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Parlament

„Selbstverpflichtung zu Plastiktüten gescheitert“

Peter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen)

Peter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen) (DBT/Unger)

Plastiktüten bestehen größtenteils aus Erdöl, verrotten schwer und belasten so Umwelt und Tiere. Im April 2015 beschloss das Europäische Parlament deshalb eine Richtlinie, die bis 2025 eine Senkung des Verbrauchs um 80 Prozent vorsieht. Die Bundesregierung und der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels verhandelten daraufhin über eine freiwillige Vereinbarung: Ab dem 1. April sollen Kunden in Geschäften – ähnlich wie bereits in Supermärkten üblich – für Einweg-Tragetaschen zahlen. Für Peter Meiwald, Sprecher für Umweltpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, jedoch ist die Selbstverpflichtung des Einzelhandels schon jetzt gescheitert. Warum er in der Fragestunde des Bundestages (18/8051) am Mittwoch, 13. April 2016, bei der Bundesregierung nachhaken will, ob und wann sie eine gesetzliche Regelung für eine Gebühr auf Plastiktüten plant, erklärt der Abgeordnete aus Oldenburg im Interview:


Herr Meiwald, wer einen Pullover oder ein Buch kauft, der bekommt an der Kasse meist ungefragt und kostenlos eine Plastiktüte dazu. Dabei sollte das inzwischen der Vergangenheit angehören, nicht?

Das stimmt. Eigentlich sollte der Einzelhandel auf freiwilliger Basis ab dem 1. April Gebühren auf Plastiktüten erheben. In vielen Geschäften wird das aber nicht umgesetzt.

Mindestens 20 Cent sollten pro Plastiktüte erhoben werden, darauf hatten sich Bundesregierung und Einzelhandel verständigt. Warum greift die Selbstverpflichtung offenbar nicht?

Das ist in der Tat die Frage. Die Selbstverpflichtung war ja ursprünglich ein Angebot des Handelsverbands Deutschland, um einer gesetzlichen Regelung zuvorzukommen. Warum sie gescheitert ist, ist eine Frage, die sich der Verband gefallen lassen muss. Allerdings: Dass die Umsetzung nicht überall gelingen würde, war schon im Vorhinein klar. Nicht alle Einzelhändler sind schließlich Mitglied in diesem Verband. Deswegen haben wir Grünen es auch sehr kritisch gesehen, dass sich Ministerin Hendricks mit dieser freiwilligen Vereinbarung zufrieden gegeben hat. Jetzt, da es nicht funktioniert, zeigt sich, dass unsere Skepsis mehr als angebracht war.

Offenbar hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auch ihre Zweifel, als sie im Januar eine Regelung per Ordnungsrecht für den Fall ankündigte, dass eine Selbstverpflichtung nicht zustande kommt – oder wirkungslos bleibt. Warum dringen Sie jetzt auf eine gesetzliche Regelung?

Andere Länder machen es bereits vor, wie sich mit einer gesetzlichen Regelung der Plastiktütenkonsum wirkungsvoll senken lässt: In Irland zum Beispiel ging der Konsum seit der Einführung einer Steuer deutlich zurück. In Ruanda sind Einweg-Beutel komplett verboten. Die Hauptstadt Kigali, die früher mit dem Plastikmüll kämpfte, gehört heute zu den saubersten Städten Afrikas. Aber Verbote oder Steuern sind gar nicht unser Ansatz: Wir wollen erst einmal mithilfe einer gesetzlichen Gebühr auf Plastiktüten ein Umdenken bewirken. Einweg-Plastiktüten verschmutzen die Meere, verletzen Tiere und sind zudem eine Ressourcenverschwendung, die wir uns nicht mehr leisten können. Notwendig sind sie in den meisten Fällen auch nicht: Ein Buch zum Beispiel lässt sich auch problemlos in der eigenen Tasche nach Hause transportieren.

Manche Einzelhändler argumentieren jedoch, Schuhe oder Textilien bräuchten Schutz gegen Witterung, sie könnten nicht einfach im Einkaufskorb heimgetragen werden.

Ich halte das für ein vorgeschobenes Argument. Tüten sind schlichtweg ein wichtiger Werbeträger. Die Kunden wollen meistens gar nicht mit Taschen durch die Gegend laufen, auf denen ein Markenname groß zu sehen ist. Es sind die Unternehmen, die auf Tüten als kostengünstige Form der Werbung nicht verzichten wollen. Aber natürlich ließe sich ein Logo auch auf wiederverwendbare Tragetaschen drucken – zum Beispiel aus recycelten Papier oder Stoff.

Bis 2019 sollen die EU-Mitgliedstaaten den jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von Plastiktüten auf maximal 90 senken, bis 2025 dann auf 40 Stück. In Deutschland werden laut Bundesumweltamt pro Kopf und Jahr heute schon „nur“ 76 Plastiktüten verbraucht. Können wir uns also noch eine Weile beruhigt zurücklehnen?

Nein, dass wir die EU-Vorgabe noch erfüllen, ist kein Grund, sich auszuruhen. Im Gegenteil: Deutschland muss mehr tun – auch, weil es immer für sich reklamiert hat, in der Umweltpolitik vorbildlich zu sein. Hinter Ländern wie Irland oder Luxemburg, wo der jährliche Pro-Kopf-Konsum bei 18 beziehungsweise 20 Tüten liegt, herzuhinken kann nicht unser Anspruch sein. Gerade als ein reiches Land sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen.

(sas/11.04.2016)

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