Warnungen vor neuer Finanz- und Bankenkrise
Koalition und Opposition haben vor zunehmenden Risiken an den Finanzmärkten gewarnt. Ins Visier gerät dabei auch das größte deutsche Kreditinstitut, die Deutsche Bank. In einer Schwerpunktdebatte des Deutschen Bundestages am Donnerstag, 18. Februar 2019, hob der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Dr. Michael Meister (CDU/CSU), die Bemühungen zur Bewältigung der Probleme an den Finanzmärkten hervor: „Es geht darum, dass wir im Nachgang zur Finanzkrise mehr Integrität und Transparenz in die Finanzmärkte bekommen und dass der Anlegerschutz weiter gestärkt wird“.
Laut Meister wurden seit Ausbruch der Krise 40 Maßnahmen verabschiedet. „Dennoch müssen wir uns darüber klar sein, dass wir vor neuen Herausforderung stehen“, sagte Meister, der auf die Allokation von Finanzmitteln vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase und auf die sich auftuenden geopolitischen Risiken hinwies. „All dies kann zu neuen Instabilitäten führen“, warnte Meister.
„Bereits einiges erreicht“
Der Staatssekretär erinnerte daran, dass mit der Verbesserung der Eigenkapitalanforderungen der Banken bereits einiges erreicht worden sei. Außerdem seien Entscheidung und Haftung zusammengebracht worden. Das Risiko müsse bei dem liegen, „der auch die Gewinnchancen wahrnimmt“, sagte Meister.
Mit dem europäischen Abwicklungsmechanismus sei die Verantwortung vom Steuerzahler auf Eigentümer und Gläubiger übergegangen. Er habe „wenig Verständnis“, dass in der jetzigen Situation darüber diskutiert werde, ob diese Regelungen ausgesetzt oder aufgehoben werden sollten. „Ich glaube, jetzt kommt es darauf an, dass wir Kurs halten“, forderte Meister.
SPD: Aktionäre, nicht die Steuerzahler sollen einstehen
Carsten Schneider (SPD) wies darauf hin, dass der Sicherheitsrahmen für die Finanzwirtschaft in Europa noch nicht überall stehe. Er nannte Italien, wo angesichts der dortigen Bankenprobleme diskutiert worden sei, von der Haftung der Aktionäre und Gläubiger abzusehen. „Die Sozialdemokraten tragen eine solche Veränderung nicht mit“, stellte Schneider fest. Für Verluste hätten die Aktionäre und nicht die Steuerzahler einzustehen. Die starken Kursschwankungen gerade auch bei Bankaktien zeigten, dass man sich in einer „extrem kritischen Situation“ befinde.
Was man bei der Deutschen Bank erlebe, sei die Konsequenz für eine „jahrzehntelange extrem expansive, risikoreiche und auch unlautere Geschäftspolitik“. Es könne auch anders gehen, sagte Schneider mit Blick auf die Commerzbank. Dort habe der Staat als Anteilseigner durchgesetzt, dass sich das Institut aus dem „globalen Spekulationskapitalismus“ zurückzieht und zum ganz normalen „Brot-und-Butter-Mittelstandsgeschäft“ zurückehrt.
Schneider sagte, die SPD erwarte vom Bundesfinanzminister, dass - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – ein scharfes Trennbankensystem eingeführt werde, um das extrem risikoreiche Spekulationsgeschäft vom Einlagengeschäft zu trennen. Außerdem forderte er, endlich die Finanztransaktionssteuer einzuführen. Bedingung für die Zustimmung zum Europäischen Rettungsfonds sei gewesen, dass diejenigen, die spekulieren würden, über die Finanztransaktionssteuer an den Kosten der Krise beteiligt würden.
