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Europäische Union

„Die errungene Freiheit in friedliche Bahnen lenken“

Doris Barnett (SPD)

Doris Barnett (SPD) (© SPD-Parteivorstand/D. Butzmann/F. Jaenicke/S. Knoll/B.Kraehahn)

Die neue Freiheit in arabischen Ländern in friedliche Bahnen lenken, um so auch neue Chancen für den Friedensprozess zu eröffnen: Diese Hoffnung äußert die Abgeordnete Doris Barnett. Münden die Umwälzungen jedoch in eine radikale Richtung, wäre dies „für die ganze Region und besonders für Israel sehr gefährlich“, fürchtet die SPD-Abgeordnete. Barnett leitet die Bundestagsdelegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OSZE), die am 24. und25. Februar 2011 bei ihrer Wintertagung in Wien auch die Umbrüche in arabischen Staaten diskutieren will. Im Interview äußert sich Doris Barnett zu dem bevorstehenden Parlamentariertreffen:

Bei ihrer Herbsttagung in Palermo hat sich die Parlamentarische Versammlung der OSZE mit dem Problem der Bootsflüchtlinge befasst, die aus Nordafrika über das Mittelmeer nach Südeuropa strömen. Müssen jetzt nicht auch die demokratischen Umwälzungen in den arabischen Anrainerstaaten des Mittelmeers ein Thema für die OSZE-Abgeordneten sein? Diese Region strahlt doch politisch auf Europa aus.

Das ist richtig. Deshalb werden wir uns bei der Wintertagung in Wien selbstverständlich mit der Situation in den arabischen Staaten befassen. Zudem gehe ich davon aus, dass uns die dortigen Umwälzungen auch beim Mediterranen Forum der OSZE-Volksvertreter im Oktober im kroatischen Dubrovnik beschäftigen werden.

Welche Hoffnungen und Befürchtungen verbinden sich aus OSZE-Sicht mit den revolutionären Veränderungen? Sehen Sie im Blick auf Israel Gefahren für den fragilen Friedensprozess im Nahen Osten?

Meine Hoffnungen sind, dass sich in den betreffenden Staaten die tiefgreifenden Umwälzungen tatsächlich mit der Einführung echter demokratischer Strukturen verbinden, dass also jedermann in den Genuss politischer Freiheiten kommt und dass demokratische, faire Wahlen stattfinden können. Von großer Bedeutung wird sein, dass die neu gewonnene Freiheit nicht in eine radikale Richtung mündet. Eine solche Fehlentwicklung wäre für die ganze Region und besonders für Israel sehr gefährlich. Die von der Bevölkerung errungene Freiheit muss in friedliche Bahnen gelenkt werden. Dann wird sich auch eine vernünftige Ausgangsbasis für den schwierigen Friedensprozess im Nahen Osten ergeben.

Inwiefern können und wollen die OSZE und ihre Abgeordneten die Demokratisierung in arabischen Staaten unterstützen? Immerhin hat sich die Organisation das Engagement für Freiheitsrechte auf ihre Fahnen geschrieben.

Die OSZE hat zwar keine „Mittelmeer-Dimension“ wie die EU oder der Europarat. Doch wir sollten uns nicht mit einer Debatte über die Umbrüche in dieser Weltgegend begnügen. Schließlich sind wir daran interessiert, dass sich dort freiheitlich-demokratische Staaten bilden und keine Länder, aus denen die Menschen fliehen. Der OSZE ist es nicht egal, in welche Richtung der Politikwechsel in dieser Region geht. Wir stehen in der Pflicht, Unterstützung anzubieten. So könnte die OSZE etwa beim Aufbau neuer demokratischer Strukturen in Politik und Verwaltung helfen.

Zu den Themen in Wien gehört die Lage beim größten europäischen Sorgenkind in Sachen Demokratie, nämlich in dem von Alexander Lukaschenko autokratisch regierten Weißrussland. Ist es nicht frustrierend, dass bislang alle Bemühungen der OSZE um demokratisch-rechtsstaatliche Fortschritte in diesem Staat nichts gefruchtet haben?

Bei der OSZE braucht man einen langen Atem, um Veränderungen voranzutreiben. Drohungen gegenüber dem Land und dessen internationale Ausgrenzung nutzen den demokratischen Kräften nicht, die in diesem Staat aktiv sind - im Gegenteil. Erfolgversprechend ist für mich nur ein Weg: Wir sollten die politisch Verantwortlichen in Lukaschenkos Regime immer wieder daran erinnern, welche Zusagen für demokratisch-rechtsstaatliche Reformen sie gegenüber der OSZE schon mehrfach gemacht haben. Und wir müssen gegenüber Minsk darauf pochen, dass diese Verpflichtungen innenpolitisch auch umgesetzt werden. Eine solche Politik nennt man das „Bohren dicker Bretter“. Die Bundestagsabgeordnete Uta Zapf, eine Expertin für dieses osteuropäische Land, ist eine Politikerin, die sich in diesem Sinne seit Jahren unermüdlich für Fortschritte engagiert.

Welche Strategie sollte die OSZE aus Sicht der Parlamentarischen Versammlung gegenüber Weißrussland künftig einschlagen?

Jüngst haben wir im Bundestag über entsprechende Anträge der Koalition, der SPD und der Grünen beraten, die im Prinzip alle in die richtige Weisung weisen. Dazu gehört etwa die Forderung nach einer erleichterten Visavergabe an Aktivisten von Nichtregierungsorganisationen, an Studenten und an Journalisten. So wird die Zivilgesellschaft in diesem Staat gestärkt. Ich hätte mir gewünscht, dass der Bundestag zuletzt nicht einen Antrag der Koalition mit deren Mehrheit, sondern einen gemeinsamen Beschluss verabschiedet. Dann hätte die Bundestagsdelegation für die Debatte bei der Wiener Tagung einen gewichtigen Vorschlag einbringen können. Auf jeden Fall aber werden die OSZE-Abgeordneten ein starkes Signal Richtung Minsk senden.

(kos)

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