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Ausschüsse

Öffentliche Anhörung zum Thema „Rüstungsgüter“

Zeit: Mittwoch, 26. September 2018, 11 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.900

Die Forderung nach einem Verbot oder zumindest einer weiteren gesetzlichen Einschränkung von Rüstungsexporten stößt unter Experten überwiegend auf Vorbehalte. Dies zeigte sich am Mittwoch, 26. September 2018, bei einer Sachverständigenanhörung im Wirtschaftsausschuss unter Vorsitz von Klaus Ernst (Die Linke). Gegenstand der Befragung waren Anträge der Fraktionen der Linken, die ein komplettes gesetzliches „Verbot des Exports von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ verlangen (19/1339), sowie der Grünen, die sich für die Festschreibung restriktiver Standards in einem eigenen „Rüstungsexportkontrollgesetz“ aussprechen (19/1849).

„Verbot rechtlich und politisch ausgeschlossen“

Der Staatsrechtler und frühere Verteidigungsminister Prof. Dr. Rupert Scholz nannte ein Verbot von Waffenausfuhren „rechtlich und politisch ausgeschlossen“. Ein Staat, der auf militärische Verteidigung und eigene Rüstungsproduktion verzichte, sei undenkbar“. Zu bedenken sei überdies der marktwirtschaftliche Aspekt“ des Themas. Hier gehe es um das Recht der betroffenen Unternehmen auf wirtschaftliche Betätigung.

Die Politischen Grundsätze“ der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen seien in jedem Einzelfall flexibel zu interpretieren, sagte Scholz. Daran werde sich auch nichts ändern, wenn sie, wie die Grünen vorschlagen, in einem Gesetz festgeschrieben würden.

„Deutsche Waffen nicht auf zahlreichen Kriegsschauplätzen“

Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik der Universität Kiel, Prof. Dr. Joachim Krause, wies darauf hin, dass keine der Exportgenehmigungen der Bundesregierung in den vergangenen Jahren gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Außenwirtschaftsgesetz oder gegen EU-Kriterien verstoßen habe. Krause widersprach der Annahme, dass deutsche Waffen auf zahlreichen Kriegsschauplätzen dieser Welt eingesetzt würden. Bei genauerem Hinsehen seien dort vor allem russische, chinesische und iranische Rüstungsgüter zu finden.

Krause warnte davor, die Bedeutung der deutschen Rüstungsexporte zu überschätzen. Sie betrügen allenfalls zwei bis vier Prozent des weltweiten Handels, verglichen mit einem deutschen Anteil von neun Prozent an den zivilen Exporten. Die Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri zog Krause im Übrigen in Zweifel.

Die unterschiedliche Transparenz demokratischer und autoritärer Regime sowie die zunehmende transnationale Verflechtung des Rüstungsgeschäfts seien darin zu wenig berücksichtigt. Als „zu unspezifisch“ kritisierte Krause den Begriff der „Krisenregion“ als Ausschlusskriterium für Waffenlieferungen. In jedem Einzelfall seien die konkreten Umstände eines Konflikts zu bedenken.

„Rüstungskooperation in Europa fördern“

Als Vertreterin der Europäischen Kommission betonte Sylvia Kainz-Huber die Notwendigkeit einer „effizienteren und schlagkräftigeren europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“, zu der auch eine „effiziente, wettbewerbsfähige, innovative“ europäische Verteidigungsindustrie gehöre. Der EU sei daran gelegen die Rüstungskooperation in Europa zu fördern.

Sie habe daher 2009 eine Richtlinie für den „Transfer von Verteidigungsgütern“ zwischen den Mitgliedstaaten erlassen und plane für den Zeitraum ab 2021 einen „Europäischen Verteidigungsfonds“ von jährlich 13 Milliarden Euro. Im Sinne dieser Kooperation bedürfe es einer „Öffnung“ der restriktiven deutschen Richtlinien.

„Exportanteil bei durchschnittlich 50 Prozent“

Für die IG Metall wies deren Vorstandsmitglied Jürgen Bühl darauf hin, dass der Exportanteil an der deutschen Rüstungsproduktion bei durchschnittlich 50 Prozent liege. Ein Exportverbot werde Überkapazitäten und damit Arbeitsplatzverluste in entsprechendem Umfang mit sich bringen.

Aus Sicht der Industrie geißelte ein Vertreter des Airbus-Konzerns, Alexander Reinhardt, die restriktive deutsche Praxis als Hindernis grenzüberschreitender Kooperation. So habe sein Unternehmen ein in Spanien gefertigtes Flugzeug nicht ohne aufwendige Modifikationen nach Saudi-Arabien exportieren können, weil in der Ursprungsversion eine Komponente aus Deutschland stammte.

„Verbot von Waffenexporten ins Grundgesetz“

Zuspruch fanden die Initiativen von Linken und Grünen bei der Vertreterin der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, Christine Hoffmann, sowie dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Dr. Arnold Wallraff.

Hoffmann forderte, ein Verbot des Waffenexports explizit im Grundgesetz zu verankern. Wallraff wies darauf hin, dass das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gegen die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Rüstungsunternehmen nicht aufgerechnet werden dürfe.

Linke: Erteilte Exportgenehmigungen widerrufen

Die Linksfraktion fordert ein Exportverbot für Rüstungsgüter. Die Abgeordneten verlangen in ihrem Antrag von der Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf, in dem auch ein Widerruf bereits erteilter Exportgenehmigungen vorgesehen ist.

Während der vergangenen Legislaturperiode seien so viele Rüstungsgüter wie nie zuvor exportiert worden – allen voran in Länder, die direkt in regionale Kriege und Krisen involviert seien, schreiben die Abgeordneten zur Begründung. Der von den Grünen avisierte Antrag trägt den Titel „Endlich ein Rüstungsexportkontrollgesetz vorlegen“.

Grüne fordern Rüstungsexportkontrollgesetz

Die Grünen fordern von der Bundesregierung ein Rüstungsexportkontrollgesetz, das die Entscheidungskriterien der politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern sowohl im Außenwirtschaftsgesetz als auch im Kriegswaffenkontrollgesetz verankert.

Die Umgehung deutscher Rüstungsexportkontrolle durch Produktion im Ausland und technische Unterstützung ausländischer Unternehmen solle beendet und der Genehmigungsvorbehalt für technische Unterstützung in der Außenwirtschaftsverordnung auf sämtliche Rüstungsgüter erstreckt werden. Für den Fall des Verstoßes gegen das Genehmigungserfordernis verlangt die Fraktion, einen Straftatbestand einzuführen. (wid/pez/26.09.2018)


Liste der geladenen Sachverständigen

  • Prof. Dr. Joachim Krause, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Sicherheitspolitik
  • Prof. Dr. Rupert Scholz, Gleiss Lutz Hootz Hirsch PartmbB
  • Alexander Reinhardt, Airbus
  • Sylvia Kainz-Huber, Europäische Kommission
  • Jürgen Bühl, IG Metall, Vorstand
  • Dr. Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.
  • Christine Hoffmann, pax christi – Internationale katholische Friedensbewegung
  • Dr. jur. Arnold Wallraff, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) a.D. sowie Mitglied der Fachgruppe Rüstungsexporte der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE)

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