Verteidigungsminister zieht positive Zwischenbilanz
Die Reform der Bundeswehr soll bis zum Jahr 2017 abgeschlossen sein. Dies kündigte Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag, 16. Mai 2013, vor dem Bundestag an. In seiner Regierungserklärung zog er eine erste positive Zwischenbilanz der vor drei Jahren von seinem Amtsvorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eingeleiteten Neuausrichtung der Bundeswehr, in deren Verlauf die Streitkräfte von ursprünglich 250.000 auf 185.000 Soldaten reduziert werden sollen.
De Maizière: Schlussstrich unter den Kalten Krieg gezogen
Im Jahr 2011 war bereits die Allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt worden. „Mit der Neuausrichtung der Bundeswehr setzen wir einen verteidigungspolitischen Schlussstrich unter den Kalten Krieg“, sagte de Maizière. Sie stelle den „tiefgreifendsten Umbruch“ in der Geschichte der Bundeswehr dar.
Von der Reform seien rund 6.000 Organisationseinheiten betroffen, etwa die Hälfte davon werde Ende dieses Jahres bereits einsatzfähig sein. Das Ministerium arbeite bereits in seiner neuen Organisationsstruktur. Ziel der Reform sei es, eine einsatzbereite und leistungsfähige Armee zu schaffen, die gut ausgerüstet und nachhaltig finanziert sei, sowie über ausreichend qualifizierten Nachwuchs verfüge.
„Keine grundlegende Revision der Neuausrichtung“
Der Minister räumte ein, dass die Reform in der Truppe auch Verunsicherungen ausgelöst habe. Er stellte in Aussicht, dass es im kommenden Jahr nach einer Nachprüfung zu Nachbesserungen kommen könnte. Es werde aber „keine grundlegende Revision der Neuausrichtung“ geben.
Es sei richtig gewesen, alle Probleme in den Streitkräften gleichzeitig anzugehen, da alle Aspekte ineinander griffen. Der Minister kündigte an, dass der Verteidigungshaushalt im kommenden Jahr gegenüber 2013 weitgehend unverändert bleiben werde. De Maizière verteidigte zudem die Entscheidung, das Drohnen-Projekt „Euro Hawk“ zu stoppen. Ein Schrecken mit Ende sei besser als ein Schrecken ohne Ende.
SPD: Die Reform ist eine Mogelpackung
Scharfe Kritik an der Politik des Verteidigungsministers übten die Oppositionsfraktionen. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, warf de Maizière vor, er blende die Probleme in der Truppe und die Probleme der betroffenen Soldaten aus. Die Reform sei eine „Mogelpackung“. Unter dem Strich werde die Bundeswehr über weniger Fähigkeiten verfügen aber nicht billiger werden.
Es sei zwar richtig, konstatierte Arnold, dass die Reform der Streitkräfte einer Operation am offenen Herzen gleiche, wie de Maizière dies einst ausgedrückt habe. Aber der Minister operiere den Patienten Bundeswehr ohne Herz-Lungen-Maschine. Die Stimmung in der Truppe sei insgesamt sehr schlecht wegen der Reform. Arnold kritisierte zudem, dass der Neuausrichtung eine sicherheitspolitische Begründung fehle.
Grüne: Völlig verfehlte Beschaffungspolitik
Dieser Kritik schloss sich auch Omid Nouripour, verteidigungspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen an. Die Reform sei ursprünglich nicht wegen einer veränderten sicherheitspolitischen Lage angestoßen worden, sondern wegen dem Sparzwang.
Ursprünglich habe die Regierung bis 2014 rund 8,3 Milliarden Euro bei der Truppe einsparen wollen. Doch in der Realität stiegen die Verteidigungsausgaben sogar noch an. Dies sei auch einer völlig verfehlten Beschaffungspolitik geschuldet, die vor allem die Belange der Rüstungsindustrie im Blick habe.
Linke: Kritik am Umbau zur Interventionsarmee
Fundamentaler fiel die Kritik der Linksfraktion aus. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Paul Schäfer kritisierte die Ziele der Reform grundlegend. In Wirklichkeit handele es sich nicht um eine Neuausrichtung, sondern um den Umbau der Bundeswehr in eine „Interventionsarmee“, der seit 20 Jahren betrieben werde.
Doch gerade der Einsatz in Afghanistan habe gezeigt, dass der militärische Interventionismus gescheitert sei. Der Schwerpunkt der Sicherheitspolitik müsse auf der zivilen Krisenprävention und -bewältigung liegen.
FDP: Behandlung traumatisierter Soldaten verbessert
Lob und Unterstützung bekam de Maizière hingegen aus den Koalitionsfraktionen. Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff, räumte zwar ein, dass die Reform die Bundeswehr vor große Probleme stelle, aber sie sei unumgänglich gewesen.
Zudem habe die Koalition viel für die Soldaten getan. So sei die Einsatzversorgung, die Behandlung von traumatisierten Soldaten, die Ausrüstung und Betreuungskommunikation der Soldaten in den Einsätzen und die Versorgung der Hinterbliebenen gefallener Soldaten deutlich verbessert worden. Zudem sei die Besoldung angehoben und das Weihnachtsgeld wieder eingeführt worden.
CDU/CSU: Zusammenarbeit auf EU-Ebene vertiefen
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Dr. Andreas Schockenhoff wies die Kritik zurück, die Bundeswehrreform sei sicherheitspolitisch nicht begründet. Minister de Maizière habe die folgerichtigen Entscheidungen aus den sicherheitspolitischen Herausforderungen getroffen. Schockenhoff warb gleichzeitig dafür, die militärische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu vertiefen.
Zugleich verteidigte er aber auch die Entscheidung, dass die Bundeswehr über ein weiterhin breites Fähigkeitenspektrum verfügen soll. Konzepte wie das „Pooling and Sharing“, das heißt einzelne Nationen konzentrieren sich auf spezielle Fähigkeiten und stellen diese den anderen Nationen zur Verfügung, führten zu neuen Abhängigkeiten zwischen den Verbündeten. (aw/16.05.2013)