Der Bundestag hat am Donnerstag, 1. Dezember 2016, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustrechnung bei Körperschaften (18/9986, 18/10348, 18/10444 Nr. 1.7) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (18/10495) bei Enthaltung der Linken angenommen. Dazu liegt auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (18/10504) vor.
Bedingungen für die Weiternutzung
Mit dem Gesetzentwurf wird die steuerliche Verlustverrechnung bei Unternehmen auf eine neue Grundlage gestellt. Die geltende Vorschrift zum Verlustabzug bei Körperschaften (Paragraf 8c des Körperschaftsteuergesetzes) regelt, dass nicht genutzte Verluste wegfallen, wenn Anteilserwerbe an einer Körperschaft in bestimmter Höhe stattfinden.
Künftig sollen Unternehmen, die für die Unternehmensfinanzierung auf die Neuaufnahme oder den Wechsel von Anteilseignern angewiesen sind, die nicht genutzten Verluste weiter nutzen können, sofern sie denselben Geschäftsbetrieb nach dem Anteilseignerwechsel fortführen. Dafür müssen die Unternehmen aber bestimmte Bedingungen erfüllen.
Dass jungen und innovativen Unternehmen, die derzeit in allen urbanen Zentren und besonders in Berlin wie Pilze aus dem Boden sprießen, geholfen werden muss, darin waren sich alle Fraktionen in der Debatte einig. Denn wenn spektakuläre Ideen von sogenannten Start-ups zu Produkten oder Apps für das Handy entwickelt werden, können aus kleinen Firmen große Unternehmen werden, die Arbeitsplätze bieten, Gewinne machen und Steuern zahlen. Junge Unternehmen sollen aufgelaufene Verluste steuerlich besser nutzen können als bisher.
CDU/CSU: Gute Nachricht für den Unternehmensstandort
„Hier liegt ein gutes Gesetz vor, auf das viele von uns schon lange gewartet haben“, freute sich Philipp Murmann (CDU/CSU) und sprach von einer „guten Nachricht für den Unternehmensstandort Deutschland“. Ziel sei die Stärkung junger und innovativer Unternehmen durch die Möglichkeit, neue Investoren aufzunehmen, ohne dadurch die aufgelaufenen Verluste des Unternehmens zu verlieren. Es gehe um Verluste, die in der Frühphase angefallen seien und später mit Gewinnen verrechnet werden sollen.
Dadurch könne Eigenkapital gebildet werden, erläuterte Murmann. Gestaltungsmöglichkeiten zur Nutzung von Altverlusten, die mit dem eigentlichen Geschäftsbetrieb nichts zu tun haben, wolle man ausschließen. Ein gewisses Risiko sei die EU-Konformität, aber das Risiko sei vertretbar, denn auch die EU-Kommission wolle auch junge Wachstumsunternehmen stärken.
Linke: Gestaltungsanfälliges Gesetz
„Dass junge, kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Gründungsphase gefördert werden sollen, klingt erst mal sehr nett“, erklärte Richard Pitterle (Die Linke). Er habe zunächst angenommen, dass der Großen Koalition ein vernünftiges Gesetz gelungen sei. Aber tatsächlich habe das Gesetz enorme Schwachstellen. Es sei gestaltungsanfällig.
„Es eröffnet Spielraum für gezieltes Investieren findiger Spekulanten, die Unternehmensverluste nur für steuerliche Vorteile nutzen wollen.“ Außerdem werde es zu erheblichen Steuermindereinnahmen kommen. Start-ups würden auch gar nicht profitieren, da nur die wenigsten dieser Firmen die Vorschrift erfüllen würden, drei Jahre lang denselben Geschäftsbetrieb zu haben. Gerade in der Gründungszeit gebe es oft Anpassungsbedarf und Umstrukturierungen.
SPD: Steuermindereinnahmen sind beabsichtigt
Lothar Binding (SPD) gab zu, dass es sich um ein kompliziertes Gesetz handele. Gestaltungsanfällig sei die Regelung wie jedes andere Gesetz auch. Die Steuermindereinnahmen seien beabsichtigt: „Denn wenn ich jemandem helfen will, kann es sein, dass die Hilfe was kostet.“
Wenn die Unternehmen erfolgreich seien, würden sie aber auch Steuern bezahlen. Die Förderung von Start-ups sei notwendig. In den USA würden 60 Milliarden in die kleinen innovativen Unternehmen fließen, in Deutschland seien es bisher nur 1,3 Milliarden. „Das ist zu wenig“, so Binding.
Grüne: Unternehmen benötigen Rechtssicherheit
Innovative Unternehmen würden erst investieren und wollten dann diese Gelder mit Gewinnen verrechnen. „Dieses Ziel wird uns absolut unterstützt“, sagte Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen). Ohne innovative Unternehmen könnten eine ökologische Wende der Wirtschaft, die Energiewende und die Verkehrswende nicht gelingen. Dennoch könne seine Fraktion nicht zustimmen. Es gebe Probleme mit den Beihilferegeln der EU. Die Unternehmen würden aber Rechtssicherheit benötigen.
Wie vorher schon Pitterle sprach auch Dr. Gambke die Probleme bei einer Veränderung des Geschäftsbetriebs an. Innovative Unternehmen müssten einen größeren Bewegungsspielraum haben als er jetzt im Gesetz stehe. Es wäre besser gewesen, erst eine steuerliche Forschungsförderung einzuführen und die Verlustverrechnung in Ruhe in der nächsten Legislaturperiode zu regeln. (hle/sas/01.12.2016)