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Parlament

Axel E. Fischer: Ein klares Signal an die Türkei setzen

Axel E. Fischer (CDU/CSU) in seinem Büro

Axel E. Fischer (CDU/CSU) leitet die Delegation des Bundestages. (DBT/Urban)

Ein „klares Signal“ an die Adresse der Türkei will die Parlamentarische Versammlung des Europarats bei ihrer Sommersitzung vom 20. bis 24. Juni 2016 in Straßburg setzen, so Axel E. Fischer. Der CDU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land appelliert an Ankara, den Verpflichtungen gegenüber dem Staatenbund nachzukommen und demokratisch-rechtsstaatliche Standards zu wahren. Als „besonders problematisch“ kritisiert der Leiter der Bundestagsdelegation im Interview die Schwächung des Rechtsstaats, die Eingriffe in die Meinungsfreiheit und die Aufhebung der Immunität vieler Oppositionsabgeordneter. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats setzt sich aus 318 Abgeordneten aus 47 Mitgliedstaaten zusammen. Die deutsche Delegation besteht aus 18 Bundestagsabgeordneten. Das Interview im Wortlaut:

Herr Fischer, die Abgeordneten wollen über eine Resolution mit harter Kritik an der Türkei entscheiden. Welche Missstände sind dem Europaratsparlament ein Dorn im Auge?

Dieser Bericht über die demokratische Entwicklung der Türkei spricht eine deutliche Sprache. Für viele Abgeordnete in unserer Versammlung bewegt sich das Land in die falsche Richtung. Hier soll ein klares Signal gesetzt werden. Besonders problematisch sind die Schwächung der Rechtsstaatlichkeit, die Eingriffe in die Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Aufhebung der Immunität vieler oppositioneller Abgeordneter. Mit großer Sorge betrachten wir zudem den Zusammenbruch des Friedensprozesses mit der PKK und die dramatische Eskalation des Konflikts im Südosten des Landes.

Auch das EU-Parlament kritisiert Ankara und will die Visafreiheit für Türken erst einführen, wenn die Antiterrorgesetze geändert werden. Allerdings gibt es bislang keine Fortschritte. Können die Europaratsabgeordneten demokratisch-rechtsstaatliche Standards durchsetzen?

Die Türkei hat sich wie die anderen Länder des Europarats freiwillig dessen Regeln unterworfen. Diese sehen auch vor, dass die Einhaltung dieser Zusagen regelmäßig kontrolliert wird. Über die Ergebnisse dieser Prüfung debattieren wir in Straßburg. Eigentlich sollte allein der politische Druck, der durch die Diskussion der Kritikpunkte entsteht, Veränderungen bewirken. Allerdings stehen der Versammlung im Bedarfsfall weitere Druckmittel zur Verfügung, etwa die Verhängung von Sanktionen.

Welche Rolle spielen die türkischen Mitglieder des Europaratsparlaments? Agieren sie in Straßburg als Lobbyisten ihrer Regierung oder engagieren sie sich zu Hause für die Politik des Europarats?

Die Türkei hat angesichts ihrer Bevölkerungsentwicklung kürzlich die Zahl ihrer Delegierten in der Versammlung von zwölf auf 18 erhöhen können. Die Zustimmung zu diesem Schritt war verbunden mit der Erwartung, dass die türkischen Abgeordneten ihre erweiterten Mitwirkungsmöglichkeiten im Sinne der Grundsätze des Europarats nutzen. Die aktuelle Lage macht es aber für die Abgeordneten nicht einfach, ihre Regierung und Staatspräsident Erdoğan zu kritisieren.

Das Europaratsparlament will prüfen, wie es um die Immunität in den 47 Mitgliedstaaten steht. Ein Resolutionsentwurf ruft die einzelnen Länder zudem auf, die den Abgeordneten der Straßburger Versammlung zustehende Immunität zu achten. Ungehört verhallt waren freilich Appelle an Russland, wegen dieser Immunität die ukrainische Pilotin Nadeschda Sawtschenko freizulassen, die dem Europaratsparlament angehört.

Bei Sawtschenkos Freilassung spielten neben den Vereinbarungen von Minsk über den Umgang mit Gefangenen in der Ostukraine und einem Gefangenenaustausch zwischen Moskau und Kiew der politische Druck des Europarats und die Immunität, die der Pilotin als ukrainischer Delegierter in Straßburg zusteht, durchaus eine Rolle. Ich freue mich über die voraussichtliche Teilnahme von Frau Sawtschenko an der Sommersitzung der Parlamentarischen Versammlung in Straßburg.

Haben die Abgeordneten jenseits von Appellen keine Möglichkeiten, die Europaratsnationen zu zwingen, die Immunität der Straßburger Parlamentarier zu respektieren?

Die Mitarbeit im Europarat und in unserer Versammlung beruht auf der Anerkennung der freiwillig eingegangenen Verpflichtungen, wozu auch die Achtung der Immunität gehört. Sind Verfehlungen massiv und entsteht der Eindruck, dass Dialogangebote nicht angenommen werden, so können wir Sanktionen verhängen. Wir haben die im April 2014 gegen die russische Delegation wegen der Annektierung der Krim ausgesprochenen Sanktionen 2015 verlängert. Dieser Schritt war auch verbunden mit der Forderung nach Freilassung der unter dem Schutz der Immunität des Europarats stehenden Pilotin Sawtschenko.

Ist eine Änderung des Straßburger Immunitätsstatus nötig, um den Schutz der Abgeordneten durchzusetzen?

Ich rechne damit, dass vor allem eine Stärkung des parlamentarischen Mandats auf nationaler Ebene gefordert wird, besonders im Blick auf die Rechte der Opposition. Keine Änderungen erwarte ich bei der den Mitgliedern unserer Versammlung zustehenden Immunität, die bereits umfassend ist. Diese Immunität wurde noch nie aufgehoben, bisher gab es nur zwei solche Anträge, die abgewiesen wurden. Der Entschließungsentwurf kritisiert allerdings Einreiseverbote einiger Europaratsstaaten für Angehörige unserer Versammlung als Verletzung der Immunität.

(kos/14.06.2016) 

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