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Soziales

„Diskriminierung von Sinti und Roma entgegentreten“

Es geht um die Gleichstellung von Sinti und Roma

Es geht um die Gleichstellung von Sinti und Roma (dpa - Bildfunk)

Die Bundesregierung soll Roma aus dem Kosovo nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gewähren. Auch soll sich die Bundesregierung gegenüber den Bundesländern für eine Aussetzung der Abschiebungen von Roma aus dem Kosovo einsetzen und die Regierungen anderer EU-Staaten auffordern, ebenso zu verfahren, fordert die Fraktion in einem Antrag (17/5191), über den der Bundestag am Donnerstag, 24. März 2011, erstmals debattierte. Der Vorlage zufolge soll die Regierung zudem das deutsch-kosovarische Rückübernahmeabkommen für Roma aus dem Kosovo aussetzen und sich auf EU-Ebene grundsätzlich gegen Abschiebungen von Sinti und Roma einsetzen.

Grüne: Im Kosovo fehlen Aufnahmekapazitäten

In der Debatte kritisierte die Grünen-Abgeordnete Katrin Göring-Eckardt, die Bundesregierung habe im April 2010 das Rücknahmeabkommen mit dem Kosovo abgeschlossen, obwohl es dort „an allen Ecken und Enden“ an Aufnahme- und Integrationskapazitäten fehle. Es sei „unerträglich“, wenn in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder in ein Land geschickt werden, „in dem sie keine Perspektive haben, keinen anständigen Wohnraum und auch keine echte Chance auf Bildung“.

Wie Vertreter anderer Fraktionen erinnerte Göring-Eckardt daran, dass beim diesjährigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar mit Zoni Weisz erstmalig ein Vertreter der Sinti und Roma vor dem Bundestag gesprochen hatte.

„Sinti und Roma sind Teil Europas“

Sie zitierte Weisz mit dem Appell, den Sinti und Roma die gleichen Rechte und Chancen einzuräumen wie allen anderen Europäern. Man müsse sich klar darüber sein, dass Sinti und Roma Teil Europas und Deutschlands sind. Auch müsse man sich daran erinnern, dass sie in der Geschichte immer wieder Opfer von Diskriminierung und Verfolgung gewesen seien.

Seinen Höhepunkt habe dies in der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten erreicht, der etwa eine halbe Million Sinti und Roma zum Opfer gefallen seien. Daraus erwachse für Deutschland eine besondere historische und moralische Verantwortung. Auch heute seien Sinti und Roma Opfer aggressiver Diskriminierung, fügte Göring-Opfer mit Blick auf aktuelle Vorfälle in Ungarn hinzu. 

CDU/CSU: Problematische, ja prekäre Situation

Die CDU-Parlamentarierin Erika Steinbach sagte,  die Situation der Roma sei immer noch nicht in allen europäischen Ländern befriedigend, sondern „außerordentlich problematisch, ja zum Teil prekär“. Dabei zähle der Schutz von Minderheiten zu den Kriterien, die alle Staaten vor einem EU-Beitritt erfüllen müssten.

In den jüngsten Beitrittsverfahren sei man aber „in der Frage der Roma sehr leichtfertig über gravierende Defizite“ hinweggegangen. So sei bis heute festzustellen, dass es in einzelnen Ländern nicht nur eine „banale Diskriminierung und Benachteiligung“ dieser Volksgruppe gebe. Hier sei in erster Linie die EU gefragt.

„In Deutschland alle Möglichkeiten der Teilhabe“

Sie sei dankbar, dass die ungarische EU-Ratspräsidentschaft das Schicksal der Roma „zu einem zentralen Thema dieses Jahres“ gemacht habe. Steinbach fügte hinzu, dass die rechtmäßig in Deutschland lebenden Sinti und Roma hierzulande „alle Möglichkeiten der Teilhabe“ hätten, die jedoch „leider nicht ausreichend genutzt“ würden.

So bestünden in vielen Familien Vorbehalte gegen den Schulbesuch der Kinder. Notwendig sei, in Gesprächen mit der Volksgruppe dazu zu animieren, „in dieser Gesellschaft auch mitmachen zu wollen“.

