikanische National Security Agency (NSA) in der gemeinsam betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling Suchmerkmale, sogenannte „Selektoren“, eingespeist hatte, die zur Ausspähung europäischer Ziele geeignet waren.

Zu den bisher offenen Fragen zählt, warum der zuständige Unterabteilungsleiter D.B., der die Prüfung veranlasst hatte, die Amtsspitze über das Ergebnis in Unkenntnis ließ, und auf welchem Wege die NSA informiert wurde. Dazu konnte auch der Zeuge H.K., der mit dem Vorgang am Rande befasst war, keine präzisen Angaben machen.

„Es ist halt passiert“

Er gehe davon aus, dass D.B. von Pullach nach Bad Aibling gefahren sei und die dortigen NSA-Vertreter persönlich in Kenntnis gesetzt habe, meinte H.K. So habe er es jedenfalls immer gemacht, wenn es mit der NSA etwas zu besprechen gab. Im Gespräch mit dem Zeugen habe D.B. später geäußert: „Wir haben mit ihnen geredet, es wird abgestellt.“ Allerdings sei über die Unterredung kein Vermerk angefertigt worden. Auf die Frage, warum das unterblieben sei, wusste der Zeuge keine Antwort: „Es ist halt passiert.“ Er glaube nicht an eine Vertuschungsabsicht. Im Übrigen: „Ich kann nicht hingehen und kann meinem Vorgesetzten sagen: Du musst ein Protokoll schreiben.“

Ungeklärt blieb auch die Frage, inwieweit die Weiterleitung von Informationen an kooperierende Geheimdienste beim BND dokumentiert wird. Der Zeuge äußerte sich dazu nicht eindeutig. „Wir wissen, wer was bekommt“, sagte er. „Grundsätzlich ist es so, dass wir die einzelnen übergebenen Daten nicht dokumentieren.“

Später fügte er hinzu, dass für den Nachrichtenbearbeiter beim BND selbstverständlich erkennbar sei, aus welcher Abhöranlage, welchem Land, welcher Kommunikationsstrecke, aus welcher Satelliten- oder Kabelübertragung eine Information stammt: „Wir wissen, auf welchen Strecken wir uns bewegen, wie wissen, seit wann wir da drauf sind.“ Er könne aber nicht sagen, ob und wenn ja, wo beim BND diese Angaben verzeichnet seien.

„Begründungen nur in Ausnahmefällen“

Eine kleine Kontroverse entspann sich daraus zwischen dem Grünen Dr. Konstantin von Notz und dem Vertreter des Kanzleramtes. Von Notz monierte, dass bei den Unterlagen, die dem Ausschuss vorliegen, solche Verzeichnisse von Modalitäten der Datenerfassung nicht zu finden seien: „Wenn Sie uns diese Akten vorenthalten, ist das skandalös.“ Von Seiten der Bundesregierung hieß es dazu, es sei unklar, ob ein solches zentrales Verzeichnis überhaupt existiere. Es lasse sich aber rekonstruieren.

Wie der Zeuge weiter berichte, liefert die NSA nur in Ausnahmefällen Begründungen, warum sie in der Abhöranlage in Bad Aibling Selektoren zu bestimmten Zielen oder Personen einsteuert. Der BND habe aber auch keine Möglichkeit, die Plausibilität solcher Begründungen zu prüfen: „Wir gehen doch nicht hin und rufen die Probanden an, ob sie diejenigen sind, die uns von den Amerikanern mitgeteilt wurden.“ (wid/15.01.2016) 

Liste der geladenen Zeugen
  • H. K., Referatsleiter beim Bundesnachrichtendienst
  • Ernst Uhrlau, ehemaliger Präsident des Bundesnachrichtendienstes



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