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Parlament

Medienpreis Politik 2011 an Jan Grossarth verliehen

Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat den Medienpreis Politik 2011 des Deutschen Bundestages am Mittwoch, 25. Januar 2012, an Jan Grossarth, Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), verliehen. Grossarth erhielt die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung im Rahmen des Jahrespresseempfangs des Bundestagspräsidenten im Berliner Martin-Gropius-Bau. Die siebenköpfige Jury unter Leitung von Peter Limbourg, Informationsdirektor bei ProSiebenSat.1 TV Deutschland, für einen am 26. März 2011 in der FAZ erschienenen Beitrag über die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und niedersächsische Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen erhalten. Titel: Die Putenministerin.

Ministerin unter medialem Druck

Grotelüschen war im Dezember 2010 entnervt nach einer für sie anhaltend negativen Medienberichterstattung zurückgetreten, in der sie als Putenministerin, Putenlieschen oder als „Symbolfigur der Massentierhaltung“ geschmäht worden war. Sie hatte schon vor ihrer Zeit als Politikerin zusammen mit ihrem Mann eine Mastputenbrüterei als Familienbetrieb geführt.

Tierschützer verbreiteten Putenfotos aus den Ställen der Brüterei, einem Fernsehteam gelang es, ein sterbendes Tier zu filmen, die Aufnahmen wurden von anderen Medien übernommen. Der mediale Druck auf die Ministerin wuchs, bis zu ihrem Rücktritt.

Skandalisiert statt recherchiert

„Es geht um die Macht der Bilder und derjenigen, die die Bilder produzieren“, sagte Peter Limbourg in seiner Laudatio. „Von tausend gefilmten Puten war nur eine krank und blutig.“ Aber die Ministerin sei auf die Regeln der Medienrealität nicht vorbereitet gewesen. „Die Medien haben skandalisiert, nicht recherchiert. Jan Grossarth hält ihnen den Spiegel vor.“ Norbert Lammert sprach dem Preisträger „Dank und Anerkennung für hervorragende journalistische Arbeit“ aus.

Jan Grossarth sagte zum preisgekrönten Beitrag: „Astrid Gortelüschen war eine Quereinsteigerin, keine Berufspolitikerin.“ Es habe keinen einzigen Artikel gegeben, der sie mal zu Wort habe kommen lassen, als „Lügnerin“ oder „Lobbyistin der Fleischindustrie“ sei sie beschimpft worden. Doch die Realität sei spannender als die Vorurteile.

Weitere Nominierte

Nominiert war neben Grossarth auch Robin Alexander von der Tageszeitung „Die Welt“ mit einer Artikelserie zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Der Bundestag hatte am 7. Juli 2011 namentlich über drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe abgestimmt. Bei der PID werden künstlich befruchtete Embryonen von der Einpflanzung in die Gebärmutter auf Krankheiten untersucht und gegebenenfalls vernichtet. Die Auseinandersetzung um die PID zählte zu den bedeutendsten Parlamentsdebatten des abgelaufenen Jahres.

Eine weitere wichtige Entscheidung des Bundestages hatten auch die ebenfalls nominierten ZDF-Autoren Thomas Reichart, Sonja Schünemann und Dominik Rzepka aufgegriffen: In einem Beitrag für die Sendung „Berlin direkt“ vom 12. Juni 2011 setzten sie sich unter dem Titel „Die große Hast“ kritisch mit der entscheidenden Phase der Beratung der Gesetzentwürfe zu Atomausstieg und Energiewende auseinander.

„Maybach unter den Medienpreisen“

Peter Limbourg bezeichnete den seit 1993 verliehenen Medienpreis Politik des Bundestages als den „Maybach unter den Medienpreisen“, was Norbert Lammert mit der Bemerkung konterte, dass der Maybach soeben eingestellt wurde - was für den Medienpreis aber nicht zu erwarten sei.

Lammert sagte, dies sei der erste Jahrespresseempfang unter der Obhut der Leiterin des Bereich Presse und Kommunikation des Bundestages, Sabine Adler. Zugleich dankte er Adlers Vorgänger Dr. Guido Heinen für fünf Jahre „gute Zusammenarbeit und wirkungsvolle Unterstützung“, sowie den Medienvertretern insgesamt für „beachtliche Zusammenarbeit und in den meisten Fällen wechselseitige Aufgeschlossenheit“.

56 Beiträge zur Auswahl

Mit dem Medienpreis Politik würdigt der Bundestag jährlich publizistische Arbeiten in Tages- oder Wochenzeitungen, in regionalen oder überregionalen Medien, in Printmedien, Online-Medien oder in Rundfunk und Fernsehen, die zu einem vertieften Verständnis parlamentarischer Praxis beitragen und zur Beschäftigng mit den Fragen des Palamentarismus anregen. 2011 waren der Jury 56 Beiträge zur Auswahl zugegangen.

Ihr gehören neben Limbourg Stephan Detjen vom Deutschlandfunk, Ulrich Deppendorf vom ARD-Hauptstadtstudio, Bettina Schausten vom ZDF-Hauptstadtstudio, Tissy Bruns von der Berliner Tageszeitung „Tagesspiegel“, Thomas Kröter (Kölner Stadt-Anzeiger, Mitteldeutsche Zeitung) und Torsten Kleditzsch von der Chemnitzer Tageszeitung „Freie Presse“ an. „Die Jury war erfreut über die Qualität der Einsendungen“, lobte Limbourg. Süffisant fügte er hinzu, das Wulff-Interview von ARD und ZDF sei nicht dabei gewesen. Es könne erst für den Medienpreis 2012 eingereicht werden. (vom)

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