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Gesundheit

In Medizinberufen wird Korruption jetzt strafbar

Korruption im Gesundheitswesen kann künftig auch strafrechtlich geahndet werden. Der Bundestag beschloss am Donnerstag, 14. April 2016, in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/6446, 18/8106). In namentlicher Abstimmung votierten 464 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 58 waren dagegen, 54 enthielten sich. Die Fraktion Die Linke hatte zuvor angekündigt, das Gesetz abzulehnen, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollte sich enthalten. Zwar befürwortet auch die Opposition die Gesetzesänderung im Grundsatz, hält die Strafandrohung jedoch für nicht konsequent genug. Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungsbedürftig. Ein Entschließungsantrag der Grünen (18/8109) zum Gesetzentwurf sowie ein Antrag der Linken (18/5452) zum Thema fanden keine Mehrheit.

„Rechtslücke wird geschlossen“

Erstmals werden Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen als Straftatbestände im Strafgesetzbuch (StGB) ausgewiesen. Zur Begründung heißt es, Korruption im Gesundheitswesen beeinträchtige den Wettbewerb, verteuere medizinische Leistungen und untergrabe das Vertrauen von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Wegen der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens müsse korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegengetreten werden.

Mit dem Gesetz wird eine Rechtslücke geschlossen, die 2012 durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) deutlich geworden war, wonach niedergelassene Ärzte weder Amtsträger noch Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen sind und deshalb nicht für korruptes Verhalten belangt werden können. Mit der Neuregelung sollen neben den niedergelassenen Vertragsärzten auch alle anderen Angehörigen von Heilberufen, für deren Ausübung oder Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist, von den Straftatbeständen der Bestechlichkeit und der Bestechung erfasst werden. Der Geltungsbereich umfasst auch Sachverhalte außerhalb der gesetzlichen Krankenkassen.

Straftaten gegen den Wettbewerb

Der neue Straftatbestand wird den Straftaten gegen den Wettbewerb zugeordnet. Vorgesehen ist, dass die Annahme beziehungsweise das Versprechen von Vorteilen gegen entsprechende Gegenleistung mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden kann. In schweren Fällen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden.

Nach einer Änderung im parlamentarischen Verfahren werden Korruptionsfälle in den Gesundheitsberufen künftig als Offizialdelikte verfolgt, das heißt, der Staatsanwalt muss im Verdachtsfall von sich aus tätig werden und nicht erst auf Antrag. Ursprünglich vorgesehene Straftatbestände im Zusammenhang mit der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten wurden gestrichen. In einer Anhörung hatten Sachverständige darauf hingewiesen, dass die berufsrechtlichen Pflichten sich in den Bundesländern unterscheiden und somit dann in einem Land strafbar sein könnte, was in einem anderen Land nicht strafbar wäre.

Regierung: Strafwürdiges Verhalten wird umgrenzt

In der Schlussdebatte wies der Parlamentarische Justiz-Staatssekretär Christian Lange (SPD) Vorhaltungen der Opposition zurück, mit den zuletzt eingebrachten Änderungen werde das Gesetz wesentlich entschärft.

Vielmehr werde das strafwürdige Verhalten klar umgrenzt. In den meisten Fällen sei von Wettbewerbslagen auszugehen, es würden also praktisch alle wesentlichen Strafkonstellationen erfasst.

SPD: Guter Beitrag zum Patientenschutz

Dass Fälle von Korruption künftig als Offizialdelikte eingestuft werden, sei überdies ein guter Beitrag zum Patientenschutz. Auch Dr. Edgar Franke (SPD) betonte, das Gesetz sei kein zahnloser Tiger, weil der Wettbewerbsbegriff weit trage.

Allerdings hätte er sich einen präziser gefassten Patientenschutz gewünscht. Das von der SPD maßgeblich mit auf den Weg gebrachte Gesetz sei jedoch ein Paradigmenwechsel, auf den die Partei stolz sein könne.

CDU/CSU: Korruption auf Rezept wird es nicht mehr geben

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) betonte, Patienten hätten Vertrauen in Ärzte und Apotheker, und das sei auch gerechtfertigt. Umso schwerer wiege, wenn Einzelne das Vertrauen missbrauchten. Korruption sei nicht nur ein volkswirtschaftliches Problem, sondern untergrabe auch das Vertrauen in die Integrität der Heilberufe. Nun gebe es eine klare Ansage des Gesetzgebers, dass ein solches Verhalten nicht toleriert werde. Die Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass medizinische Entscheidungen zu ihrem Wohl getroffen werden. Korruption auf Rezept werde es künftig nicht mehr geben.

Jedoch sei zu unterscheiden zwischen Korruption und Kooperation. So solle nichts unter Strafe gestellt werden, was dem medizinischen Fortschritt diene. Das sei jedoch kein Freifahrschein für unangemessene Verabredungen. Der Verzicht auf Straftatbestände im Zusammenhang mit der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten sei richtig. Es wäre sonst wegen der Länderzuständigkeiten ein Flickenteppich mit unterschiedlichen Strafbarkeiten entstanden. Dies wäre aus Gründen der Rechtssicherheit problematisch gewesen. Als Folge entstünden aber keine Strafbarkeitslücken, versicherte Luczak und sprach von einem guten und ausgewogenen Gesetz, das Korruption bekämpfe und Kooperation nicht behindere.

Linke: Verstoß gegen Berufspflichten unter Strafe stellen

Die Opposition beklagte hingegen, mit den jüngsten Änderungen werde der Kern des ursprünglichen Gesetzesvorhabens infrage gestellt. Kathrin Vogler (Die Linke) monierte, die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten müsste ebenfalls entsprechend unter Strafe gestellt werden. Dass diese Regelung gestrichen worden sei, nehme dem Gesetz seinen wesentlichen Sinn. Das sei enttäuschend.

Die Ankopplung an das Wirtschaftsstrafrecht sei überdies ein Geburtsfehler. So werde zwar der Wettbewerb geschützt, weniger aber die Patienten. Überdies fehle ein Schutz für Hinweisgeber, denn Korruption spiele sich im Geheimen ab, die Staatsanwälte seien auf Tippgeber angewiesen. Auf die Tagesordnung gehörten überdies die Anwendungsbeobachtungen, denn viele Alltagsstudien zu Arzneimitteln seien ohne wissenschaftlichen Nutzen. Hier flössen bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr von der Pharmaindustrie in die Ärzteschaft.

Grüne: Referentenentwurf besser als der Gesetzentwurf

Ähnlich argumentierte für die Grünen-Fraktion Renate Künast und beklagte mit Blick auf die umstrittenen Änderungen, der Referentenentwurf sei besser gewesen als der Gesetzentwurf. Mit etwas Mühe hätten die rechtlichen Probleme hinsichtlich der unterschiedlichen Berufsordnungen beseitigt werden können.

Völlig unverständlich sei auch, weshalb ausgerechnet die Apotheker von den Regelungen teilweise ausgenommen seien, die Hebammen aber etwa nicht. Künast betonte, es sei gut, dass es endlich ein Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen gebe, schlecht sei, dass der Gesetzentwurf entkernt worden sei. (pk/14.04.2016) 

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