Parlament

Kontroverse Debatte zu Befugnissen der Bundespolizei

Im Bundestag ist es am Freitag, 16. Dezember 2022, zu einer kontroversen Debatte über die weitere Stärkung der Bundespolizei gekommen. Die CDU/CSU-Fraktion, die in einem Antrag (20/4881) weitere Befugnisse für die Bundespolizei fordert, kritisierte, dass deren Personal unter Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wieder abgebaut werde, nachdem es unter ihren CDU-Amtsvorgängern zur größten Stärkung der Bundespolizei in deren Geschichte gekommen sei. Redner der Ampelkoalition wiesen die Kritik entschieden zurück und betonten, dass die Bundespolizei in den kommenden Jahren weiter gestärkt werde. 

Union moniert „Personalkürzung um 1,5 Prozent“

Michael Brand (CDU/CSU) sagte, die Bundespolizei werde „wieder auf Kante genäht“. 2023 komme es zu einer Personalkürzung um 1,5 Prozent in der Bundespolizeiverwaltung, obwohl es seit 2016 einen Aufwuchs an Einsatzkräften von mehr als 30 Prozent gegeben habe. Bei der versprochenen Ruhegehaltsfähigkeit sei bis heute nichts passiert. Die Bundespolizei brauche neben ausreichendem Personal und einer modernen Ausstattung auch zeitgemäße Befugnisse und Zuständigkeiten, wie die Union sie in ihrem Antrag vorschlage. 

SPD kündigt neues Bundespolizeigesetz an

Uli Grötsch (SPD) entgegnete, die Koalition habe die Bundespolizei im Haushalt 2023 weiter gestärkt. So bekomme sie 1.000 neue Stellen, um die Anwärter übernehmen zu können. Dabei habe keine Bundesbehörde in den vergangenen Jahren einen so großen Aufwuchs erfahren wie die Bundespolizei. Als nächstes werde auf diesem Weg mit einem neuen Bundespolizeigesetz sehr zeitnah ein moderner Rechtsrahmen für die Bundespolizei folgen. 

AfD: Jeder Cent für die Bundespolizei ist gut investiert

Steffen Janich (AfD) nannte die Bundespolizei einen „unverzichtbaren Bestandteil zum Schutz der öffentlichen Sicherheit“ sowie der nationalen Grenzen, Schienenwege und Flughäfen. Zwischen 2017 und 2021 habe sich die Zahl der Planstellen bei der Bundespolizei von 42.000 auf zirka 50.000 erhöht, der jährliche Haushalt sei in diesem Zeitraum von 3,3 Milliarden Euro auf 4,7 Milliarden Euro angestiegen. Dabei sei jeder in die Bundespolizei investierter Cent gut angelegtes Geld. Die Bundespolizei müsse auch künftig gestärkt und ausgebaut werden. 

Grüne: Schärfere Gesetze führen nicht zu mehr Sicherheit

Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen) teilte das Anliegen, die Bundespolizei zu stärken. Die Koalition sorge für einen kontinuierlichen Stellenzuwachs bei der Bundespolizei in den nächsten Jahren und investiere in deren technischen Ausstattung. Der Unions-Antrag enthalte dagegen vor allem Gesetzesverschärfungen etwa bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchung und Wohnraumüberwachung. Immer schärfere Gesetze führten jedoch nicht automatisch zu mehr Sicherheit.  

Linke: Schwarze Schafe aus dem Dienst entfernen

André Hahn (Die Linke) kritisierte die CDU/CSU-Forderung, dass die Koalition auf die Schaffung eines unabhängigen Bundespolizeibeauftragten verzichten solle. Alle Demokraten müssten daran interessiert sein, dass die übergroße Mehrheit der Polizisten, die ihren Dienst verantwortungsbewusst versehen, dadurch geschützt werden, dass „schwarze Schafe“ mit rechtswidrigem Verhalten möglichst schnell aus dem Dienst entfernt werden können. 

FDP: Der Union geht es um mehr Überwachung

Manuel Höferlin (FDP) betonte, eine moderne und gut ausgestattete Polizei sei in der Innenpolitik ein zentrales Vorhaben der Koalition, die intensiv daran arbeite, die Tätigkeit der Bundespolizei besser und effizienter zu gestalten. Der Antrag der Union zeige dagegen, dass diese dieser Aufgabe nicht gewachsen sei. Der Union gehe es einmal mehr um mehr Überwachung, doch seien ihre „fragwürdigen Projekte“ bereits bisher vor den Verfassungsgerichten gescheitert. Auch bedeute mehr Überwachung nicht automatisch mehr Sicherheit.  

Antrag der Union

Die CDU/CSU-Fraktion dringt auf weitere Befugnisse für die Bundespolizei. In ihrem Antrag fordert sie für die Bundespolizei die Befugnis zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) sowie „speziell zur Bekämpfung lebensgefährdender Schleusungskriminalität die Befugnis zur sogenannten Quellen-TKÜ und zur Online-Durchsuchung“. Auch soll die Bundespolizei nach dem Willen der Fraktion „zur Abwehr dringender Gefahren für Leib und Leben oder für die Sicherheit des Landes“ die Befugnis zur Wohnraum-Überwachung erhalten sowie zur „Abwehr von Drohnen und anderen fernmanipulierten Geräten die Befugnis zum Einsatz moderner Technik wie Laser, elektromagnetische Impulse, Jamming oder GPS-Störung“.

An besonders kriminalitätsbelasteten Bahnhöfen und Flughäfen soll die Bundespolizei dem Antrag zufolge die Befugnis zur Nutzung von Technik zur automatischen Gesichtserkennung bekommen. Für die sicherere Durchführung von Abschiebungen soll ihr laut Vorlage die Befugnis zum Einsatz von Bodycams und zur Durchsuchung der Abzuschiebenden eingeräumt werden und für ein „konsequenteres Vorgehen insbesondere gegen Fußball-Hooligans“ die Befugnis zur Erteilung von Meldeauflagen und Aufenthaltsverboten.

Befugnis zur Verwendung von Tasern

Auch macht sich die Fraktion dafür stark, der Bundespolizei zur „Erweiterung des Instrumentariums für verhältnismäßiges Handeln“ die Befugnis zur Verwendung von Gummigeschossen und Elektroimpulsgeräten (sogenannten Taser) einzuräumen. Letztere eigneten sich gerade zur unmittelbaren Gefahrenabwehr unterhalb des Einsatzes von Schusswaffen und seien von der Bundespolizei bereits im Einsatz erfolgreich getestet worden.

Ferner plädiert die Fraktion dafür, dass die Bundespolizei unter anderem für sämtliche Verbrechen in ihrem Aufgabenbereich sowie für Straftaten im Zusammenhang mit Drohnenangriffen zuständig ist. Zur Gewährleistung einer verbesserten Unterbringung der Bundespolizei fordert sie eine Konkretisierung der Unterstützungspflichten von Verkehrsunternehmen und Betreibern von Bahn- und Flughäfen, „inklusive der Überlassung von Raum für Rückführungen sowie für den Digitalfunk“.

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der neben den genannten Punkten unter anderem auch die Schaffung einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage für den sogenannten finalen Rettungsschuss enthält. Verzichten soll die Bundesregierung dagegen der Fraktion zufolge auf die Einführung einer „sämtliche Bundespolizisten unter Generalverdacht stellenden, sie und ihre Familien womöglich in Gefahr bringenden Kennzeichnungspflicht“ sowie auf die „Schaffung eines weiteren Beauftragten-Postens, namentlich eines Polizeibeauftragten des Bundes“. (sto/16.12.2022)

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