Erreichtes und Defizite in der Rechtspolitik
Das Urteil über die Leistungen der Bundesregierung könnte kaum weiter auseinandergehen als in der Debatte über den Haushalt 2017 des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (Einzelplan 07) am Dienstag, 6. September 2016. Während Redner der Koalitionsfraktionen das Erreichte hervorhoben und auf 80 verabschiedete Gesetze in dieser Legislaturperiode verwiesen, war bei der Opposition vom „Ankündigungsminister“ die Rede.
Minister: Bundesregierung handelt
Der so titulierte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte bei der Einbringung seines Etats auf mehrere Strafverfahren an deutschen Gerichten verwiesen, die derzeit aufgrund neuer Gesetze gegen islamistische Straftäter liefen. Dies zeige: „Die Bundesregierung handelt nicht immer erst, wenn etwas passiert ist.“
Um schwere Kriminalität weiter effektiv bekämpfen zu können, wolle die Regierung mit dem vorgelegten Etatentwurf das Personal beim Generalbundesanwalt „weiter maßvoll aufstocken“. Er sei froh, dass auch viele Länder mehr Stellen für Staatsanwälte und Richter schaffen, fügte Maas an.
Rehabilitation und Entschädigung Homosexueller
In seinem zweiten Aufgabenfeld, dem Verbraucherschutz, zählte Maas eine Reihe erfolgter Neuerungen auf, darunter die Entlastung von Mietern von Maklerkosten und die Mietpreisbremse. Er zeigte sich offen für Verschärfungen wie die Verpflichtung von Vermietern, die vom Vormieter verlangte Miete auch ungefragt offenzulegen.
Für den Oktober kündigte Maas einen Gesetzentwurf an, mit dem nach dem alten Paragraf 175 verurteilte Homosexuelle rehabilitiert und entschädigt werden sollen. Dies zu tun sei „rechtsstaatliche Pflicht“.
Linke: Ankündigungsminister Maas
Harald Petzold (Die Linke) begrüßte dies im Grundsatz, kritisierte aber, dass Maas sein Versprechen, jede Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung abzuschaffen, nicht einhalte. Der „Ankündigungsminister“ erwecke nach außen immer den Eindruck als Macher. Was aber dann beschlossen werde, bringe den Menschen meistens „gar nichts“.
Als Beispiel nannte Petzold den angekündigten Scheinvater-Regress, mit dem sogenannte Kuckucksväter die Unterhaltskosten für zwei Jahre zurückfordern können, wenn sich herausstellt, dass ihr vermeintliches Kind biologisch von einem Anderen abstammt. Die dabei vorgesehene Auskunftspflicht der Mutter über ihre Sexualpartner in dem fraglichen Zeitraum nannte Petzold grundgesetzwidrig. Hier solle „mit unwürdigen Methoden in der Privatsphäre von Menschen herumgeschnüffelt“ werden.
CDU/CSU: Wehrhafte Demokratie durchsetzen
Für die CDU/CSU nannte es Dr. Stephan Harbarth die zentrale rechtspolitische Herausforderung, die „wehrhafte Demokratie“ im Kampf gegen den Islamismus „mit aller Konsequenz durchzusetzen“. Die Koalition habe im Kernbereich der inneren Sicherheit mehr als ein Dutzend Gesetze verabschiedet. Diese seien von der Opposition immer abgelehnt worden.
Auf einigen Feldern registrierte Harbarth noch Handlungsbedarf. So seien Polizisten und andere Einsatzkräfte in wachsendem Maße Gewalt ausgesetzt. Harbarth forderte härtere Strafen und appellierte an den Koalitionspartner, dies mitzutragen. Ebenso drängte er auf eine schnelle Regelung beim Problem der Kinderehen.
Grüne: Rechtspolitik fehlt roter Faden
Eine Diskrepanz zwischen der Öffentlichkeitsarbeit von Justizminister Maas und seinen Erfolgen stellte Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) fest. So sei auf seine Initiative gegen Hass-Postings auf Facebook in der Praxis nicht viel gefolgt.
Mit der Mietpreisbremse habe Maas ein untaugliches Gesetz vorgelegt und Warnungen der Opposition vor Fehlern zurückgewiesen. Jetzt, weil in Berlin Wahlkampf sei, kündige er Änderungen an. „Mir fehlt bei Ihnen der rechtspolitische rote Faden“, kritisierte Künast.
SPD: Rekordverdächtige Deckungsquote
Mit einem Etatentwurf, der gegenüber dem Vorjahr eine Kürzung um 1,4 Prozent auf 735,24 Millionen Euro vorsieht, leistet das Justizressort nach den Worten von Minister Maas einen „Beitrag zur Haushaltskonsolidierung“.
Den Ausgaben stehen geplante Einnahmen von 541,62 Millionen Euro entgegen, ein Plus von 14,3 Millionen Euro gegenüber diesem Jahr. Dies bedeute, hob Dennis Rohde (SPD) in der Haushaltsdebatte hervor, eine rekordverdächtige Deckungsquote von 74 Prozent.
Überschüsse bei nachgeordneten Behörden
Allein 386,5 Millionen Euro Einnahmen sind beim Deutschen Patent- und Markenamtes in München eingeplant, vor allem aus Gebühren auf gewerbliche Schutzrechte. Damit sind die Einnahmen dieser nachgeordneten Behörde höher als deren Ausgaben, die mit 204,01 Millionen Euro veranschlagt werden.
Auch das Bundesamt für Justiz in Bonn soll mit 105,29 Millionen Euro mehr erwirtschaften als es kostet (55,84 Millionen Euro). Hier stammen die Einnahmen im Wesentlichen aus verhängten Ordnungsgeldern bei Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften und aus Gebühren für das Erteilen von Führungszeugnissen. (pst/06.09.2016)