SED-Opferbeauftragte bei der Wanderausstellung über die Stasi in Koblenz:„Ein Antrag für alle Akten“
Am 16. Juli nahm die SED-Opferbeauftragte zum Koblenzer Auftakt der Bundesarchiv-Wanderausstellung „Alles Wissen Wollen. Die Stasi und ihre Dokumente“ an einer Podiumsdiskussion teil. Nach einem Grußwort des Präsidenten des Bundesarchivs Prof. Dr. Michael Hollmann und einem Zeitzeugengespräch mit dem ehemaligen politischen Häftling Mario Röllig diskutierte die SED-Opferbeauftragte das Thema „Erinnern für die Zukunft“. Gemeinsam mit dem Forschungsprojektleiter im Stasi-Unterlagen-Archiv Martin Stief und der Regionalbeauftragten der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft Rheinland-Pfalz Elke Schlegel wurde dabei die große Bedeutung der Stasi-Akten für die Opfer herausgestellt.
Elke Schlegel, die selbst 1984 aus politischen Gründen im ehemals größten Frauengefängnis der DDR, in Hoheneck, inhaftiert war, hatte schon sehr früh, 1991, Akteneinsicht genommen. Erschlagen durch die Masse von Akten und den darin enthaltenen Schwärzungen hatte sie sich zunächst nicht viel Klärung erhofft. Dennoch konnte sie mit Hilfe der Akten letztlich viel des von ihr erfahrenen Unrechts rekonstruieren. Evelyn Zupke unterstrich, dass es die Akten seien, die für viele Betroffene ein wichtiger Beleg ihrer eigenen Verfolgung sind. Allerdings käme es nicht nur auf die Stasi-Akten an, sondern darauf, dass die Gesamtheit der Akten aus der DDR genutzt werde „Man hat sich viel zu lange allein auf die Stasi konzentriert. Doch die Stasi arbeitete im Auftrag der SED und diese hat in viele Bereiche direkt kontrollierend und repressiv gewirkt. So hat auch die DDR-Jugendhilfe als ein Instrument der Repression gedient“, erklärte die SED-Opferbeauftragte. Sie wünsche sich deshalb einen Antrag für alle Akten. „Bei Anträgen auf Akteneinsicht sollten neben den Stasi-Akten auch zum Beispiel Akten der Jugendhilfe oder der DDR-Volkspolizei in eine Aktenprüfung einbezogen werden können.“
Am Vormittag hatte die SED-Opferbeauftragte in Koblenz zudem mit Michael Hollmann und der Bürgermeisterin der Stadt Koblenz Ulrike Mohrs der Opfer der SED-Diktatur mit einer Kranzniederlegung am „Mahnmal Mauersteine“ nahe des Deutschen Ecks, an Segmenten der Berliner Mauer, gedacht.
Am 17. Juli stand Evelyn Zupke von 10.00 bis 12.00 Uhr mit einem Mitarbeiter ihrer Geschäftsstelle für eine offene Bürgerspechstunde im Foyer des westdeutschen Bundesarchivstandorts zur Verfügung.
Die Ausstellung ist in Koblenz noch bis zum 6. September 2024 kostenfrei im Bundesarchivstandort zu sehen. Weitere Informationen zur Ausstellung finden sich unter: www.alles-wissen-wollen.de
Hintergrund
Gestartet war die Ausstellung am 23. April in Berlin. Die SED-Opferbeauftragte eröffnete sie im Deutschen Bundestag im Mauer-Mahnmal. Auch dort hatte Mario Röllig von seinem Leben als Homosexueller in der DDR berichtet und dargestellt, wie er in die Fänge der Stasi geriet.
Die Wanderausstellung des „Bundesarchiv – Stasi-Unterlagen-Archiv“ präsentiert insgesamt 21 Objekte zur Geschichte der DDR-Geheimpolizei, ihren Methoden und den Folgen der Bespitzelung für die Betroffenen. Die Faksimiles stammen aus den Beständen des Stasi-Unterlagen-Archivs.
Das Stasi-Unterlagen-Archiv war 2021 in das Bundesarchiv überführt worden und wurde Teil des Bundesarchivs. Das Stasi-Unterlagen-Archiv sichert und bewahrt die hinterlassenen Unterlagen der Staatssicherheit der DDR und stellt sie auf Grundlage des Stasi-Unterlagen-Gesetzes Privatpersonen, Institutionen und der Öffentlichkeit auf Antrag zur Verfügung. Insgesamt lagern in den Beständen mehr als 111 Kilometer Aktenmaterial, mehr als 1,7 Millionen Fotos sowie Karteikarten, Filme, Tondokumente und Mikrofiches. Die neue Wanderausstellung ist als eines der ersten Projekte des Stasi-Unterlagen-Archivs als Teil des Bundesarchivs entstanden.