+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlament

„Bei Weißrussland stecken wir in einer Sackgasse“

Uta Zapf, SPD

(SPD-Parteivorstand / Oliver Brozek)

Die Verweigerung eines Einreisevisums für sie durch Weißrussland kritisiert Uta Zapf im Interview. Für die SPD-Abgeordnete ist auch diese Obstruktion ein Beleg für die harte Haltung des Minsker Staatschefs Alexander Lukaschenko, der jede Kritik abwürge, die „seine Machtpolitik gefährden könnte“. Bei Weißrussland „stecken wir in einer Sackgasse“, meint Zapf zum Engagement der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zugunsten freiheitlicher Rechtsstaatlichkeit in diesem Staat. Zapf ist Vizepräsidentin des OSZE-Parlaments, das vom 5. bis 7. Oktober 2012 in der albanischen Haupstadt Tirana seine Herbsttagung veranstaltet. Das Interview im Wortlaut:


Frau Zapf, das OSZE-Parlament befasst sich nicht zum ersten Mal mit Weißrussland. In Tirana wird es wohl vor allem um die Parlamentswahlen gehen, die dieser Tage praktisch ohne Opposition stattfanden. Lukaschenko scheint sich aber von Kritik nicht beeinflussen zu lassen.


Nach meinem Eindruck läuft unser Engagement in der Tat ins Leere. Mehrfach hat unsere Versammlung kritische Resolutionen zu der Verletzung freiheitlich-rechtsstaatlicher Standards in Weißrussland mit vielen gut begründeten Vorwürfen im Detail erarbeitet. Mehr als die stereotype Antwort, alles sei in Ordnung, ist freilich aus Minsk nicht zu hören. Der Versuch, einen Dialog in die Wege zu leiten, muss erst einmal als gescheitert gelten. Das geht sogar so weit, dass mir als Vorsitzender der zuständigen Kommission beim OSZE-Parlament derzeit ein Einreisevisum verweigert wird, weshalb ich nicht vor Ort mit der Verwaltung und Parlamentsabgeordneten einerseits sowie Oppositionspolitikern, Bürgerrechtlern und Journalisten andererseits
reden kann.

Wie wollen die OSZE-Abgeordneten künftig die Entwicklung in Weißrussland hin zu Demokratie und Rechtsstaat befördern? Ist der Ausschluss des Landes aus der OSZE ein Thema? Beim Europarat kann Minsk bislang nicht Mitglied werden.

Offen gesagt, bin ich momentan etwas ratlos, beim Thema Weißrussland stecken wir in einer Sackgasse. Lukaschenko würgt alles, was seine Machtposition gefährden könnte, einfach ab. Was einen Ausschluss dieses Staats angeht, so ist die Situation bei uns anders als beim Europarat, dem Minsk noch nie angehört hat. Aus der OSZE kann ein Land nur bei einer einstimmigen Entscheidung verbannt werden, vom Votum des betroffenen Staats abgesehen. Und dies ist bei Weißrussland nicht in Sicht.

Aufregung provoziert der Skandal um die Misshandlung von Gefängnisinsassen in Georgien. Was ist da dran? Die Affäre scheint Teil undurchsichtiger innenpolitischer Machenschaften zu sein.

Leider werden vielerorts in Osteuropa Strafgefangene misshandelt, deren Grundrechte häufig nicht gewahrt sind. Oft werden solche Vorfälle von der Opposition instrumentalisiert. In dieses Muster passen die Vorgänge in Georgien, die näher untersucht werden müssen. Aber ich bin überzeugt, dass dieser Skandal ein ernsthaftes Problem illustriert.

Gehört es zur Aufgabe des OSZE-Parlaments, sich um die Zustände in Gefängnissen zu kümmern? Wie wollen die Abgeordneten einen humanen Strafvollzug durchsetzen?

Unser Organisation gründet sich auf einen menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Anspruch. Dies gilt auch für Gefängnisse. Georgien ist für uns nicht der erste Fall dieser Art, wir haben uns auch mit den Zuständen in weißrussischen Knästen oder in Guantanamo befasst. Wir Abgeordnete wollen Missstände wie die Schikanierung von Inhaftierten oder eine schlechte medizinische Versorgung öffentlich kritisieren und so die Regierungen unter Druck setzen, die Situation zu verbessern.

Ein Thema in Tirana wird die Medienpolitik sein. Wenn sich Presse und Rundfunk nicht unabhängig und frei von staatlichen Einflüssen kritisch mit der Politik auseinandersetzen können, funktioniert eine Demokratie nicht. Wie steht es um die Medienfreiheit in der OSZE?

Beschränkungen der Pressefreiheit sind in vielen Staaten zu konstatieren, allerdings ist das abgestuft zu bewerten. Beispielsweise ist kein Staat auf dem Balkan frei von solchen Problemen, besonders gravierend sieht es aber in Montenegro, Mazedonien und Serbien aus. Unter den EU-Mitgliedern provoziert vor allem Ungarn negative Schlagzeilen, dort werden journalistische Regierungskritiker oft mundtot gemacht. Schlimm ist die Lage in Russland und der Ukraine.

In der Medienpolitik engagieren sich die OSZE und deren Parlament sehr stark. Erzielen Sie Fortschritte oder ist das eine vergebliche Liebesmühe?

Durchschlagende Erfolge können wir nicht vermelden. Aber unsere öffentliche Kritik sensibilisiert manche Regierung schon, da wird man bei Einschränkungen der Pressefreiheit vorsichtiger. Leider trifft dies auf Russland nicht zu, wo das Vorgehen gegen Journalisten zusehends der Entwicklung in Weißrussland ähnelt. In Italien ist ein ganz anderes Phänomen zu beobachten: Dort gewinnen die Medien, die zu einem großen Teil im Besitz von Silvio Berlusconi sind, einen inakzeptablen Einfluss auf die Politik. Unter solchen Bedingungen muss der Konzentration der Medienmacht in wenigen Händen Einhalt geboten werden.

(kos/02.10.2012)

Marginalspalte