Grüne: Recht und Ordnung etablieren
Auch Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) sprach die Probleme zunächst grundsätzlich an. Mit den Manipulationen der Marktpreise bei Zinsen, Devisen und Gold im Billionen-Umfang stelle sich die Frage: „Wie kriegen wir endlich wieder Recht und Ordnung am Finanzmarkt etabliert?“ Die Skandale seien im Ausland aufgedeckt worden. Die Deutsche Bank habe 12,7 Milliarden Euro Strafzahlungen und Milliarden-Rückstellungen für weitere Strafen gebildet. Das werde „leider auch ein Problem für Deutschland insgesamt“.
Schick sagte, Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) hätte sich nicht zu einzelnen Instituten äußern dürfen. Schäuble habe die Rechts- und Fachaufsicht über die Aufsichtsbehörde. Der Minister hatte erklärt, der Kursabsturz der Deutschen Bank mache ihm keine Sorgen. Auch mit seinem Satz zur Finanzkrise, man habe das Schlimmste hinter sich, habe Schäuble gezeigt, „dass er das Wesen dieser Krise leider nicht verstanden hat“.
Die Fehlentwicklungen seien seit 2007, dem Beginn der Krise, unverändert weitergegangen. Die Staatsschulden der westlichen Industriestaaten seien von 269 auf 286 Prozent gestiegen. „Solange das so ist, dass der Finanzmarkt schneller wächst als die Realwirtschaft, werden wir keine Stabilität bekommen“, warnte Schick.
Linke fordert wirksamen Finanz-TÜV
Der Linksfraktion gingen die Maßnahmen der Regierung, die den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (18/7482) eingebracht hatte, nicht weit genug. „Sie drehen an einer Reihe von Schrauben, aber ich muss leider feststellen, die Schrauben sind einfach noch zu locker“, erklärte Susanna Karawanskij (Die Linke). Wirklich stabiler Halt auf Finanzmärkten und im Verbraucherschutz werde dabei nicht geschaffen. Es werde weiterhin Anlagepleiten geben, die besonders Kleinanleger treffen würden. Die Anbieter würden darauf spekulieren, dass sich die Anleger nicht wehren könnten.
Das Problem bestehe doch darin dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erst eingreife, wenn ein Papier schon auf dem Markt sei. Stattdessen müsse es zu einer vorgelagerten Zulassungsprüfung für Finanzinstrumente kommen. Der Emittent müsste dann beweisen, dass ein Finanzinstrument gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich unbedenklich sei. Gebraucht werde ein „wirksamer Finanz-TÜV und kein halbherziges Herumdoktern an den Informationsblättern“.
Finanzmärkte sollen stabiler und transparenter werden
Mit dem vom Bundestag an die Ausschüsse überwiesenen Entwurf soll laut Meister ein Betrag dazu geleistet werden, „dass unsere Finanzmärkte noch stabiler und noch transparenter für die Teilnehmer werden“. Schneider sagte, die Neuregelung solle mehr Schutz für Kleinanleger mit sich bringen, indem der Marktmissbrauch von großen Handelsplattformen und Manipulationsmöglichkeiten durch Insider verhindert werden.
Auch Matthias Hauer (CDU/CSU) sagte, der Bundestag habe viel zur Stabilisierung der Märkte getan. Jetzt werde gegen Marktmissbrauch wie zum Beispiel beim Libor-Zinssatz vorgegangen. Umgesetzt werden sollen mit dem Entwurf europäische Neuregelungen auf zahlreichen Gebieten des Kapitalmarktrechts. Dazu gehören unter anderem die Anpassung von Regulierungsvorschriften und die Verbesserung der Überwachung von Marktmissbrauch, die Stärkung von Befugnissen und Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowie verschärfte Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation.
Daneben sollen im Nachgang der Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz die aufsichtsrechtlichen Befugnisse ergänzt beziehungsweise die gesetzlichen Anforderungen angepasst werden. So soll unter anderem die bestehende Produktinterventionsmöglichkeit der BaFin um eine Befugnis zum Erlass von Auskunfts- und Vorlageersuchen ergänzt werden, damit geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für solche Interventionsmaßnahmen vorliegen. (hle/18.02.2016)