Abschließende Beratungen ohne Aussprache
Ohne Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 28. April 2022, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:
Gedenktag: Direkt abgestimmt und abgelehnt wurde mit der breiten Mehrheit des Plenums gegen das Votum der Fraktion Die Linke ein Antrag (20/730) mit der Forderung, den 8. Mai „als Tag der Befreiung“ den Status eines Gedenktages zu verleihen. In der Begründung verweist die Fraktion darauf, dass der Tag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 für Millionen Menschen ein Tag der Hoffnung und Zuversicht gewesen sei. Bis heute werde indes seine Bedeutung als „Tag der Befreiung“ nicht allgemein anerkannt. Auch diese Unterschiedlichkeit der Bewertung biete die Chance, „einen lebendigen Gedenktag zu etablieren, der sich nicht in Symbolen und Ritualen erschöpft, sondern zu streitbaren öffentlichen Diskussionen Anlass gibt“. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen der NS-Vergangenheit mehr berichten können, sei die „Etablierung eines die gesellschaftspolitische Diskussion anregenden Gedenktages von besonderer Bedeutung“. Noch strittig ist, ob die Vorlage direkt abgestimmt oder an die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen werden soll.
Versorgungssicherheit: Die Abgeordneten haben einen Antrag (20/1026) der AfD-Fraktion zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Lebensmitteln abgelehnt. Dagegen haben die SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Die Linke gegen die Stimmen der AfD votiert. Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit die Voraussetzungen zur Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion zu schaffen, insbesondere des Kulturlandes. Auch müsse sie für eine standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion sorgen sowie eine auf den Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft gewährleisten. Weitere Forderungen der AfD betreffen die Sorge für grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen, sowie einen ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat dazu eine Beschlussempfehlung (20/1373) vorgelegt.
Ernährungssicherheit: Das Plenum hat einen Antrag (20/1028) der AfD-Fraktion zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit in Deutschland zurückgewiesen. Dagegen haben die SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Die Linke gegen die Stimmen der AfD votiert. Die Abgeordneten drängen darauf, „schnellstmöglich die Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die deutsche Landwirtschaft, die internationalen Lebensmittelmärkte sowie die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln zu evaluieren“. Der Antrag sieht unter anderem vor, dass die Bundesregierung ihr Regierungshandeln dementsprechend auszurichten habe, „dass die Ernährungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden kann und Lebensmittelpreise bezahlbar bleiben“. Bereits vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe es eine „globale Ernährungskrise“ gegeben, schreiben die Abgeordneten. Agrarökonomen und Ernährungsorganisationen hätten bereits vor Ausbruch der Kriegshandlungen vor anhaltend hohen Nahrungsmittelpreisen gewarnt. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung (20/1373) zugrunde.
Lebensmittelabfälle: Die Abgeordneten haben einen Antrag (20/1030) der AfD zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen abgelehnt. Dagegen haben die SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP und Die Linke gegen die Stimmen der AfD votiert. Die Bundesregierung soll die Ressourceneffizienz angesichts der Auswirkungen des Ukraine-Krieges erhöhen und vermeidbare Lebensmittelabfälle in Deutschland nachhaltig reduzieren. Die AfD-Fraktion fordert unter anderem, die Bundesregierung solle sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass EU-Vermarktungs- und Handelsnormen, die zu einer unnötigen Verschwendung von Obst und Gemüse führen, evaluiert und dementsprechend überarbeitet bzw. abgeschafft werden. Zudem soll die Abgabe überschüssiger Lebensmittel des Lebensmitteleinzelhandels und von Großmärkten an gemeinnützige Organisationen, die diese an Bedürftige verteilen, durch steuerliche Anreize gefördert werden. Außerdem sei gemeinsam mit den Ländern darauf hinzuwirken, dass die Ernährungsbildung noch stärker in den Lehr- und Ausbildungsplänen von Schulen und Kindertageseinrichtungen verankert werde. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat dazu eine Beschlussempfehlung (20/1377) vorgelegt.
Petitionen: Darüber hinaus hat das Parlament über sechs Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen abgestimmt, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 73 bis 78 (20/1323, 20/1324, 20/1325, 20/1326, 20/1327, 20/1328).
Ausstattung von Fernwegen mit Solardächern gefordert
Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, Autobahnen, Bundesstraßen und Bahnlinien mit Solardächern auszustatten. „Wir versiegeln immer mehr Flächen mit Solarparks, und die Akzeptanz der Windkraft hat selbst in der Regierung stark abgenommen“, schreibt der Petent in seiner öffentlichen Eingabe. Die angeregte Ausstattung von Autobahnen, Bundesstraßen und Bahnlinien mit Solardächern könne die Lösung der „verfahrenen Situation“ sein. Zum einen würde seiner Ansicht nach so die zusätzliche Flächenversieglung reduziert und zum anderen eine Versöhnung mit den Windkraftgegnern erreicht.
Das entsprechende Konzept des Netzspeicherverbundsystems habe er schon vor fünf Jahren öffentlich vorgestellt, heißt es weiter. Darin fungierten die Autobahnen als Verbindungskonten zwischen dem Netz und der dezentralen Erzeugung. Nun sei die Idee durch ein transparentes Solardach über den Fahrspuren erweitert worden. „Die Verbindung dieser beiden Ideen ermöglicht ein Grundlastkraftwerk mit eingebauter Sektorkopplung und kann zudem auch auf das Schienennetz der Bahn ausgedehnt werden“, heißt es in der Petition. Da der Bund Eigentümer sowohl der Autobahn, der Bundesstraßen und der Schienennetze sei, müsse auch der Bundestag über deren Nutzung entscheiden.
„Alle geeigneten Stellen künftig für die Solarenergie nutzen“
Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am Mittwoch, 6. April 2022, verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr „als Material“ zu überweisen, „soweit es darum geht, alle geeigneten Stellen künftig für die Solarenergie zu nutzen“ und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“.
Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition mit der erwähnten Einschränkung, „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.
Politprojekte laufen
In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss unter anderem darauf, dass sich die Photovoltaik-Überdachung von Straßen und Schienen auch im Vergleich zu neuen Anwendungen wie Agrar-Photovoltaik, schwimmender Photovoltaik oder der solaren Parkplatzüberdachung noch in einem sehr frühen Stadium befinde.
Grundlegende Fragen dazu seien aber bereits in einem Pilotprojekt des Austrian Institutes of Technology (AIT) und des Frauenhofer ISE in Angriff genommen worden. Zu den erwarteten positiven Effekten zählten neben der Flächeneinsparung der Schutz der Straßenoberfläche vor Niederschlag und Hitze sowie eine potenzielle Verringerung der Lärmbelastung.
Raststätte Hegau-Ost an der A81 soll 2022 Solardach erhalten
In einer zweiten Phase solle nun im Rahmen des Projektes der Prototyp einer PV-Straßenüberdachung entwickelt und gebaut werden. Konkret geplant sei für das Jahr 2022 die Errichtung eines 170 Quadratmeter großen Daches mit PV-Modulen auf der Raststätte Hegau-Ost (Baden-Württemberg) an der Bundesautobahn A81.
Die Anlage werde mit entsprechender Messtechnik ausgestattet und soll die Anforderungen beispielsweise hinsichtlich Wind- und Schneelasten, Aufprallsicherheit und Standsicherheit ausloten. Zudem müssten auch Wartungsmöglichkeiten geschaffen werden, um die Verkehrssicherheit im laufenden Betrieb sicherzustellen, heißt es in der Beschlussempfehlung.
(hau/eis/25.04.2022)