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Parlament

Brinkhaus: Gegen aggressive Steuer­gestaltung vorgehen

Ralph Brinkhaus (CDU/CSU)

Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) (DBT/Unger)

Der Finanzexperte Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) spricht sich dafür aus, Lücken im internationalen Steuerrecht zu schließen. „Große internationale Konzerne nutzen Lücken aus, um Steuergestaltung zu betreiben und um den Steuern, die sie eigentlich zahlen müssten, zu entgehen“, sagt der Unionsabgeordnete, der eine Delegation von Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei der Interparlamentarischen Konferenz über Stabilität, wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung in der EU (Interparlamentarische Konferenz über SWKS), die am 17. und 18. Oktober 2016 in Bratislava stattfindet, leiten wird. „Wir haben EU- und weltweit einen großen Konsens, gegen diese Form der aggressiven Steuergestaltung vorzugehen“, so Brinkhaus. Im Interview äußert sich der CDU-Politiker auch zum Einfluss des Brexits auf die Schaffung einer Fiskalunion und zeigt sich skeptisch, ob eine Verlängerung und Aufstockung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) sinnvoll sein könnte. Das Interview im Wortlaut:

Herr Brinkhaus, Sie leiten die deutsche Delegation bei der Interparlamentarische Konferenz über Stabilität, wirtschaftspolitische Koordinierung und Steuerung in der EU, die Mitte Oktober in Bratislava stattfindet. Von der Konferenz im Februar erhofften Sie sich wichtige Impulse für die deutsche Debatte. Haben Sie die seinerzeit erhalten?

Ja, in der Geschäftsordnung der Interparlamentarischen Konferenz über SWKS wurde explizit festgeschrieben, ein Forum für den Meinungs- und Gedankenaustausch zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten zu bilden. Dies ist mir auch sehr wichtig, denn aus den persönlichen Gesprächen nehme ich wichtige Impulse für meine Arbeit in Berlin mit. Das können kleine Hinweise sein, wie bestimmte Sachverhalte in anderen Ländern geregelt sind. Mich interessiert aber auch, wie sich Abgeordnete aus anderen Ländern die Zukunft der EU vorstellen.

Bei der nun anstehenden Tagung soll es unter anderen um die Bekämpfung der Steuervermeidung in der EU gehen. Was genau ist damit gemeint?

Es geht darum, dass die Steuerrechte der Länder in der Welt noch nicht genügend aufeinander abgestimmt sind. Große internationale Konzerne nutzen Lücken aus, um Steuergestaltung zu betreiben und um den Steuern, die sie eigentlich zahlen müssten, zu entgehen. Das ist ein Problem für jedes einzelne Land, das auf diese Steuereinnahmen verzichten muss. Das ist aber auch ein Problem für die kleineren und mittleren Unternehmen in dem jeweiligen Land, die diese Möglichkeit zur Steuergestaltung nicht haben und daher weniger wettbewerbsfähig sind. Wir haben EU- und weltweit einen großen Konsens, gegen diese Form der aggressiven Steuergestaltung vorzugehen. Ein Meilenstein ist die sogenannte BEPS-Initiative der OECD, die von der Europäischen Kommission begleitet und flankiert wird. Über diese Initiative sollen die Lücken im internationalen Steuerrecht geschlossen und Transparenz hergestellt werden. In Bratislava werden wir uns darüber unterhalten, wie es nach der ersten Welle der Regulierung weitergehen könnte.

Thematisiert wird auch, ob automatische Stabilisatoren ein Baustein für die Schaffung einer EU-Fiskalunion sein können. Was genau ist unter solchen automatischen Stabilisatoren zu verstehen?

