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Arbeit

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung sowie weitere Anträge

Zeit: Montag, 23. März 2020, 0 Uhr
Ort: Berlin

Gegenstand der Anhörung im schriftlichen Verfahren
19/17740
- Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
19/17753 - Antrag der Fraktion DIE LINKE.
19/16456 - Antrag der Fraktion DIE LINKE.
19/15046 - Antrag der Fraktion DIE LINKE.
19/15047 - Antrag der Fraktion DIE LINKE.
19/17522 - Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den Gesetzentwurf (19/17740) der Koalitionsfraktionen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel („Arbeit-von-morgen“-Gesetz) hält eine Mehrheit von Sachverständigen, trotz grundsätzlicher Zustimmung, für nachbesserungsbedürftig. Das geht aus den eingereichten Stellungnahmen hervor, die die geladenen Sachverständigen für eine Anhörung zu diesem Gesetz und weiteren Anträgen von Linken und Grünen am 23. März 2020 eingereicht hatten. Aufgrund der Beeinträchtigungen des parlamentarischen Betriebs im Zuge der Corona-Pandemie konnte diese Anhörung jedoch nicht wie geplant stattfinden.*

Kern des Gesetzes sind umfangreiche Maßnahmen, um die Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten zu verbessern. So sollen Regelungen des Qualifizierungschancengesetzes weiterentwickelt werden. Unter anderem sollen die Zuschüsse bei Qualifizierungsvereinbarungen der Sozialpartner und bei besonderen Weiterbildungsbedarfen erhöht werden. Für Betriebe, die vor gravierenden betrieblichen Veränderungen stehen, sollen die Zuschüsse um zehn Prozentpunkte erhöht werden, wenn mindestens ein Fünftel der Belegschaft qualifiziert werden muss. Außerdem soll mit dem Gesetz ein Rechtsanspruch auf Förderung des Nachholens eines Berufsabschlusses eingeführt werden. Auch sind Änderungen bei der Ausbildungsförderung geplant. Unter anderem sollen ausbildungsbegleitende Hilfen und das Instrument der Assistierten Ausbildung zusammengeführt werden. Die Ausbildungsförderung während einer betrieblichen Berufsausbildung soll auch für Grenzgänger geöffnet werden. Derzeit geltende Regelungen zur Zahlung einer Weiterbildungsprämie sollen bis Ende des Jahres 2023 verlängert werden. Bestandteil des Gesetzes sind außerdem Änderungen bei den Kurzarbeit-Regelungen.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erkennt in dem Gesetzentwurf zwar „wichtige Ansätze zur Weiterentwicklung der Förderung von Aus- und Weiterbildung“. Diese müssten jedoch „gangbarer“ ausgestaltet werden, um in der Praxis ihre Wirkung auch entfalten zu können, fordert die BDA in ihrer Stellungnahme. Unter anderem solle die Verknüpfung von Weiterbildung und Kurzarbeitergeld flexibilisiert werden. „Die Erfordernisse eines Mindeststundenumfangs einer Weiterbildungsmaßnahme von über 160 Stunden und einer Zulassung der Maßnahme nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) sind realitätsfern und passen nicht zu kurzfristig anzusetzender und nur schlecht planbarer Kurzarbeit“, schreibt die BDA.

Das Gesetz sei in seiner gegenwärtigen Fassung noch nicht geeignet, in der betrieblichen Praxis eine deutliche Steigerung der Weiterbildungsaktivitäten zu bewirken, stellt etwa Gesamtmetall, der Gesamtverband der Arbeitgeber in der Metall und Elektroindustrie, in seiner Stellungnahme fest. Derzeitige Umsetzungshemmnisse für das Qualifizierungschancengesetz würden durch die geplanten Änderungen nicht wesentlich aufgelöst, die Betriebe bräuchten mehr Spielraum für ein flexibleres Agieren, schreibt Gesamtmetall.

Der Wuppertaler Kreis, Bundesverband betrieblicher Weiterbildung, begrüßt zwar im Grunde die Erweiterung der Förderung der betrieblichen Weiterbildung, mahnt in seiner Stellungnahme jedoch an, die Eigenverantwortung der Betriebe und der Beschäftigten in diesem Bereich nicht zu schwächen. Zur Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bei beruflicher Weiterbildung schreibt der Verband: „Die verstärkte Förderung der Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen beim Bezug von Kurzarbeitergeld durch Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge ist folgerichtig und bedeutet keinen Eingriff in die Eigenverantwortung der Unternehmen. Sofern dies finanzierbar ist, ist aus Sicht des Wuppertaler Kreises dagegen nichts einzuwenden.“

Zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Förderung des Nachholens eines Berufsabschlusses schreibt die Bundesagentur für Arbeit: „Die Ausweitung des Personenkreises, der mit Arbeitslosengeld gefördert werden kann, führt zu erheblichem zusätzlichen Umsetzungsaufwand. Der Rechtsanspruch im Sinne einer Pflichtleistung für Kunden des SGB II mit Einschränkung des Vermittlungsvorrangs wird begrüßt.“

Der Sozialwissenschaftler Stefan Sell bemerkt dazu in seiner Stellungnahme: Der Rechtsanspruch sei zwar erstmal zu begrüßen. „Aber auch hier werden erneut Restriktionen eingebaut, die zu einer Verwässerung führen.“ So solle unter anderem Voraussetzung für den Rechtsanspruch sein, dass für das angestrebte Berufsziel neben Neigung und Eignung auch gute Beschäftigungschancen prognostiziert werden, schreibt Sell.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnt, der Rechtsanspruch auf Nachqualifizierung dürfe nicht durch enge Restriktionen eingeschränkt werden und regt unter anderem an, einen monatlichen Qualifizierungsbonus in beiden Rechtskreisen bei der Nachqualifizierung und Umschulung von Arbeitslosen einzuführen. Auch solle der Vermittlungsvorrang geändert werden, um eine nachhaltige Qualifizierung der sofortigen Vermittlung mindestens gleichzustellen.

Der Arbeitssoziologe Gerhard Bosch begrüßt zwar die Zahlung einer Weiterbildungsprämie. „Sie alleine entfaltet allerdings nur geringe Teilnahmeanreize, wenn der Lebensunterhalt weiterhin allein mit der Arbeitslosenunterstützung bestritten werden muss.“ Im SGB II sei ein 1-Euro-Job zusätzlich zum Arbeitslosengeld II erheblich attraktiver, schreibt Bosch. Deshalb sollte ein Weiterbildungsgeld gezahlt werden, das mindestens 200 Euro pro Monat betrage beziehungsweise 15 Prozentpunkte über dem ALG I liege, fordert er.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schreibt in seiner Stellungnahme: „Ob die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Förderung einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung tatsächlich Auswirkungen auf die Rechtsposition der Antragstellenden und auf die Inanspruchnahme der Weiterbildungsförderung hat, bleibt abzuwarten. Die Einschätzung der Eignung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Erfolgswahrscheinlichkeit liegt weiterhin im Ermessen der Vermittlungs- beziehungsweise Integrationsfachkräfte. Dies erscheint aber sachlich auch angemessen.“


*Nach der lagebedingt kurzfristigen Absage der für den 23. März 2020 geplanten Anhörung hat der Ausschuss beschlossen, ausnahmsweise darauf zu verzichten, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, und sich auf schriftliche Stellungnahmen zu beschränken. Die Fraktionen konnten zusätzliche Fragen einreichen, die den Sachverständigen mit der Bitte um Antwort bis zum 20. April 2020 zugeleitet wurden.

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