+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Ausschüsse

Öffentliche Anhörung zum Thema „Energieeinsparrecht Gebäude (Gegenstand ist der Änderungsantrag auf Ausschuss-
drucksache 19(9)651 hinsichtlich der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes) und zur Änderung des EEG“

Fassadendämmung an einem Altbau. Arbeiter dämmt eine Hausfassade.

Das Energieeinsparrecht für Gebäude soll vereinheitlicht werden. (picture alliance / Sven Simon)

Zeit: Montag, 15. Juni 2020, 14 Uhr bis 15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E.400

Einig zeigten sich die Sachverständigen über die Notwendigkeit, erneuerbare Energien in Deutschland auszubauen – unterschiedlicher Meinung aber zeigten sie sich zu den Rollen der Bundesländer und der Kommunen dabei. In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie unter Vorsitz von Klaus Ernst (Die Linke) nahmen am Montag, 15. Juni 2020, eine Expertin und acht Experten Stellung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (19/16716, 19/17037) und zu einem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/17137). Im Fokus standen dabei die geplanten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu Wohnhäusern und das geplante Ende des 52-Gigawatt-Deckels für Solaranlagen.

„Man kann stolz darauf sein, Anfang der Nullerjahre das Tor aufgestoßen zu haben“, bilanzierte Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) den Aufbau einer Solarindustrie in Deutschland. „Früher war dies eine Weltraumtechnologie.“ Fehler seien seitdem gemacht worden, jetzt erhalte man eine zweite Chance. „Nun sollten nicht nur die Klimaziele abgesichert werden, sondern auch eine Stromlücke sollte vermieden werden.“

„Augenmerk auf Speicherung regenerativer Energien richten“

Eine ähnliche Warnung verlautbarte Prof. Dr.-Ing. Harald Schwarz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus Senftenberg (BTU) und forderte mehr Augenmerk auf die Speicherung regenerativer Energien. „Deren gesicherter Anteil ist immer noch gleich Null. Daher dürfen wir nicht nur auf die Erzeugung schauen. Es fehlen uns schlicht 15 Jahre, in denen nichts passierte.“ Um die Speichergrößenordnung zu erreichen, die man brauche, seien 20 Jahre vonnöten. In der Zwischenzeit rechne er mit noch mehr Eingriffen in die Stabilität des Stromnetzes, „denn wir werden mehr fluktuierende Leistung einspeisen“.

Dr. Andreas Kießling von der Bayernwerk AG betonte den gestiegenen Bedarf an Fotovoltaik. „Sie ist eine der kostengünstigsten Energiequellen.“ Eine Herausforderung sei, die Hochspannungsnetze auszubauen. Kießling riet zu einem Blick auf den systemischen Zusammenhang, regional erzeugte Energie auch regional zu nutzen, „anstatt rauf und runter zu spannen“. Dies sei bisher regional schwer herstellbar.

„Amortisationszeit von acht Jahren verkürzen“

Auch Dr. Sebastian Bolay vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) berichtete von einem unternehmerischen Bedarf an grünem Strom. „Unternehmen wollen ihren produzierten Strom selbst verbrauchen.“ Derzeit werde von mittelständischen Unternehmen, die in Solarkraft investierten, mit einer Amortisationszeit von acht Jahren kalkuliert. „Das zu verkürzen, wäre besser.“

Mehr Differenzen zeigten die Sachverständigen bei der Windkraft. Heiko Messerschmidt von der IG Metall Küste verglich die historische Entwicklung der Windbranche mit dem Schiffbau, verwies aber auch darauf, dass zwischen 2016 und 2017 rund 26.000 Arbeitsplätze weggefallen seien. „Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend sich fortgesetzt hat.“ Mittlerweile herrsche die Sorge um den Erhalt der Wertschöpfungskette in Deutschland vor.

„Ausbau mit ökologischen Leitplanken“

Dr. Herbert Barthel vom BUND Naturschutz in Bayern kritisierte hierbei die geplanten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen. „2014 wurde diese in Bayern eingeführt“, sagte er, „damit wurde ihre Privilegierung außer Kraft gesetzt.“ Stattdessen sei der Ausbau zusammengebrochen. Es habe sich keiner mehr getraut zu bauen. „Wir sind für den Ausbau, aber mit ökologischen Leitplanken, also nicht gegen den Artenschutz. Da gibt es Probleme, aber die sind lösbar.“

Auf die Frage, warum die Kommunen wenig Gebrauch von der kommunalen Bauleitplanung machten, antwortete Barthel, die Kommunen stünden zwischen zwei Mühlsteinen. Die Staatsregierung würde nicht unterstützen, und Bürger würden die Abstandsregeln als Verbot und damit Windräder als Gefahr ansehen.

„Pauschale Abstandsregeln nicht geeignet“

Dr. Simone Peter vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kritisierte hierbei pauschale Abstandsregeln als „keine geeigneten Instrumente“. Die Bundesländer sollten möglichst darauf verzichten, solche Abstände einzuführen.

