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Kultur und Geschichte

45 Klassen mit über 1.000 Schülern im Bundestag

Kindertag

(© DBT/Melde)

Warum hat die Kuppel ein Loch? Was verdient die Kanzlerin? Warum hat die „fette Henne“ zwei verschiedene Gesichter? Diese und viele andere Fragen schwirrten am Montag, 12. September 2011, durch die Gänge des Reichstagsgebäudes. Grund dafür: Es ist mal wieder Kindertag im Deutschen Bundestag. 45 Schulklassen mit mehr als 1.000 Schülern aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich zu der Veranstaltung angemeldet. Zu ihnen gehören auch die Fünftklässler einer Grundschule aus Berlin-Wilmersdorf, die in ihrem Klassenverbund auch schon Erfahrung mit demokratischen Gepflogenheiten gemacht haben, wie der Besucherführer des Besucherdienstes des Bundestages anfangs aufzeigt.

Klassensprecherin von 82 Millionen Deutschen

„Wer ist denn eure Klassensprecherin?“, lautet eine seiner ersten Fragen, auf die ein vielstimmiges „Carolina“ zur Antwort kam. Carolina wurde von der Mehrheit ihrer Mitschüler gewählt, bestätigt die Klassenlehrerin. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei ebenfalls so eine Art Klassensprecherin, erklärt der Besucherführer. „Aber eben nicht nur von 25 Mitschülern sondern von 82 Millionen Deutschen.“

Von einem Balkon des Reichstagsgebäudes winken die Schüler wenig später auch in Richtung der Kanzlerin oder zumindest des Kanzleramtes. Was denn Frau Merkel, deren Vornamen bei den Kindern mal Angela und mal Angelika lautet, verdienen würde, interessiert die Zehn- bis Elfjährigen. Zum Schätzen aufgefordert, ergibt sich eine Spannbreite von 2.000 Euro im Monat bis zu 50.000 Euro am Tag. Rund 16.000 Euro monatlich sind es aber tatsächlich, sagt der Besucherführer.

Der Papst spricht Deutsch

Wenig später stehen die Kinder vor dem Büro der Kanzlerin im Reichstagsgebäude und dürfen auch mal laut anklopfen. Doch es ist niemand da. Am Mittwoch der kommenden Woche, so der Besucherführer, werde die Bundeskanzlerin in diesem Büro wieder zu finden sein.

Am Donnerstag werde sogar der Papst im Reichstagsgebäude eine Rede halten, erfahren die staunenden Kinder. Spricht der Papst überhaupt Deutsch, wird gefragt. Na klar, der ist doch Deutscher, antwortet eine andere Schülerin.

Die Lochfrage und kyrillische Graffitis

An dem für blinde Besucher des Reichstagsgebäudes geschaffenen Tastmodell wird schließlich die Lochfrage geklärt. Dass sich in der Reichstagskuppel ein Loch befindet ist keineswegs ein Versehen, erläutert der Besucherführer. Dank des dadurch entstehenden Kamineffektes werde die verbrauchte Luft aus dem Gebäude ausgetauscht. „Ihr wisst doch, wie das ist, wenn in eurem Klassenraum schlechte Luft ist“, sagt der Mann vom Besucherdienst. Die Schüler bestätigen es lautstark, die Lehrerin lächelt wissend.

Vor den „kyrillischen Graffitis“ stellt sich die Frage nach den Russischkenntnissen. Der zehnjährige Maxim könne Russisch, bestätigen seine Klassenkameraden. Er benötigt dennoch einige Hilfe der Erwachsenen, um die Schriftzüge Stalingrad, Moskau oder Leningrad, die von den Soldaten der Roten Armee 1945 hinterlassen wurden, zu entziffern.

Der Bundesadler von hinten

Der Besucherführer weist außerdem auf ein Liebesherz am Gemäuer des Reichstagsgebäudes hin. Der Soldat Anatol habe damit seine Liebe zu einer gewissen Galina für die Nachwelt festgehalten. Großes Staunen bei der Fünftklässlerin Marthe: „Galina, so heißt doch meine Oma.“

Auf dem Weg zum Plenarsaal betrachtet die Schülergruppe den 1,5 Tonnen schweren Bundesadler von hinten. Er habe zwei verschiedene Gesichter, erläutert der Besucherführer. Der für den Umbau des Gebäudes zuständige Architekt Norman Foster habe dem Adler, der respektlos „fette Henne“ genannt wird, ein freundlicheres Gesicht geben wollen. Da aber aus Urheberrechtsgründen an dem ursprünglichen Kopf als dem, der in den Plenarsaal schaut, festgehalten werden musste, sei der zweite Schnabel hinten anmontiert worden und nur vom Gang zu erkennen.

„Ich dachte, der wohnt in einem Schloss“

Im Plenarsaal selber wird Fabian gebeten, seinen Strohhut abzunehmen. Aus Respekt, wie der Besucherführer sagt. Respekt wovor? Den Erwachsenen, vermuten die Schüler. Nein, sagt der Besucherführer. Aus Respekt vor der Demokratie, der Herrschaft des Volkes. Die Schüler nicken verständig. Mit seinem Laserpointer zeigt der Besucherführer auf den Platz, den Bundeskanzlerin Merkel während der Bundestagsdebatten einnimmt.

Bleibt die Frage, wer eigentlich in der Mitte sitzt. Nachdenklichkeit macht sich breit, als weder Klaus Wowereit noch der Papst als richtige Antworten durchgehen. Der Bundestagspräsident sitzt dort, sagt schließlich der Besucherführer. „Und ich dachte, der wohnt in einem Schloss“, raunt daraufhin Velina ihrer Freundin zu.

Luftballons, Kalender, Gummibärchen

Nach dem Besuch des Plenarsaals gibt's Geschenke. Ein paar Luftballons, Kalender, Gummibärchen und eine Politibongo-DVD. Die Schüler sind begeistert.

Ebenso wie von der Tatsache, dass die aus dem Kinderfernsehen bekannten Figuren Bernd das Brot sowie seine Mitstreiter Chili das Schaf und Briegel der Busch ihnen per Audio-Guide erklären, was es wo von der Reichstagskuppel aus zu sehen gibt. (hau)