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Parlament

Patzelt kämpft für vietnamesischen Blogger

Eine Gruppe von Menschen steht vor einem schmiedeeisernen Zaun auf einem Platz in Hanoi mit Palmen und einem Gebäude im Hintergrund

Le Thi Minh Ha (links), Ehefrau des in Vietnam inhaftierten Bloggers Nguyen Huu Vinh, und Martin Patzelt (rechts) vor dem Gericht in Hanoi (Büro Patzelt)

Nguyen Huu Vinh ist im Frühjahr zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Martin Patzelt (CDU/CSU) war beim Prozess vor Ort in Vietnam. Er will sich im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ des Bundestages weiter für den vietnamesischen Menschenrechtler einsetzen. Denn Nguyen Huu Vinh habe eigentlich nur das gemacht, was in einem demokratischen Staat zum Grundrecht gehört, sagt Patzelt. Er habe auf etwas aufmerksam gemacht, das aus seiner Sicht falsch läuft.

Mit einem Blog den Staat kritisiert

Unter dem Namen Anh Ba Sàm („Der Quatscher“) habe er in seinem Blog den Staat kritisiert. Nguyen war früher Offizier der Staatssicherheit Vietnams. Mit dem Vorgehen des Staates war er aber nicht einverstanden. „Aus den Erfahrungen in dem System hat er seine Sichtweise mitgeteilt“, sagt Patzelt. Dabei sei Nguyen auch angefeindet, als Doppelagent bezeichnet worden. Aber viele Bürgerrechtler stünden zu ihm, was ihm hohe Glaubwürdigkeit verleihe.

Insgesamt äußerte der Menschenrechtler aber in den Augen des Staatsapparats zu viel Kritik. 2014 wurden Nguyen und eine Mitarbeiterin festgenommen, wegen 24 Artikeln in zwei angeblich illegalen Blogs. Der bekannte Blogger erhielt schnell internationale Unterstützung, unter anderem wurde er in das Programm des Deutschen Bundestages „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ aufgenommen. Patzelt wurde angesprochen, ob er die Patenschaft übernehmen wolle. „Ich bin zuständiger Berichterstatter für Südostasien für meine Partei im Menschenrechtsausschuss. Ich dachte, das passt dann gut“, sagt Patzelt.

„Froh, wenn ich konkret etwas tun kann“

„Eine hohe Motivation war für mich, dass ich im Menschenrechtsausschuss das Elend der ganzen Welt ständig vorgeführt bekomme.“ Das sei doppelt belastend, wenn er das Gefühl habe, nichts dagegen zu tun. „Ich bin froh, wenn ich an dieser oder jener Stelle konkret etwas tun kann.“ Privat hat er zum Beispiel zwei Asylbewerber aus Eritrea bei sich aufgenommen, ihnen und anderen Flüchtlingen Praktika in Unternehmen in seinem Wahlkreis vermittelt. Beruflich setzt er sich nun für Nguyen Huu Vinh ein.

Als er von dem Fall erfuhr, hat er sich zunächst mit Nguyens Frau getroffen. „Die Frau war erst mal sehr angetan, dass sie Gehör findet und dass es in einem anderen Land jemanden mit Status gibt, der sich interessiert“, sagt Patzelt. Zu dem Zeitpunkt war die gesetzliche Höchstdauer der Untersuchungshaft schon überschritten. Sechs Anwälte kümmerten sich um den Fall, die Familie habe Kredite aufnehmen müssen, um sie zu bezahlen. „Diese Diktaturen versuchen ja immer, dass es nicht wie ein politischer Prozess aussieht“, sagt Patzelt, der selbst in der DDR aufgewachsen ist. Der Blogger habe sich also in puncto Strafrecht, Prozessrecht, in politischen Fragen und einigem mehr beraten lassen müssen.

Demonstriert in Hanoi

Im März 2016 dann flog Patzelt nach Hanoi, Vietnams Hauptstadt. Eine Antwort, ob er als Beobachter zum Prozess zugelassen würde, habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gehabt – obwohl er schon Monate zuvor bei der Regierung angefragt hatte. Die Absage kam erst, als er schon in Hanoi angekommen war. Patzelt beschloss, das Beste aus der Situation zu machen: „Ich bin vor der Tür geblieben. Ich wollte deutlich machen – wenn auch auf eine sehr hilflose Weise –, dass ich den Prozess verfolge.“

Zwei Stunden lang habe er mit vietnamesischen Bürgerrechtlern vor dem Gerichtsgebäude gestanden, demonstriert und internationalen Medien Interviews gegeben. „Das hat schon Wirkung gezeigt, denn die Polizei ließ die Bürgerrechtler gewähren“, sagt Patzelt. Als er selbst zur Mittagspause gegangen sei, seien die Ordnungskräfte dann eingeschritten.

Patzelt kritisiert unfairen Prozess

Der Prozess, soweit er ihn geschildert bekommen habe, sei nicht fair verlaufen. „Die Anwälte konnten nicht alle Argumente vortragen, das Gericht ging auch auf deren Argumente gar nicht ein“, sagt Patzelt. Eine Entlastungszeugin, die einige der vor Gericht verhandelten Texte geschrieben haben will, sei nicht angehört worden. Er habe versucht, mit Vertretern der Staatsanwaltschaft zu sprechen, die aber kein Interesse an einem Treffen gehabt hätten. Dafür habe er sich intensiv mit Bürgerrechtlern des Landes ausgetauscht.

Patzelt will den Fall weiter verfolgen. „Meine Aufgabe ist es jetzt, mit der Frau und den Anwälten in Kontakt zu bleiben und zu fragen, wie ich helfen kann.“ Dabei kann sich Patzelt sowohl ideelle als auch materielle Unterstützung vorstellen. „Vielleicht braucht er mal Medizin“, nennt er ein Beispiel. Außerdem will Patzelt Nguyen Huu Vinh so schnell wie möglich im Gefängnis besuchen. (ske/03.08.2016)

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