Experten begrüßen eine Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen
Die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen wird von Experten begrüßt. Dies wurde am Mittwoch, 19. Oktober 2016, bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur unter Vorsitz von Martin Burkert (SPD) deutlich. Dabei ging es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung eines vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (18/9440).
40.000 Kilometer Bundesstraßen bisher nicht mautpflichtig
Bisher erhebt der Bund die Lkw-Maut auf rund 12.800 Kilometer Bundesautobahnen sowie auf rund 2.300 Kilometer autobahnähnlichen Bundesstraßen. Der Großteil der rund 40.000 Kilometer Bundesstraßen sei jedoch nicht mautpflichtig, obgleich Lkw sämtliche Bundesstraßen befahren und die Verkehrsinfrastruktur damit belasten würden, heißt es im Gesetzentwurf.
Um die Finanzierung der Bundesfernstraßen zu verbessern und damit eine moderne, sichere und leistungsstarke Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zu gewährleisten, soll die Nutzerfinanzierung konsequent vorangetrieben werden. Daher soll die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausgeweitet werden.
„Umstieg von der Steuer- zu einer Nutzerfinanzierung“
Die Bundesregierung will zudem spätestens bis Ende 2017 eine Ausweitung der Maut auf kleinere Lkw (3,5 bis 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) und auf Fernbusse sowie die Einbeziehung der Lärmkosten prüfen.
Prof. Dr. Torsten R. Böger von der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft begrüßt vor allem die weitere Stärkung der Nutzerfinanzierung. Insgesamt werde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der verkehrspolitische Ansatz eines schrittweisen Umstiegs von der Steuer- hin zu einer Nutzerfinanzierung systematisch durch die horizontale Verbreiterung der Maut gestärkt, schreibt er in seiner Stellungnahme.
„Höhere Kosten für die Wirtschaft“
Stefan Gerwens, Pro Mobilität, begrüßte, dass im Gesetzentwurf der technische und organisatorische Rahmen zur Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ab Mitte 2018 geschaffen werden soll. Änderungsbedarf sieht er nicht. Er wies darauf hin, dass die Ausweitung der Lkw-Maut vor allem im regionalen Verkehr zu höheren Kosten für die Wirtschaft führen werde. Durch die zusätzliche Mittel für Investitionen in die Fernstraßen werde es aber auch eine Qualitätsverbesserung der Infrastruktur geben.
Prof. Dr. Torsten Beckers von der Technischen Universität Berlin wies vor allem auf die Gefahr der Verdrängung der Verkehre auf das untergeordnete Straßennetz (Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen) hin. Es gebe bisher noch keine Abschätzungen darüber, in welchem Ausmaß derartige Verdrängungen zu erwarten seien.
„Problematik der Ausweichverkehre regelbar“
Auch die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) sprach sich „grundsätzlich“ für die Ausweitung aus. Ziel müsse es jedoch sein, die Lkw-Maut auf das gesamte öffentliche Straßennetz auszudehnen, um für die Infrastrukturen aller staatlichen Ebenen einschließlich der Länder und Kommunen zusätzlichen Mittel für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu erhalten.
Durch die Ausdehnung der Lkw-Maut würde die Problematik der Ausweichverkehre für das Netz der Bundesfernstraßen hinfällig. Das Problem bleibe allerdings bezüglich des nachgeordneten Netzes der Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen. Es sei wichtig, dass durch entsprechende Beschilderung deutlich gemacht werde, welche Straßen mautpflichtig seien und welche nicht. Frank Schmid von Schmid Mobility Solutions hielt die Problematik der Ausweichverkehre im Gesetz für regelbar.
„Straßen der Länder einbeziehen“
Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hielt die geplante Änderung für richtig. Eine Einbeziehung der Straßen der Länder und teilweise auch der Kommunen sei mit Blick auf die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse geboten. Leider sei allerdings die Frage, ob auf allen Bundesstraßen einheitliche Mautsätze erhoben werden könnten, bisher ungeklärt, schreibt Reh. Er sprach sich dafür aus, dass die Lärmkosten einbezogen werden und auch Fernbusse mautpflichtig sein sollten.
Henryk Bolik von der Ingenieurgruppe IVV hielt eine weitere Differenzierung der Mautsätze für sinnvoll. Dies sei auch technisch möglich. Michael Korn von Alfen Consult sprach sich für gleiche Mautsätze auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen aus. Dazu müsse aber gegebenenfalls die Zustimmung der EU-Kommission eingeholt werden. (mik/19.10.2016)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Prof. Dr. Thorsten Beckers, Technische Universität Berlin (TU Berlin)
- Prof. Torsten R. Böger, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH (VIFG)
- Henryk Bolik, Ingenieurgruppe IVV GmbH & Co. KG
- Stefan Gerwens, Pro Mobilität
- Michael Korn, Alfen Consult GmbH
- Frank Schmid, Schmidt Mobility Solutions GmbH
- Werner Reh, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)