Parlament

Bundestag lehnt Antrag für eine Verhandlungsinitiative zum Ukrainekrieg ab

Mit ihrer Forderung nach einer Verhandlungsinitiative zur Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine hat sich die Fraktion Die Linke zwar nicht durchsetzen können. Einen entsprechenden Antrag (20/5819) lehnte der Bundestag am Donnerstag, 2. März 2023, mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der AfD ab. Doch für einen hitzigen Schlagabtausch im Plenum hat die Fraktion dennoch gesorgt.

Linke: Weg zu Deseskalation und Interessenausgleich finden

So warf Dr. Gregor Gysi (Die Linke) der Bundesregierung vor, vor allem auf Waffen zu setzen. Für eine von ihm initiierte Lieferung eines Betonmischers, eines Kleinbusses und eines Treckers in die Ukraine habe die Bundesregierung kein Geld gehabt, aber für Panzer, monierte er.

Die Konzentration auf militärische Mittel aber führe nicht weiter, die Ukraine befinde sich inzwischen in einem Stellungskrieg. Es brauche endlich eine Verhandlungsinitiative: „Wir müssen einen Weg finden, wie wir zu Deeskalation, Abrüstung, Interessenausgleich und strikter Wahrung des Völkerrechts durch alle Seiten zurückkehren können“, sagte Gysi.

SPD: Vorwurf der mangelnden Abgrenzung zu Rechtsextremisten

Gegen Verhandlungen und Diplomatie sei nichts einzuwenden, räumte Dr. Ralf Stegner (SPD) ein, doch „was gar nicht geht“, sei, Anträge für Friedensverhandlungen zu stellen und gleichzeitig „mit Rechtsextremisten auf die Straße zu gehen“, so der Abgeordneten mit Blick auf die von der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, und Alice Schwarzer organisierte Kundgebung wenige Tage zuvor in Berlin.

Das sei „scheinheilig“ – es gehe den Rechtsextremen nicht um Frieden, sondern um die Unterstützung des russischen Diktators. Wer sich davon nicht glaubwürdig abgrenze, könne auch nicht glaubwürdig für Frieden stehen.

Union: Verpflichtung der Ukraine beizustehen

Auch Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) hielt der Linksfraktion vor, mit ihrem Antrag Narrative Putins zu bedienen und den Beifall von Rechtsaußen billigend in Kauf zu nehmen. Dass Sahra Wagenknecht zu Demonstrationen aufrufe, aber nicht an der Debatte im Bundestag teilnehme, sei eine „Missachtung des Parlamentarismus“, befand Wadephul.

Deutschland sei verpflichtet, der Ukraine zur Seite zu stehen, so der Abgeordnete und erinnerte daran, dass die Ukraine 1994 für russische Sicherheitsgarantien auf ihre Atomwaffen verzichtet habe. Diese „Souveränitätsgarantie“ sei verletzt worden, daher müsse die Ukraine nun beschützt werden.

Grüne: Antrag soll Spaltung der Linken verbergen

Scharf attackierte auch Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) die Linksfraktion und insbesondere Gregor Gysi: Seine Rede sei an „Verlogenheit“ kaum zu überbieten. Die Darstellung, die Bundesregierung habe kein Geld für einen Trecker, aber dafür für Panzer, ignoriere bewusst die Milliarden, die die Bundesregierung an humanitärer und ziviler Hilfe in die Ukraine gebe. Der Antrag sei nicht mehr als ein Versuch, Spaltungen in der eigenen Fraktion zu überdecken, meinte Trittin.

Zu der Forderung nach einem Waffenstillstand betonte er, dass nicht die Bundesregierung der Adressat sei, sondern Putin. Dieser sei aber gegenwärtig nicht zu Verhandlungen bereit. Der einzige Weg, der zu Verhandlungen führen könne, sei die politische Isolierung Putins – und daran arbeite die Bundesregierung.

AfD: Menschen wollen kein Steuergeld für Waffen

Petr Bystron (AfD) wiederum warf Ampel und Union vor, im „alten Rechts-Links-Denken“ verhaftet zu sein und dabei zu übersehen, dass sich längst eine „horizontale Spaltung des politischen Spektrums“ zwischen den „Menschen da unten und den globalen Eliten da oben“ vollziehe.

Den Menschen, die keinen Krieg wollten und auf der Straße für den Frieden demonstrierten, sei es völlig egal, ob Linke oder AfD dazu aufriefen. Sie machten vielmehr ihrem Unmut darüber Luft, dass die die Bundesregierung stellenden Parteien über ihren Kopf hinweg mit Steuergeldern Waffen lieferten.

FDP: Arrangement mit Massenmördern, Folterern und Vergewaltigern

Die Forderung nach diplomatischen Gesprächen mit Russland klinge „human“, wandte schließlich Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) ein. Doch sei sie nichts anderes als ein „Arrangement mit Massenmördern, Folterern und Vergewaltigern“. Eine solche Diplomatie würde zudem ins „Leere laufen“, da Putin doch wiederholt betone, dass er nicht bereit sei, die völkerrechtswidrig besetzten Gebiete wieder zu verlassen, betonte die FDP-Abgeordnete.

Wer der Ukraine Waffen und militärisches Material verweigere, sei bereits sie zu opfern und spreche ihr das Recht zur Selbstverteidigung ab. Erst aus einer Position der Stärke heraus seien Gespräche sinnvoll, daher sei es existenziell wichtig, dass die Weltgemeinschaft die Ukraine unterstütze – auch mit Waffen. 

Antrag der Linken

Die Fraktion Die Linke setzt sich für eine Verhandlungsinitiative zur Beendigung des Krieges Russlands gegen die Ukraine ein. Die Bundesregierung setze fast ausschließlich auf militärische Mittel, kritisieren die Abgeordneten mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine in ihrem Selbstverteidigungsrecht. Eine verantwortungsvolle Politik müsse aber zum Ziel haben, „den größten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, der inzwischen schon über ein Jahr lang geführt wird, schnellstmöglich zu beenden und eine weitere Eskalation zu verhindern“.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung in ihrem Antrag unter anderem auf, sich für einen sofortigen Waffenstillstand und eine diplomatische Initiative für anschließende Friedensverhandlungen zusammen mit europäischen und nicht-europäischen Staaten einzusetzen. Erreicht werden solle so, dass sich die russischen Truppen zurückziehen, die Souveränität, territoriale Integrität und Sicherheit der Ukraine garantiert werden und „langfristig ein System gemeinsamer europäischer Sicherheit mit Russland ermöglicht“ werden kann. (sas/ahe/02.03.2023)

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