Bundestag will den Forschungsraum Europa stärken
Angesichts der Sorgen, die Errungenschaften Europas könnten verspielt werden, bietet die europäische Forschungspolitik eine große Chance. Das war der Tenor der Debatte zu „Forschung und Innovation für Europas Zukunft“, die am Freitag, 16. Dezember 2016, im Deutschen Bundestag stattfand. Grundlage war der Antrag der CDU/CSU und SPD (18/10635), der bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen angenommen wurde.
Regierung: Enge Kooperation in der Forschungspolitik
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, Thomas Rachel (CDU), unterstrich, es gebe keinen Bereich, in dem in Europa so eng zusammengearbeitet werde wie in der Forschungspolitik. Antworten in der Forschung seien nur transnational zu erlangen Und gerade weil Europa auf dem System der Vielfalt beruhe, biete es Chancen.
Deutschland sei das erste Land, das eine nationale Strategie für einen europäischen Forschungsraum vorlege. Gleichwohl warb er auch dafür, zusätzlich zu einem europäischen Forschungsrahmen noch stärker als bisher bilaterale Forschung mit anderen Ländern zu vereinbaren.
Linke bedauern hohe Kosten für Universitäten
Ralph Lenkert (Die Linke) lobte viele Ansätze im Antrag von CDU/CSU und SPD. Er nannte dabei unter anderem das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ oder den Einsatz für mehr Chancengleichheit für Frauen in der Wissenschaft sowie die Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Kritik übte er an der Schließung des Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzen in Erfurt und der Medizinischen Bibliothek Köln. Auch bemängelte Lenkert die hohen Kosten, die die Verwertungsgesellschaft Wort für die Universitäten verursache. Die Linke setze sich dafür ein, dass die mit Steuergeldern erworbenen Ergebnisse aus Lehre und Forschung für Ausbildung und Lehre kostenlos genutzt werden können, unterstrich Lenkert.
SPD: Wir wollen Menschen zusammenbringen
Réne Röspel (SPD) betonte, dass es neben vielen Sorgen um Europa auch viel Hoffnung gebe. Über Dreiviertel der jungen Menschen hätten gegen den „Brexit“ gestimmt. Probleme mit dem Zusammenwachsen Europas habe eher die ältere Bevölkerung. Gerade das Wissenschaftssystem könne Europa näher zusammenbringen.
Die strukturelle Vielfalt Europas sei kein Nachteil, sondern eine große Chance. Röspel sagte: „Wir wollen mit diesem Antrag Menschen zusammenbringen.“ Junge Wissenschaftler sollten mobiler werden, ein paar Monate im Ausland forschen, ausländische Wissenschaftler in Deutschland ihre Erfahrungen sammeln.
Grüne betonen Verantwortung Deutschlands
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sagte zu Beginn seiner Rede über den Beitrag des Linke-Abgeordneten Lenkert: „Nur über nationale Fehler zu lamentieren“ offenbare das ganze „Haltungsproblem“ der Linken zur Europäischen Union. Gehring unterstrich, dass Deutschland als große Forschungsnation in diesen „herausfordernden Zeiten eine immense Verantwortung hat“.
Gerade angesichts des wachsenden Populismus und der zunehmenden Wissenschaftsfeindlichkeit müsse man erst recht für ein besseres Europa kämpfen. Europa brauche Ideenreichtum und die Kreativität aller Bürger. Gerade in der Forschungs- und Innovationspolitik wäre eine Rückkehr zu nationalen Egoismen und Kleinstaaterei verheerend. „Wir brauchen wissenschaftsbasierte und zukunftsweisende Lösungen für die großen globalen Herausforderungen unserer Zeit“, so der Bundestagsabgeordnete.
Gehring monierte, dass in Deutschland noch immer zu wenig für Forschung und Entwicklung ausgegeben werde, auch wenn gerade endlich die Quote von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht worden sei. Ferner bemängelte er, dass in dem Antrag der Großen Koalition die Menschen nicht in den Mittelpunkt gestellt worden seien. Nur sie könnten dank ihrer Kreativität eine Innovationsunion bauen.
CDU/CSU: Richtige Leitplanken setzen
Stefan Kaufmann (CDU/CSU) betonte, dass sich die Koalitionsfraktionen mit dem Antrag sehr frühzeitig an der Diskussion zum nächsten Forschungsrahmenprogramm beteiligen würden. Deutschland leiste seinen Beitrag zu dem wichtigen Vorhaben eines EU-Forschungs- und Innovationsprogramms.
Mit dem Antrag wollten die Koalitionsfraktionen dafür sorgen, dass die richtigen Leitplanken gesetzt werden. Der Antrag sei eine Leitlinie, um eine europäische Roadmap umzusetzen. Nur gemeinsam könne Europa angesichts eines immer härter werdenden Innovationswettbewerbs seine Rolle als Kontinent der Ideen und seine führende Rolle in Wissenschaft und Technologie behaupten.
Forderungen des Bundestages angenommen
Unter anderem fordern die Koalitionsfraktionen in ihrem vom Bundestag beschlossenen Antrag, die Forschung und Entwicklung von Freier und Open-Source-Software gezielt zu unterstützen, um deren Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Vor dem Hintergrund komplexer werdender Vernetzung und sich häufender Sicherheitsvorfälle solle die Regierung sich dafür einsetzen, praxisnahe Forschung und Lehre zur IT-Sicherheit zu stärken.
Ebenso wird gefordert, die nationale und die europäische Roadmap zum Europäischen Forschungsraum umzusetzen und miteinander zu verzahnen. Ausdrücklich unterstützen die Fraktionen die von der Bundesregierung vertretene Position, eine EU-Förderung oder einen europäischen Förderrahmen für Kernkraftwerke entschieden abzulehnen. Unterstützt werden solle jedoch eine Zusammenarbeit bei Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den Bereichen „nukleare Sicherheit“ sowie „Entsorgung und Rückbau“. (rol/16.12.2016)