Befragung der Bundesregierung

Scholz: Eskalation im Ukraine-Krieg muss vermieden werden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bekräftigt, dass die Bundesregierung weiterhin alles tun werde, damit es in der Ukraine nicht zu einer Eskalation oder gar zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato kommt. Die Situation in dem von Russland angegriffenen Land bildete einen der Schwerpunkte der Fragen, die die Abgeordneten am Mittwoch, 4. Dezember 2024, in der Regierungsbefragung des Bundestages an den Kanzler richteten. Es sei nicht sichtbar, dass Russland von seinem mit großer Härte geführten Angriffskrieg ablässt. 

„Kühlen Kopf bewahren“

Die Ukraine könne sich auf Deutschland als das Land, das am meisten Unterstützung in Europa mobilisiert habe, verlassen, betonte Scholz. Waffenhilfe im Umfang von 28 Milliarden Euro seien ein ganz großes Zeichen der Solidarität Deutschlands mit der Ukraine. Nun gehe es darum, so der Kanzler, den Grundsatz zu verteidigen, dass nicht über die Köpfe der Ukraine hinweg Entscheidungen getroffen werden. Gleichzeitig komme es darauf an, „kühlen Kopf zu bewahren“. 

Der Kanzler warb in seinem Eingangsstatement darüber hinaus dafür, dass der Bundestag noch vor den Neuwahlen Entlastungen für die Bevölkerung beschließt und nannte den Abbau der sogenannten kalten Progression im Einkommensteuertarif, die Erhöhung von Kindergeld und Kinderzuschlag und die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets. Ebenso trat er für eine Verlängerung der Mietpreisbremse ein, die Ende nächstens Jahres auslaufe.

Zu den aktuellen Problemen der deutschen Wirtschaft sagte Scholz: „Wir müssen für Sicherheit bei den Energiepreisen sorgen.“ Er habe vorgeschlagen, den weiteren Anstieg der Netzentgelte zu verhindern, und bat darum, diesen Vorschlag noch in diesem Jahr zu beschließen. 

„Anstieg der Netzentgelte verhindern“

Julia Klöckner (CDU/CSU) konfrontierte den Kanzler mit dessen früherer Ankündigung eines Wirtschaftswachstums wie nach dem Krieg, wo doch die Realität eine komplett andere sei: „Deindustrialisierung statt Wachstum, Tausende Arbeitsplätze gehen verloren.“ Der Internationale Währungsfonds spreche davon, dass Deutschland das einzige Industrieland sei, das schrumpft. 

Scholz erwiderte, er sei der Überzeugung, dass viele Investitionen notwendig sind und dass Investitionen in die Digitalisierung Wachstumsprozesse ermöglichen können. Er erinnerte an die vielen Herausforderungen für das Land wie die Nachfrageschwäche, die gestiegenen Energiepreise und die „riesige Inflation“, die die Volkswirtschaft getroffen hätten. Daher sei es jetzt richtig, zu tun was möglich ist, damit die Netzentgelte nicht steigen, sagte der Kanzler. Auch könne ein „Deutschlandfonds“ viel Wachstum initiieren.

„Stahl auch künftig in Deutschland verarbeiten“

Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm zeichnete wie Klöckner ein düsteres Bild der deutschen Wirtschaft und machte dies an der Person des Wirtschaftsministers Robert Habeck fest. Wann Scholz diesen entlassen wolle, fragte der Abgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern. 

Das habe er nicht vor, entgegnete der Bundeskanzler. Zur der von Holm angesprochenen Situation der Stahlindustrie teilte Scholz mit, er werde sich mit Unternehmen und Gewerkschaften treffen. „Wir müssen Stahl in Zukunft in Deutschland auch verarbeiten“, sagte er: „Wir müssen dafür sorgen, dass in Deutschland gebrauchter Stahl auch hier produziert wird.“ Gleiches gelte für die Produktion von Batterien, um diese „strategische Komponente“ nicht aus anderen Ländern importieren zu müssen. Ebenso sollten Halbleiter auch in Deutschland hergestellt werden.

