„Künstler besonders wichtige Stütze der Erinnerung“
Als eine „fast einzigartige Verbindung von Prosa und Bildern“ hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert die Ausstellung „Ins Wort gesetzt - Zeitgenössische Lyrik zu Fotografien von Robert Häusser“ gelobt. Am Dienstag, 12. April 2011, eröffnete er die Schau von fast 40 Bildern, kombiniert mit Gedichten zeitgenössischer Autoren, die sich dafür von den Fotografien haben inspirieren lassen, die bis zum 26. Juni im Kunstraum des Bundestages zu sehen ist. Zeitgleich wird im angrenzenden Mauer-Mahnmal des Bundestages eine weitere Ausstellung mit Werken Häussers gezeigt- „In memoriam - Die Berliner Mauer“ -, die Lammert ebenfalls eröffnete.
Texte von Wolf Biermann und Ulla Hahn
Häusser, ein 1924 in Stuttgart geborener Fotograf, erlebte sowohl Repressionen während des Nationalsozialismus als auch in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR. 1952 floh er mit seiner Familie nach Westdeutschland und baute in Mannheim ein eigenes Fotostudio auf.
Seine Bilder - immer in Schwarz-Weiß fotografiert - kennzeichnet unter anderem der starke Kontrast zwischen Hell und Dunkel sowie der symmetrische Bildaufbau. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz.
Die Motive der Berliner Mauer sind Teil der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages. „Ins Wort gesetzt“ zeigt Werke, die dem Forum Internationale Photografie der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim gehören. Die Ausstellung wurde dort auch konzipiert. Die Texte sind unter anderem von Wolf Biermann, Ulla Hahn und Peter Rühmkorf verfasst worden.
„Berliner Mauer verschwindet immer mehr aus den Köpfen“
„Künstler sind eine ganz besonders wichtige Stütze der Erinnerung“, sagte Lammert. In diesem Jahr sei der 50. Jahrestag des Baus des „vielleicht monströsesten Bauwerks des 20. Jahrhunderts“, der Berliner Mauer. Diese sei aber schon seit mehr als 20 Jahren aus dem Stadtbild verschwunden. Damit verschwinde sie auch immer mehr aus den Köpfen der Menschen.
„Wie schnell sich epochale Ereignisse im Alltag verlieren, kann man täglich mit tausenden Besuchern in Berlin erleben“, so Lammert. Diejenigen, die zum ersten Mal in die Hauptstadt kämen, könnten sich gar nicht vorstellen, wie es zu Zeiten der innerdeutschen Teilung ausgesehen habe. Diejenigen, die zuletzt vor der Wiedervereinigung da gewesen seien, hätten Schwierigkeiten, ihre Erinnerungen mit dem Stadtbild von heute in Einklang zu bringen, so sehr habe sich Berlin verändert.
Daher sei eine Ausstellung wie „In memoriam - Die Berliner Mauer“ wichtig und bewusst im Jubiläumsjahr des Mauerbaus in den Raum des Mahnmals geholt worden. Die Schau „Ins Wort gesetzt“ könne auch heißen „Ins Bild gesetzt“, schließlich seien die Texte in der Beschäftigung mit den Fotografien entstanden. Vor allem aber setzten sie sich hoffentlich in den Köpfen der Besucher fest.
Die Stilmittel: Harte Kontraste, Symmetrie des Bildaufbaus
„Harte Kontraste, Symmetrie des Bildaufbaus“, das sind nach den Worten von Dr. Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Bundestages, die Merkmale der Werke Robert Häussers. Häusser habe die Fotografie nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Bereich des Dokumentarischen zurückgeholt und wieder „in den Rang der Kunst gesetzt“.
Viele seiner Bilder „könnte man durchaus als Romantik bezeichnen, aber es wäre eine abgründige Romantik“, sagte Kaernbach. Es bleibe immer dem Betrachter überlassen, ob er sich in den Bildern auf „die Lichtpunkte“ konzentriere oder auf die dunklen Aspekte.
„Abgrenzung, Ausgrenzung, Begrenzung“
„Abgrenzung, Ausgrenzung, Begrenzung“ sei eines der Hauptthemen Häussers, erklärte Dr. Claude W. Sui, Leiter und Kurator des Forums Internationale Photografie der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Das hänge aus mit der Biografie des Künstlers zusammen, schließlich sei sein Vater im Konzentrationslager Dachau inhaftiert gewesen und in der Nachkriegszeit habe die Familie erneute Unterdrückung im Osten Deutschlands erfahren.
Wie ein „leergesaugtes Insekt gefangen in einem Spinnennetz“ - so erscheine ihm das Foto, auf dem das weiße Gestell eines Kinderbettes inmitten des spitzen Stacheldrahtzaunes auf der Berliner Mauer zu sehen sei. „Mitten in der vertrauten Umgebung kann einen die Angst befallen“, beschrieb Sui Häusslers Bilder. (ske)
Ausstellungsort: Kunst-Raum sowie Mauer-Mahnmal im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin-Mitte, Schiffbauerdamm; Zugang über die Spree-Uferpromenade
Öffnungszeiten: 13. April bis 26. Juni 2011, Kunst-Raum: jeweils Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr; Mauer-Mahnmal: jeweils Freitag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr.
Auskunft: Telefon: 030/227-32027 (während der Öffnungszeiten)