SPD: Offene und subtile Diskriminierung

Die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese mahnte, man müsse in Verantwortung vor der Geschichte heute jeder Diskriminierung von Sinti und Roma entgegentreten. Dies dürfe  nicht nur an Gedenktagen geschehen, sondern müsse auch in der alltäglichen Politik erfolgen.

Griese verwies auf die von Weisz genannten Beispiele,  wie heute Sinti und Roma in Rumänien und Bulgarien diskriminiert und in Ungarn von Rechtsextremisten überfallen werden. Auch in Deutschland gebe es „offene und subtile Diskriminierung“. 

„Keine Chance auf Bildung und Arbeit“

Die Abschiebung von Roma aus Deutschland in den Kosovo nannte die SPD-Parlamentarierin „ein besonderes Problem“, weil die Betroffenen „dort häufig diskriminiert werden, keine Gesundheits- und Sozialleistungen bekommen und keine Chance auf Bildung und Arbeit erhalten“.

Griese appellierte in diesem Zusammenhang an die Innenminister der Länder, „in Einzelfallprüfungen die Ermessensspielräume großzügiger auszulegen“.

FDP: Situation durch Ausgrenzung und Isolierung geprägt

Der FDP-Abgeordnete Serkan Tören sagte, die meisten Roma lebten heute in vielen Staaten Mittel- und Osteuropas, in denen die Probleme der betroffenen Menschen am  deutlichsten seien. Dabei gehe es um schlechte Wohnverhältnisse, hohe Arbeitslosigkeit und mangelnde Bildungschancen.

Noch gravierender sei  die soziale Situation, die oft durch Ausgrenzung  und Isolation geprägt sei. Wenn etwa „die Kinder der Roma in gesonderten Klassen getrennt von den anderen  Kindern unterrichtet werden“, sei dies „nicht vereinbar mit den Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaates“.

„Teufelskreis durchbrechen“

Den „Teufelskreis der sozialen Ausgrenzung zu durchbrechen und die Roma besser zu integrieren, ist eine Herausforderung, die viele europäische Staaten noch nicht ausreichend bewältigt haben“, fügte Tören hinzu. Auch in den Gemeinschaften der Sinti und Roma müsse zum Teil ein Umdenken stattfinden.

So sei zwar ein verbesserter Zugang zur Bildung unbedingt notwendig, doch müssten die  Eltern ihre Kinder dann auch zur Schule schicken. Tören kündigte mit Blick auf den Grünen-Antrag zugleich an, dass die Koalition in Kürze einen eigenen Antrag zur Situation der Sinti und Roma einbringen werde.  

Linke: De facto pauschal ausgegrenzt

Für die Linksfraktion sagte ihre Abgeordnete Petra Pau, wenn man über die Gleichstellung von Sinti und Roma in Deutschland und Europa diskutiere, debattiere man  über Bürger- und Menschenrechte. Hier gebe es „eklatante Defizite“.

So seien in Italien und Frankreich Sinti und Roma „isoliert oder des Landes verwiesen“ worden, in der Slowakei, Bulgarien und Rumänien würden sie „teils wie Aussätzige behandelt“. De jure seien sie EU-Bürger, de facto aber würden sie „pauschal ausgegrenzt“.

„Pflicht, auch neuen Anfängen zu wehren“

Mit Blick auf die NS-Vergangenheit fügte Pau hinzu, man habe kein Recht, diese Geschichte zu vergessen, aber „die gemeinsame Pflicht,  auch neuen Anfängen zu wehren“. 

Ausgrenzung beginne oft in der Mitte der Gesellschaft. Sinti und Roma würden „noch immer oder schon wieder diskriminiert - in der Bildung, in der Gesundheit, in der Arbeit, beim Wohnen, sozial, kulturell rechtlich“.

Zugleich kritisierte Pau, dass Deutschland weiterhin hier lebende Sinti und Roma in den Kosovo abschieben wolle. Dies halte ihre Fraktion für „unmoralisch gegenüber der Gesichte und gegenüber den Menschen, die davon betroffen sind“. (sto)

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