105 Maßnahmen für den ländlichen Raum beschlossen
Die demografische Entwicklung und die Abwanderung junger Leute sind ernste Probleme, vor denen viele ländliche Regionen in Deutschland stehen. Der Bundestag hat am Donnerstag, 29. November 2012, 105 Forderungen von CDU/CSU und FDP zur Entwicklung des ländlichen Raums (17/11654) in den Bereichen Verkehrs-, Kommunikations- und Energieinfrastruktur, Wirtschaft und Arbeit, sozialer Zusammenhalt, Betreuung, Gesundheit und Pflege sowie integrierte ländliche Entwicklung beschlossen.
CDU/CSU: Wir sind die Partei des ländlichen Raums
„Wir werden junge Menschen im ländlichen Raum nur halten können, wenn sie sich selbstständig machen können“, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Volker Kauder. Aus diesem Grund sei die erfolgreiche Breitbandversorgung des Landes mit „schnellem Internet“ entscheidend.
Die CDU/CSU habe den Antrag eingebracht, weil sie gleichwertige Lebenschancen, Arbeitschancen und Bildungschancen in Stadt und Land erreichen will. Mit dem Katalog sollen Anreize zum Leben auf dem Land durch Mobilität mit dem Mopedführerschein ab 15 Jahren, regionale Wertschöpfung durch Beteiligung der Bürger an Erneuerbare-Energien-Projekte und die Nutzung von Telemedizin geschaffen werden.
Nicht zuletzt sei deshalb auch die Lösung der Probleme bei der ärztlichen Versorgung auf dem Land von grundlegender Bedeutung. „Wir sind die Partei des ländlichen Raums und der Großstädte“, sagte Kauder, und deshalb werde seine Fraktion auf beides die richtigen Antworten geben.
SPD: Die Union bleibt Antworten schuldig
„Es gibt ländliche Räume, die wirtschaftlich stark sind, und Räume, in denen der demografische Wandel brutal zugeschlagen hat“, sagte Willi Brase (SPD). „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass ländliche Räume nicht gleich ländliche Räume sind.“ Doch nach Ansicht des Sozialdemokraten gibt der Koalitionsantrag keine Antworten auf die dringenden Fragen.
Brase warb für einen SPD-Antrag zur effektiven und effizienten Gestaltung der Politik für ländliche Räume (17/11031): Ähnlich dem Ansatz der EU-Kommission bei der Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik mit dem Ziel der stärkeren Verzahnung der Regional-, Kohäsions-, Sozial- und Agrarfonds sollen die Fördertöpfe der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ und „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ weiterentwickelt werden.
FDP: Das ist ein Novum
Für die Liberalen unterstrich Claudia Bögel (FDP), dass das Besondere des Koalitionsantrages ist, dass Bund, Länder, Kommunen und Kreise gemeinsam die Rahmenbedingungen setzen sollen. „Das ist ein Novum“, sagte sie. Für Bögel sind ländliche Regionen ein Lebens- und Wirtschaftsraum der von mittelständischer Wirtschaftsstruktur geprägt ist und sich an hohen ökonomischen und ökologischen Anforderungen messen muss.
Die Koalition habe bereits unterstützend gewirkt, indem unter anderem das Landärztegesetz auf den Weg gebracht und die landwirtschaftliche Sozialversicherung neu geregelt wurde. „Denn es darf nicht zugelassen werden, dass aus schwierigen Regionen verödetes und karges Niemandsland wird.“
Linke: Förderprogramme umgestalten
Alexander Süßmair (Die Linke) hielt entgegen, dass es CDU/CSU und FDP nicht so ernst mit dem Maßnahmenkatalog sein könne: „Anstatt in Ruhe fachlich über die Forderungen in den Ausschüssen zu beraten, peitschen sie den Antrag durch.“ Er kritisierte, dass nach den Vorschlägen zum Beispiel Kommunen erlaubt werden soll, private Gelder zu akquirieren, um bei kommunalen Projekten die Kofinanzierungen zu sichern. „Das ist dreist“, sagte er, denn die Kriterien der Förderprogramme könnten so umgestaltet werden, dass die Kommunen Fördermittel einfach in Anspruch nehmen können. Es sei schließlich das Steuergeld der Bürger.
Süßmair monierte zudem, dass im Bereich des Ehrenamtes keine Impulse vom Koalitionsantrag ausgehen. „Ehrenamtliche Tätigkeit in der Feuerwehr ist bei vielen Arbeitgebern ein Einstellungshinderungsgrund, da sollten Sie tätig werden“, sagte er in Richtung Union. Solange der gesamte Katalog jedoch unter Vorbehalt der Haushaltslage stehe, sei der Antrag „völlig unglaubwürdig“.
Grüne: Green-New-Deal für ländliche Regionen
Einen „Green-New-Deal“ forderte Cornelia Behm (Bündnis 90/Die Grünen) für den ländlichen Raum. Sie unterstellte den Antragstellern, dass durch die „Wahlschlappen der Vergangenheit die Koalition erkannt hat, dass etwas geschehen müsse“.
Sie forderte einen Politikwechsel, der das Land nicht als Produktionsstandort für die Agrarindustrie sieht. Stattdessen müsse der Unterstützung in Forschung, Bildung, Innovation und Kooperation der Vorzug gegeben werden. Zwar stimmte Behm der Analyse der Situation des Koalitionsantrags zu, doch weil die meisten Vorschläge nur Empfehlungen seien, bescheinigte sie der CDU/CSU und FDP fehlenden Mut.
Antrag der Grünen zur Raumordnung abgelehnt
Gegen die Stimmen von Linksfraktion und Grünen hat der Bundestag auf Empfehlung des Verkehrs- und Bauausschusses (17/11672) einen Antrag der Grünen (17/9583) abgelehnt, in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert worden war, einen Bundesraumordnungsplan für erneuerbare Energien zu erstellen und zu prüfen, ob den Ländern im Raumordnungsgesetz Flächenvorgaben gemacht werden können, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu erleichtern.
Mit der Debatte wurde der Raumordnungsbericht 2011 der Bundesregierung (17/8360) zur Kenntnis genommen. Der SPD-Antrag zur effektiven und effizienten Gestaltung der Politik für ländliche Räume (17/11031) wurde in die Ausschüsse überwiesen. (eis/29.11.2012)