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Arbeit

Blaue Karte für qualifizierte Zuwanderer beschlossen

Innenminister Hans-Peter Friedrich

(DBT/photothek)

Der Bundestag hat grünes Licht für eine erleichterte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland gegeben. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP verabschiedete das Parlament am Freitag, 27. April 2012, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union (17/8682) in der vom Innenausschuss modifizierten Fassung (17/9436). Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich, während die Fraktion Die Linke gegen die Vorlage votierte.

Blaue Karte EU

Mit dem Gesetz, das noch der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird als neuer Aufenthaltstitel die „Blaue Karte EU“ eingeführt, die Ausländer erhalten sollen, die einen Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation besitzen. Eine weitere Voraussetzung soll sein, dass Bewerber ein Arbeitsverhältnis vorweisen können, mit dem ein Bruttojahresgehalt von derzeit mindestens 44.800 Euro erzielt wird.

Damit wird die bisherige Gehaltsschwelle von derzeit 66.000 Euro deutlich abgesenkt. Für Mangelberufe ist die Gehaltsgrenze nochmals niedriger: Für die Erteilung der Blauen Karte EU an Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte und IT-Fachkräfte soll die Grenze derzeit knapp 35.000 Euro pro Jahr betragen.

Unbefristete Aufenthalt nach drei Jahren möglich

Besteht ein Arbeitsvertrag nach drei Jahren fort, erhalten die Inhaber der Blauen Karte EU eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Soweit bestimmte Deutschkenntnisse nachgewiesen werden, wird die Niederlassungserlaubnis bereits nach zwei Jahren erteilt.

Ferner wird es einen auf sechs Monate befristeten neuen Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzplatzsuche für Ausländer geben, die einen Hochschulabschluss haben und eigenständig ihren Lebensunterhalt sichern können. Darüber hinaus werden die Anforderungen zur Erteilung von Aufenthaltstiteln an Unternehmensgründer abgesenkt.

Erleichterungen für Absolventen deutscher Hochschulen

Zudem soll es ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen erleichtert werden, nach ihrem Studienabschluss eine Beschäftigung aufzunehmen. Dazu wird die Frist für die Suche nach einem angemessenen Arbeitsplatz von zwölf auf 18 Monate erhöht. Auch können sie in dieser Zeit uneingeschränkt jeder Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Umfang der Erwerbstätigkeit neben dem Studium wird von 90 ganzen beziehungsweise 180 halben Tagen im Jahr auf 120 ganze beziehungsweise 240 halbe Tage angehoben.

Keine Mehrheit fanden im Bundestag ein Antrag der SPD-Fraktion (17/9029) für ein Programm, das die Sicherung des Fachkräftebedarfs mit Mitteln des Aufenthaltsrechts unterstützen soll, sowie ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/3862), die Fachkräfteeinwanderung durch ein Punktesystem zu regeln.

Regierung: Bundesrepublik muss attraktiv bleiben

Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) verwies in der Debatte darauf, dass in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl vor allem junger Menschen zurückgehe. Dabei wirke sich der Fachkräftemangel schon heute in einigen Bereichen wachstumshemmend aus, während etwa in Spanien die Jugendarbeitslosigkeit bei mehr als 45 Prozent liege und viele Hochschulabsolventen in anderen Ländern nach angemessener Beschäftigung suchten.

Es gehe um die Frage, wie Deutschland die hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräfte gewinne, die es brauche. Dazu müsse man dafür sorgen, dass die Bundesrepublik für diese Menschen attraktiv bleibt und sie hier „entsprechende Bedingungen für ihre Lebensgestaltung vorfinden“.

CDU/CSU: Ausländische Fachkräfte besser bezahlen

Der CDU-Abgeordnete Reinhard Grindel sagte, mit dem Gesetz komme man dem gerade von der Wirtschaft vorgetragenen Wunsch nach, den Zugang ausländischer Fachkräfte zu erleichtern, ohne auf eine notwendige Zuwanderungssteuerung zu verzichten. Beim „Kampf um die klugen Köpfe“ reiche aber eine transparente rechtliche Grundlage allein nicht aus. Vielmehr sei jetzt „die Wirtschaft gefragt, selbst substanzielle Beiträge zu leisten, um Deutschland attraktiver für kluge Köpfe“ aus aller Welt zu machen. Noch immer verließen mehr Fachkräfte die Bundesrepublik als neue herkämen.

