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Gesundheit

Experten begrüßen im Grund­satz Fort­geltung der epidemischen Lage

Zeit: Montag, 22. Februar 2021, 13.30 Uhr bis 15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E300

Die geplante Neufassung der gesetzlichen Grundlage zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird von Sozial-, Rechts- und Gesundheitsexperten im Grundsatz begrüßt. Vor allem die Regelung, wonach der Bundestag alle drei Monate die epidemische Lage erneut feststellen muss und diese andernfalls als aufgehoben gilt, findet breite Unterstützung, wie am Montag, 22. Februar 2022, eine Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages unter Leitung von Erwin Rüddel (CDU/CSU) über den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD (19/26545) ergab. Die Experten äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD

Der Bundestag hatte am 25. März 2020 nach Paragraf 5 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eine epidemische Lage von nationaler Tragweite und am 18. November 2020 deren Fortbestehen festgestellt. Die an die Feststellung anknüpfenden Regelungen sind bis Ende März 2021 befristet.

Angesichts der dynamischen Infektionslage, auch bedingt durch Mutationen, sei es nötig, die Geltung der gegenwärtigen Regelungen und Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit über den 31. März 2021 hinaus zu verlängern und zugleich für künftige pandemische Lagen die rechtlichen Grundlagen zu erhalten, heißt es in einem Gesetzentwurf.

Der Feststellungsbeschluss und seine Rechtsfolgen

Die zugrunde liegende Norm nach Paragraf 5 Absatz 1 IfSG sowie die Regelungen zu Anordnungen und zum Erlass von Rechtsverordnungen in Paragraf 5 Absatz 2 bis 5 des IfSG sollen dem Entwurf zufolge nicht aufgehoben werden. Die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite soll jedoch als aufgehoben gelten, sofern der Bundestag nicht spätestens drei Monate danach das Fortbestehen feststellt.

Pandemiebedingte Verordnungsermächtigungen und Rechtsverordnungen sollen nur noch an die Feststellung der epidemischen Lage anknüpfen. Festgelegt werden in einem neuen Abschnitt, in Paragraf 20 Absatz 2a des IfSG, die Impfziele. Das Bundesgesundheitsministerium soll eine externe wissenschaftliche Evaluation der gesamten Regelungen zur epidemischen Lage in Auftrag geben.

„Anknüpfungen an den Feststellungsbeschluss überprüfen“

Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg erklärte, es sei zu begrüßen, wenn der Bundestag künftig in regelmäßigen Zeitabständen die epidemische Lage von nationaler Tragweite feststelle. Er riet jedoch dazu, die Konstruktion, wonach durch einen einfachen Feststellungsbeschluss des Parlaments Regelungsbefugnisse der Exekutive ausgelöst würden, zu überprüfen.

Der Feststellungsbeschluss löse nicht nur die verfassungswidrigen Befugnisse des Bundesgesundheitsministeriums in den Paragrafen 5 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4, 7 bis 10 und 5a des IfSG aus, sondern sei auch Voraussetzung für die Anwendung von Paragraf 28a des IfSG, der die rechtlichen Voraussetzungen für den Lockdown normiere, sowie für diverse andere Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass von Rechtsverordnungen. Würde der Feststellungsbeschluss aufgehoben, könnten all diese Rechtsgrundlagen nicht mehr genutzt werden.

Kingreen schlug vor, den Paragrafen 28a konkreter zu fassen und den Erlass der Eindämmungsverordnungen durch normierte Stufenpläne an feste Zielmarken zu knüpfen. Dann wäre die Vorschrift selbstausführend.

„Für die Einreiseverordnung ein Geltungsende festlegen“

Aus Sicht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Professor Ulrich Kelber, ist vor allem problematisch, dass die Geltungsdauer der Coronavirus-Einreiseverordnung unmittelbar an die Feststellung der epidemischen Lage anknüpfen solle. Es sei verfassungsrechtlich bedenklich, wenn verpflichtende untergesetzliche Regelungen an die Feststellung der epidemischen Lage anknüpften und die Feststellung damit automatisch deren Verlängerung zur Folge habe.

Daher müsse für die Einreiseverordnung ein Geltungsende festgelegt werden. Die in der Verordnung festgelegte Anmeldepflicht für Einreisende stelle einen wesentlichen Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen dar.

Ärztekammer begrüßt Festlegung weniger Impfziele

Grundsätzliche Zustimmung zu den Neufassungen kam von der Bundesärztekammer (BÄK), die erneut für gesetzliche Regelungen plädierte, um rechtliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in der Sache richtigen Entscheidung auszuräumen. Grundlegende Entscheidungen müssten im Parlament getroffen werden, Detailfragen könnten der Exekutive überlassen werden.

Daher befürworte die BÄK die gesetzliche Regelung, die sich auf die Festlegung wesentlicher Impfziele und damit der Priorisierungskriterien beschränke und der Bundesregierung und den Ländern den nötigen Spielraum überlasse, die Details festzulegen und an aktuelle Entwicklungen anzupassen.

„Aufgetretene Probleme müssen sichtbar werden“

Auch der Sozialverband Deutschland begrüßte die gesetzliche Verankerung der konkreten Impfziele sowie auch die geplante wissenschaftliche Evaluation der Regelungsgesamtheit zur epidemischen Lage. Die Pandemie verdeutliche die Stärken und die Notwendigkeit des Sozialstaates und seiner Sicherungssysteme.

Bei der Evaluation müssten daher auch Weiterentwicklung, Ausbau und Stabilisierung des Sozialstaates im Zentrum stehen. Es müsse sichtbar werden, was die Menschen in der Krise erlebt hätten und welche Probleme aufgetreten seien.

„Pandemiebekämpfung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte, dass mit dem Entwurf auch die Geltungsdauer der Ermächtigungsgrundlage hinsichtlich des Anspruchs auf Testungen und Impfungen verlängert werde. Daraus ergebe sich die Möglichkeit einer Verlängerung der Verpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung zur Kostenübernahme dieser Leistungen.

Dies sei sachlich falsch und nicht zu rechtfertigen, da es sich um versicherungsfremde Leistungen für alle Bürger handele. Der Gesetzgeber müsse die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle erforderlichen Maßnahmen im Zuge der Pandemiebekämpfung und des Seuchenschutzes als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen und über öffentliche Mittel finanziert würden. (pk/22.02.2021)

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