Die SPD-Abgeordnete Verena Hubertz fragte zum Thema der Energiepreise nach. Scholz: „Beim Strompreis müssen wir sicherstellen, dass Klarheit über Preisanstiege in der Zukunft herrscht.“ Gebraucht werde ein Preisbremse bei Übertragungsnetzentgelten. Erforderlich sei auch, Investitionen anzuregen und mit einem Innovationsbonus zu unterstützen. Eine Möglichkeit, Investitionen zu unterstützen könne ein Deutschlandfonds mit öffentlichem und privatem Kapital sein.

„Bodentruppen kommen nicht in Betracht“

Gegenüber dem FDP-Abgeordneten Nils Gründer wiederholte der Kanzler seine Ansage, dass alles getan werden müsse, damit es nicht zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato kommt. In der jetzigen Situation halte er es für ausgeschlossen, deutsche Soldaten in die Ukraine zu schicken: „Bodentruppen kommen für mich nicht in Betracht.“

Warum der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nicht zum jüngsten Treffen mit Joe Biden, Emmanuel Macron und Keir Starmer in Berlin eingeladen worden sei, fragte Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen). Scholz entgegnete, die Bundesregierung arbeite eng mit Polen zusammen, das gelte auch für die Ukraine-Unterstützung. Bei dem Treffen mit den drei anderen Regierungschefs habe es sich um das „Quad“-Treffen gehandelt mit einer bestimmten Zusammensetzung. Weitere Formate seien etwa das Weimarer Dreieck zusammen mit Polen und Frankreich oder der G7-KLreis. Ziel sei es, so Scholz, eine „große Gemeinschaft der Ukraine-Unterstützer herzustellen“. 

Jürgen Hardt (CDU/CSU) bezeichnete es hingegen auch als „großen Fehler“, dass Polen nicht eingeladen war. Scholz betonte erneut, dass Deutschland stärkster Unterstützer der Ukraine sei und erinnerte an das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels der Nato bei den Verteidigungsausgaben. Im Übrigen sei es die CDU gewesen, die entschieden habe, dass bei der Bundeswehr gespart wird. Die Union habe die Wehrpflicht abschaffen wollen: „Ich habe es schon damals nicht für eine schlaue Idee gehalten.“

Hilfe für hoch verschuldete Kommunen

Bernhard Daldrup (SPD) thematisierte die finanzielle Lage der Kommunen. Vor allem Städte mit Altschulden hätten erhebliche Defizite. Den am meisten verschuldeten Kommunen müsse geholfen werden, betonte Scholz. Er habe den Bundesfinanzminister gebeten, dazu einen Gesetzesvorschlag zu machen. Dieser setze allerdings Solidarität voraus. Es könne nicht den anderen Kommunen auch noch etwas gegeben werden. 

Auf Daldrups Nachfrage nach der Art von Solidarität sagte Scholz, aufgrund der erforderlichen Grundgesetzänderung brauche man eine Zweidrittelmehrheit, um die erforderliche Umbuchung der Schulden zu ermöglichen. „Wir müssen diesen Schritt gehen, damit die Kommunen nicht alleine gelassen werden“, betonte der Kanzler.

Entlastung am Wohnungsmarkt nur durch Neubau

Die Abgeordnete Caren Lay (Gruppe Die Linke) sprach das Thema fairer Mieten an. Die Mieten seien noch nie so stark angestiegen wie in der Amtszeit des Kanzlers. 

Scholz sagte, das Umfeld sei verbessert worden, damit mehr gebaut werden kann, etwa durch den Abbau bürokratischer Auflagen. Er erinnerte an die zusätzlichen Mittel für den sozialen Wohnungsbau aus der Bundeskasse. Ohne mehr Bauland und die Erschließung neuer Stadtteile werde es allerdings nicht gelingen. Der Theorie, Druck auf die Mieten auszuüben ohne neue Wohnungen zu bauen, erteilte der Kanzler eine Absage. (vom/04.12.2024)