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Parlament

Schwabe: Türkei Thema im Europaratsparlament

Frank Schwabe (SPD)

Frank Schwabe ist stellvertretender Leiter der Bundestagsdelegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarats. (© DBT/photothek)

Für die Unterwerfung der Türkei unter das Monitoring der Parlamentarischen Versammlung des Europarats plädiert Frank Schwabe im Interview. Mit diesem Kontrollverfahren solle die Beachtung rechtsstaatlicher Standards bei der Reaktion Ankaras auf den gescheiterten Putsch erreicht werden. Der Abgeordnete: „Die Lage der Menschenrechte ist verheerend.“ Der SPD-Politiker kritisiert etwa Massenentlassungen von Lehrern und Richtern oder die Schließung von Medien und die Inhaftierung von Journalisten. Es gebe sogar Berichte über Folter. Die Türkei gehört zu den zentralen Themen der Tagung der Europaratsabgeordneten in Straßburg vom 10. bis 14. Oktober 2016. Schwabe ist stellvertretender Leiter der Bundestagsdelegation. Das Interview im Wortlaut: 


Der Europarat hat zwar Kritik an den Folgen des gescheiterten Militärputschs in der Türkei geübt und die Beachtung rechtsstaatlicher Normen angemahnt. Angesichts des massiven Vorgehens von Staatschef Tayyip Erdoğan und der Regierung mutet die Reaktion von Generalsekretär Thorbjörn Jagland und des Ministerkomitees indes recht moderat an. Wieso diese Zurückhaltung?

Der Europarat hat im Kern zwei Möglichkeiten, seinen Grundauftrag, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu fördern, zu erfüllen. Zum einen kann der Staatenbund die Stimme erheben und Verletzungen seiner Standards anprangern. Zum anderen lassen sich Institutionen wie die Venedig-Kommission nutzen, um die Politik in den Mitgliedsländern zu begleiten und Wege aufzuzeigen, wie die Staaten die Werte des Europarats mit Leben füllen können. Letzteres soll der Staatenbund auf Vorschlag Jaglands jetzt in der Türkei leisten. Das ist gut so. Bei der Beurteilung der Lage in der Türkei hätte ich mir jedoch ein stärkeres Statement des Generalsekretärs gewünscht.

Werden die Europaratsabgeordneten ihrerseits beim Auftritt des türkischen Außenministers Mevlüt Cavuşoğlu während der Herbstsession eine härtere Gangart einschlagen?

Erst vor Kurzem hat noch vor dem Putschversuch die Parlamentarische Versammlung zur Situation in der Türkei klar und unmissverständlich Stellung bezogen. Und seither ist die Lage in dem Land nicht besser geworden. Eines der schärfsten Instrumente der Abgeordneten ist das sogenannte Monitoring-Verfahren, dem nur jene wenigen Staaten unterworfen werden, die rechtsstaatlich als hoch problematisch gelten. Ich gehe davon aus, dass Ankara demnächst wieder in dieses Monitoring aufgenommen wird, was zu einer regelmäßigen Kontrolle der Türkei und zu einer kontinuierlichen Befassung der Gremien der Parlamentarischen Versammlung mit der Entwicklung führen wird.

Gegen Erdoğan wird der Vorwurf erhoben, den Putschversuch zum Anlass zu nehmen, politische Gegner auszuschalten. Wie sieht das konkret aus?

Die Lage der Menschenrechte ist verheerend. Es herrscht ein Klima der Angst. Tausende Lehrer und Richter wurden unter dem Vorwurf entlassen oder gar inhaftiert, den Prediger Fethullah Gülen unterstützt zu haben, den Erdoğan für den Putschversuch verantwortlich macht. Medien werden geschlossen und Journalisten inhaftiert, und zwar auch solche, die gar nichts mit Gülen zu tun haben können. Die Situation in den Kurdengebieten ist dramatisch. Es liegen glaubwürdige Berichte über zahlreiche Fälle von Folter vor.

Besonders gravierend ist, dass Ankara bei der Verhängung des Ausnahmezustands, der kurz vor der Straßburger Tagung verlängert wurde, sogar die Menschenrechtscharta teilweise ausgesetzt hat.

Ja, das ist ein großes Problem. Es gibt allerdings Teile dieser Konvention des Europarats, die bei einem „öffentlichen Notstand“ ausgesetzt werden dürfen. Folter und Misshandlungen sind davon aber ausdrücklich ausgenommen.

Die EU versucht bislang vergeblich, am Bosporus einen Kurswechsel zu erreichen. Nun gehört die Türkei der EU nicht an, jedoch dem Europarat. Gibt dieser Umstand den Abgeordneten einen Hebel in die Hand, um Ankara zur Wahrung freiheitlich-rechtsstaatlicher Standards zu veranlassen?

Der Europarat verfügt nicht über eine Polizei, die in einem Mitgliedsland etwas durchsetzen kann. Aber es existieren Regeln, an die sich die Staaten halten müssen. Dazu gehören die Wahrung der Menschenrechtskonvention und die Umsetzung der Urteile des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofs. Um dies in der Türkei zu erreichen, kann die Versammlung Ankara unter eine verschärfte Beobachtung im Zuge des Monitoring-Verfahrens stellen. Und das sollten wir auch tun.

Die Europaratsabgeordneten haben überdies die Möglichkeit, Sanktionen wie den Stimmrechtsentzug für Parlamentarier eines Staats zu verhängen, der gegen die Straßburger Normen verstößt. Stehen im Fall der Türkei solche Strafmaßnahmen zur Debatte?

Nach meinem Eindruck haben wir beim Thema Stimmrechtsentzug gelernt, dass Sanktionen gegen Abgeordnete nicht der richtige Weg sind. Es ist absurd, dass wir als Parlamentarier uns mit Strafmaßnahmen belegen, während dies für Regierungsvertreter nicht gilt. Insofern glaube ich, dass es solche Sanktionen gegen türkische Abgeordneten nicht geben wird.

(kos/05.10.2016)   

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