Die Wirkung sogenannter automatischer Stabilisatoren ist unabhängig von der Schaffung einer Fiskalunion. Schließlich besteht die Grundidee darin, dass konjunkturelle Schwankungen ohne zeitintensives Eingreifen der Politik zum Beispiel durch ein progressives Steuersystem oder die Sozialversicherung automatisch abgemildert werden. Um die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sanfter zu gestalten, dürfen in Krisensituationen sogar Haushaltsdefizite in Kauf genommen werden, die dann allerdings im Aufschwung – auch zur Vermeidung von konjunkturellen Überhitzungen – wieder abzubauen sind. Diese Idee liegt wiederum den EU-Fiskalregeln zu Grunde.

Einer Fiskalunion hatte sich vor allem Großbritannien verweigert. Die Briten sind nun raus aus der EU. Beschleunigt das den Prozess?

Das Votum der britischen Wähler, die EU verlassen zu wollen, ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Wann mit den Austrittsverhandlungen begonnen wird und wann Großbritannien die EU tatsächlich verlässt, ist bisher unklar. Fest steht für mich allerdings, dass sich alle Seiten um gute Beziehungen bemühen sollten, denn Großbritannien ist und bleibt ein wichtiger Partner in Europa. Gleichzeitig darf es aber auch keine „Rosinenpickerei“ geben, denn dies könnte langfristig fatale Folgen für die weitere Entwicklung der EU haben. Meines Erachtens hat der Brexit jedoch keinen Einfluss auf den Prozess hin zu einer möglichen Fiskalunion. Schließlich sind es bei Weitem nicht nur die Briten, die hier andere Vorstellungen haben. Auch wir haben da deutliche Vorbehalte. Zudem scheint mir eine immer stärkere europäische Integration den Bürgerinnen und Bürgern gegenwärtig nicht vermittelbar zu sein.

Die Stärkung der sozialen Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion war auch beim letzten Treffen ein Thema. Was verstehen die EU-Partner darunter?

Die Berücksichtigung der sozialen Dimension im Bereich der wirtschaftspolitischen Steuerung und Haushaltspolitik in der EU und insbesondere in der Wirtschafts- und Währungsunion gehört mit zu den Themen der Interparlamentarischen Konferenz über SWKS. Bei der letzten Tagung haben wir beispielsweise über die Bedeutung einer Aufnahme von sozialen Indikatoren in die Bewertungsschemata des Europäischen Semesters und damit die Stärkung seiner sozialen Dimension gesprochen. Auch wurden über eine Intensivierung des Dialogs mit Sozialpartnern und deren zeitige Einbindung diskutiert, um mögliche Konsequenzen geplanter wirtschafts- und fiskalpolitischer Schritte frühzeitig erörtern zu können und bereits im Entscheidungsprozess zu berücksichtigen.

Schließlich soll bei der Konferenz auch über gemeinsame Investitionsprogramme gesprochen werden. Der Juncker-Plan von Anfang 2015 sah vor, innerhalb von drei Jahren 315 Milliarden Euro – von denen 21 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt kommen sollten und der Rest von privaten Geldgebern – zu investieren. Wie ist da der aktuelle Stand?

Kernelement der europäischen Investitionsoffensive ist der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI). Mit diesem sollen im Zeitraum von 2015 bis 2017 öffentliche und private Finanzmittel in Höhe von mindestens 315 Milliarden Euro intelligent mobilisiert werden. Bis Mitte September belief sich die Zahl der genehmigten Maßnahmen bereits auf über 300 mit einem Investitionsvolumen von mehr als 40 Prozent der angestrebten Gesamtsumme. Das Gros der Investitionen liegt in den Bereichen Kleinere Unternehmen, Energie sowie Forschung und Innovation. Inwieweit angesichts dieser Entwicklung eine von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verlängerung und Aufstockung sinnvoll sein könnte, müssen wir uns genau anschauen. Ich bin an der Stelle eher skeptisch. Insbesondere stellt sich die Frage, inwieweit Investitionen ohnehin stattgefunden hätten und nun lediglich ein EFSI-Label tragen. Auch könnten EU-Auflagen und die Komplexität innereuropäischer Verfahren größere Investitionshemmnisse darstellen als die Bereitstellung des notwendigen Kapitals.

(hau/12.10.2016)

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