Ausländischen Fachkräften müsse eine bessere Bezahlung angeboten werden, und ausländische Studienabsolventen dürften nicht nur „mit Praktika abgespeist werden“, sondern müssten eine „ordentliche Anstellung haben“. Grindel betonte zugleich, dass das Gesetz Lohndumping  verhindere und kein einheimischer Arbeitsloser befürchten müsse, „durch das Blue-Card-Gesetz ins Hintertreffen zu geraten“.

FDP: Wettbewerb um die klügsten Köpfe

Der FDP-Parlamentarier Hartfrid Wolff sagte, mit dem Gesetz verbinde man „wirksame Integration mit der aktiven Steuerung von Zuwanderung“. Die Einstellung hochqualifizierter Ausländer sorge für weitere Investitionen in Arbeitsplätze und sei für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen wichtig. Deutschland brauche qualifizierte Fachkräfte, und diese brauchten klare und einfache Regeln. Diese schaffe man mit dem neuen Gesetz, mit dem man den „Wettbewerb um die klügsten Köpfe“ aufnehme.

Mit den Neuregelungen werde man die Zuwanderung von Hochqualifizierten „entbürokratisieren, beschleunigen und vereinfachen“. Die schwarz-gelbe Koalition habe einen „entscheidenden Kurswechsel in der Zuwanderungspolitik“ umgesetzt, fügte Wolff hinzu und warb für eine „neue Kultur des Willkommens“.

SPD: Lebendige Willkommenskultur nötig

Die SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe bescheinigte der Koalition, erkannt zu haben, dass „Fachkräftesicherung auch durch Zuwanderung“ ein immer wichtiger werdendes Thema für die deutsche Volkswirtschaft sei. Dabei seien die Änderungen im Zuwanderungsrecht zum größten Teil begrüßenswert, aber keine Revolution. Wenn das Gesetz Wirkung entfalten solle, brauche man eine „lebendige Willkommenskultur“, die Vielfalt und Einwanderung als Bereicherung begreift.

Kolbe kritisierte zugleich die vorgesehene Mindestgehaltsgrenze für Mangelberufe als europarechtswidrig und „arbeitsmarktpolitisch zu niedrig“. Ein Jahresgehalt von 34.000 Euro bedeute in den betroffenen Branchen auch für Berufseinsteiger Lohndumping.

Linke moniert Berechnung der Gehaltsschwelle

Für Die Linke sagte ihr Parlamentarier Jörn Wunderlich, seine Fraktion sei schon immer für Einwanderungserleichterungen gewesen, die aber nicht wie in der Koalitionsvorlage „ausschließlich nach Nützlichkeitserwägungen der reichen Industrienationen“ erfolgen dürften. Er warnte zugleich, dass ausländische Fachkräfte nicht nach Deutschland kämen, solange es hier ein gesellschaftliches Klima gebe, das „nicht gerade der Migration zuträglich ist“.

Wunderlich kritisierte zudem, dass die EU-Richtlinie mit dem Gesetz mangelhaft umgesetzt werde. „Die Berechnung der Gehaltsschwelle für Fachkräfte unter Einbeziehung von Teilzeit und prekärer Beschäftigung verstößt eindeutig gegen die EU-Vorgaben“, monierte er.

Grüne: Bundesregierung sorgt für Verdunkelung

Der Grünen-Abgeordnete Memet Kilic bemängelte, statt den „Paragrafendschungel“ im Zuwanderungsrecht zu lichten, sorge die Bundesregierung für eine „Verdunkelung“. Die Einwanderungsmöglichkeiten für Hochqualifizierte würden zum Teil sogar verschlechtert. So sollten Spezialisten und leitende Angestellte nur eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis bekommen statt wie bisher ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.

Hochqualifizierte würden sich aber „lieber einen Staat aussuchen, der ihnen einen sicheren Aufenthaltsstatus gibt“. Fatal sei auch, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für Hochqualifizierte von Deutschkenntnissen abhängig zu machen. Der Gesetzentwurf setze das falsche Signal an die Fachkräfte, denen man angeblich attraktive Einwanderungsbedingungen bieten möchte. (sto)

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