Arbeit

Arbeits- und Sozial­ministerin Bas wirbt für Reform des Sozialstaats

In der ersten Plenardebatte über die künftige Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in der 21. Wahlperiode haben Bundesregierung, Regierungs- und Oppositionsfraktionen ihre Ziele und Erwartungen weitgehend ohne Überraschungseffekte abgesteckt. Ob Rente, Mindestlohn, Fachkräftemangel oder Inklusion, kaum ein sozialpolitisches Thema fehlte in der Aussprache am Donnerstag, 15. Mai 2025

Dass es der künftigen Bundesregierung aber nicht nur um das Drehen kleiner Stellschrauben geht, machte die neue Bundesministerin für Arbeit und Soziales und ehemalige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) unter anderem klar, als sie ankündigte, zwei Kommissionen zur Zukunft der Rentenfinanzierung und zur Reform des Sozialstaats einsetzen zu wollen. 

Bas: Der Sozialstaat ist zu kompliziert geworden 

Bärbel Bas betonte, die Lage auf dem Arbeitsmarkt werde schwieriger werden: „Wir werden um viele Arbeitsplätze kämpfen müssen. Dafür brauchen wir eine starke Sozialpartnerschaft.“ Sie stünde dabei klar auf der Seite der Beschäftigten, so die Ministerin weiter. 

Eine Reform des Sozialstaats sei nötig, denn in seiner aktuellen Verfassung sei dieser zu kompliziert, bürokratisch und vielfach intransparent. Um mehr Gerechtigkeit herzustellen, müsse aber auch der Missbrauch von Sozialleistungen konsequenter bekämpft werden, sagte Bas.

AfD: Die Sozialsysteme werden zerstört

René Springer (AfD) knüpfte in seiner Rede an seine schon während der vergangenen Legislaturperiode vielfach geäußerte Kritik an der Einwanderungspolitik an. Es müsse endlich einen grundlegenden „Stopp der Einwanderung in die Sozialsysteme“ geben, dies würde vermutlich aber erst passieren, wenn die AfD regiere, so Springer. 

Er forderte außerdem, deutliche Sanktionen in der Grundsicherung, die Förderung der beruflichen Qualifikation von rund 1,5 Millionen Jugendlichen ohne Berufsabschluss und niedrigere Steuern für kleine und mittlere Einkommen.

Union: Wir müssen einfach machen

Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) sagte, die Sozialpartnerschaft sei ein wichtiger Schlüssel des wirtschaftlichen Erfolgs der Bundesrepublik nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen. Heute zeigten sich jedoch vielfach Risse im wirtschaftspolitischen Fundament: „Es braucht also einen Politikwechsel in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik“, so Linnemann. 

Der Sozialstaat müsse sich auf jene konzentrieren, die ihn wirklich bräuchten. „Wer aber arbeiten kann, muss arbeiten gehen. Leistung muss sich auch für Ältere lohnen“, weshalb die Koalition die Aktivrente einführen wolle. Er zeigte sich überzeugt, dass der Koalitionsvertrag „alles mitbringt, was es jetzt braucht. Wir müssen jetzt einfach machen“.

Grüne: Beim Thema Inklusion drohen Kürzungen

Die ehemalige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung aus Union und SPD vor, das Thema Inklusion zu vernachlässigen. Was dazu im Koalitionsvertrag unter dem Stichwort „Pauschalierung“ von Leistungen formuliert sei, bedeute nichts anders als Leistungskürzungen für Menschen mit Behinderungen. 

Ihre Fraktion habe darüber hinaus noch nicht das Vertrauen in die neue Regierung, dass diese bei sozialpolitischen Fragen an einem Strang ziehe. Das habe die Rentendebatte vom vergangenen Wochenende über Vorschläge von Bärbel Bas für eine Bürgerversicherung gezeigt, sagte Paus.

Linke: Sie wollen den 8-Stunden-Tag abschaffen!

Anne Zerr (Die Linke) wurde noch etwas deutlicher in ihrer Kritik an den bisherigen Plänen von Schwarz-Rot: „Bei Arbeitnehmern müssen nun alle Alarmglocken schrillen“, sagte sie in Bezug auf die Ankündigung im Koalitionsvertrag, die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. 

Darauf dringen Arbeitgebervertreter schon seit Jahren, waren aber stets an SPD und Grünen in Regierungsverantwortung gescheitert. „Es geht um nichts anderes, als uns den 8-Stunden-Tag zu nehmen. Aber wir werden uns den nicht nehmen lassen“, betonte Zerr.

SPD: Wir stehen an der Seite der Arbeitnehmer

Annika Klose (SPD) wies den Linken-Hinweis zurück, wonach sich die SPD entscheiden müsse, auf welcher Seite sie stehe: „Unsere Entscheidung ist klar. Wir stehen an der Seite der Arbeitnehmer in diesem Land.“ 

Die Wirtschaft sei für die Menschen da und nicht umgekehrt. Dies bedeute demokratische Mitbestimmung in den Betrieben und ein Lohn, von dem man leben könne, sagte Klose. Die SPD werde deshalb für einen höheren Mindestlohn kämpfen und sich außerdem für eine höhere Erwerbsbeteiligung von Einwanderern und von Frauen einsetzen. (che/15.05.2025)