Timm Fuchs von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände dagegen lobte, dass die kommunalen Einwirkungsmöglichkeiten auf Windenergie erhöht würden. „Dies fördert die Akzeptanz für den Ausbau.“ Eine Mitnahme der Länder in die Pflicht sei eine gute Regelung, denn diese seien unterschiedlich besiedelt. „So kann es besser zu individuellen Lösungen kommen.“ Er sehe indes die Länder ebenfalls in der Pflicht, den Bürgermeistern bei geplanten Windinvestionsvorhaben Antworten an die Hand zu geben, damit sie „aktiv mitgestalten können“.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Die Bundesregierung will die Gesetzesregelungen im Gebäudeenergie-Bereich vereinfachen. Dazu will sie das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in einem neuen Gesetz, dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz, GEG), zusammenführen (19/16716). Künftig soll für den Neubau von Gebäuden ein einheitliches Anforderungssystem gelten, in dem Energieeffizienz und erneuerbare Energien integriert sind.

Die ordnungsrechtlichen Vorgaben sollen laut Regierung weiterhin dem Ansatz folgen, den Primärenergiebedarf von Gebäuden gering zu halten, dazu den Energiebedarf eines Gebäudes von vornherein durch einen energetisch hochwertigen baulichen Wärmeschutz – vor allem durch gute Dämmung, gute Fenster und Vermeidung von Wärmebrückenverlusten – zu begrenzen und den verbleibenden Energiebedarf zunehmend durch erneuerbare Energien zu decken. Durch einen hochwertigen baulichen Wärmeschutz werde sichergestellt, dass auch erneuerbare Energien so effizient wie möglich genutzt werden.

Neben der Entbürokratisierung setze man so auch die europäischen Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden um und integriere die Regelung des Niedrigstenergiegebäudes in das vereinheitlichte Energieeinsparrecht, heißt es in dem Entwurf weiter. „Die aktuellen energetischen Anforderungen für den Neubau und den Gebäudebestand gelten fort.“

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung

Der Bundesrat regt in seiner Stellungnahme zahlreiche detaillierte Änderungen am Gesetzestext an. Auf Kritikpunkte der Länderkammer geht die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (19/17037) ein.

So nimmt sie Bezug auf die Änderungswünsche, bei denen es auch um Vereinfachungen für die Praxis im Hinblick auf den Umgang mit Normen geht.

Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD

Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf sieht vor, dass die Länder die Möglichkeit erhalten sollen, per Landesgesetz Mindestabstände von höchstens tausend Metern zu dort näher bezeichneter Wohnbebauung vorzusehen, um die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu erhöhen. Dabei sollen auch unterschiedliche Mindestabstände für unterschiedliche Wohnnutzungen festgelegt werden können. Auch soll klargestellt werden, dass bestehende landesrechtliche Regelungen fortgelten. Landesgesetze sollen geändert werden können, wenn dadurch nicht grundsätzlich höhere Abstände eingeführt werden.

Darüber hinaus will die Koalition den 52-Gigawatt-Ausbaudeckel für Solaranlagen aufheben. Als Folge davon soll es nicht mehr notwendig sein, von Solaranlagenbetreiber die Daten zu erheben, ob eine Förderung entfällt und davon Zahlungen abhängig zu machen. Gegenstandslos würden dadurch auch die Veröffentlichungen der Summenwerte für den Fotovoltaik-Deckel. Dadurch würde sich der bürokratische Aufwand bei den Betreibern und bei der Bundesnetzagentur als registerführender Stelle verringern, heißt es.

Gesetzentwurf der Grünen

Der Gesetzentwurf der Grünen (19/17137) zielt darauf ab, den sogenannten „Soldardeckel“ zu streichen. Um den „absehbaren Markteinbruch“ bei der Neuinstallation von Fotovoltaik im Segment bis 750 Kilowatt-Peak abzuwenden, solle der 52-Gigawatt-Deckel vor dessen Erreichen ersatzlos gestrichen werden, erklären die Abgeordneten. Dies habe zur Folge, dass die bereits geltenden Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes unverändert weiter gelten, heißt es im Gesetzentwurf der Fraktion.

Die Grünen begründen ihren Vorstoß damit, dass die Bundesregierung zwar die Streichung des Deckels angekündigt habe. Jedoch fehle bislang ein entsprechender Gesetzentwurf. Ein mit diesem Entwurf wortgleicher Gesetzentwurf des Bundesrates liege seit November 2019 vor, die Regierungsfraktionen weigerten sich bisher, sich damit im Bundestag zu befassen. (jr/pez/15.06.2020)

Liste der Sachverständigen

  • Thomas Tyczewski, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB (RAe Wolter Hoppenberg)
  • Prof. Dr.-Ing. Harald Schwarz, Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg (BTU)
  • Dr. Andreas Kießling, Bayernwerk AG
  • Heiko Messcherschmidt, IG Metall Küste
  • Carsten Körnig, Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW Solar)
  • Dr. Sebastian Bolay, Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK)
  • Dr. Herbert Barthel, BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN)
  • Dr. Simone Peter, Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
  • Timm Fuchs, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände


Marginalspalte