Robbe übergibt Wehrbeauftragten-Bericht an Lammert
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, hat am Dienstag, 16. März 2010, seinen Jahresbericht für 2009 an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert übergeben. Der Bericht enthält nach den Worten Robbes neue Aspekte, aber auch vieles, was bereits in früheren Jahresberichten ein Thema war. Der Wehrbeauftragte ist Ansprechpartner für die Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr, die sich bei Beschwerden oder Missständen an ihn wenden können.
Robbe nutzte die Übergabe, um dem Bundestagspräsidenten für sein persönliches Engagement für die Bundeswehr zu danken. Der Präsident als „Insider“ werde den Bericht als Aufforderung an das Parlament wahrnehmen, sich ständig um die Anliegen der Bundeswehr zu kümmern. Er werde den Bericht auch noch dem Verteidigungsausschuss übergeben, kündigte Robbe an.
„Bericht wird politisch wahrgenommen“
Lammert bezeichnete den Bericht des Wehrbeauftragten als einen der wenigen Berichte, die „auch politisch wahrgenommen werden“. Darin komme das besondere Interesse zum Ausdruck, das der Bundestag an der Bundeswehr habe.
Der Bundestagspräsident dankte seinerseits dem Wehrbeauftragten. Als diese Institution vor mehr als 50 Jahren geschaffen worden sei, habe sich niemand vorstellen können, dass es Einsatznotwendigkeiten geben könnte „wie sie heute die Regel geworden sind“. Die Rahmenbedingungen für den Einsatz der Bundeswehr hätten sich grundlegend verändert.
„Viel zu spät gehandelt“
Wie aus dem Jahresbericht (17/900) hervorgeht, hat sich die Situation des Sanitätsdienstes in der Bundeswehr dramatisch verschlechtert. Im Zentrum des Berichtes stehen vor allem die Sicherheit und die Gesundheit der Bundeswehrsoldaten, die Probleme bei Material und Personal sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Zahl der Eingaben beim Wehrbeauftragten ist von 5.474 im Jahr 2008 auf 5.779 im Jahr 2009 gestiegen.
Insgesamt dienten in der Bundeswehr im vergangenen Jahr knapp 250.000 Soldatinnen und Soldaten. Im Bereich der Sanität sei die Lage besonders dramatisch. „Ich komme nicht umhin, der Führung der Sanität, insbesondere dem verantwortlichen Inspekteur ein klares Versagen in seinem Verantwortungsbereich vorzuwerfen“, erklärt Robbe am 16. März vor der Bundespressekonferenz. In allen Bereichen „wurde viel zu spät gehandelt“.
„Entwicklungen verschlafen und schöngeredet“
Bei der allgemeinen sanitätsärztlichen Versorgung der Bundeswehrangehörigen, den Bundeswehrkrankenhäusern oder bei der Versorgung der posttraumatisch belasteten Soldatinnen und Soldaten „wurden Entwicklungen verschlafen und offensichtlich bewusst schöngeredet“, bemängelt Robbe. „In der Bundeswehr fehlen 600 Ärzte, viele Krankenschwestern und Sanitäter. Es gebe nicht wenige Experten in der Bundeswehr, die davon sprechen, dass dieser Inspekteur die Sanität vor die Wand gefahren habe“, erklärt der Wehrbeauftragte.
Erhebliche Defizite bestehen Robbe zufolge auch im strukturellen Bereich der Bundeswehr. Durch Verzögerungen in der Produktion fehle es an Hubschraubern und Transportflugzeugen, was zu signifikanten Problemen bei der Personalplanung führe.
„Erhebliche negative Auswirkungen“
„Die Reduzierung von Flugstunden, die auch auf fehlende Haushaltsmittel zurückzuführen sind, führen zu erheblichen negativen Auswirkungen“, schreibt der Wehrbeauftragte. Besonderen Wert legt Robbe in seinem Bericht auch auf die Versorgung der Soldaten, die traumatisiert aus einem Auslandseinsatz zurück kehren. „Die Zahl der an Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) erkrankten Soldaten hat sich seit 2008 fast verdoppelt“. 2009 seien insgesamt 466 Soldatinnen und Soldaten mit der Diagnose behandelt worden, schreibt der Wehrbeauftragte in seinem Bericht. „Allerdings ist die Bundeswehr für die Behandlung traumatisierter Soldaten noch nicht ausreichend gerüstet“, bemängelt Robbe.
Von derzeit 38 besetzbaren Dienstposten für Psychiater seien derzeit nur 22 besetzt; im Afghanistaneinsatz stehe für rund 4.500 Soldaten gerade einmal ein Psychiater zur Verfügung. Robbe bemängelt in seinem Bericht zudem, dass der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht genug Rechnung getragen werde: „Offenbar sehen viele Soldatinnen und Soldaten noch keine spürbaren Erleichterungen.“ Die Eingaben zu diesem Thema stiegen in diesem Berichtsjahr erneut an, schreibt der Wehrbeauftragte. Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie müsse noch viel gemacht werden, forderte Robbe in der Pressekonferenz.