Inneres

Innenminister Dobrindt will Migrationspolitik verschärfen

Die deutsche Migrationspolitik bleibt auch in der neuen Legislaturperiode eines der zentralen Streitthemen im Bundestag. Dies zeigte am Freitag, 16. Mai 2025, die Parlamentsdebatte über das Regierungsprogramm des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU). Darin wandten sich Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke entschieden gegen die von der Bundesregierung angekündigte Verschärfung der Migrationspolitik, die von der AfD wiederum als völlig unzureichend kritisiert wurde. 

Innenminister: Bürger erwarten Politikwechsel

Dobrindt verteidigte den eingeschlagenen Kurs mit Nachdruck. Die Bürger erwarteten einen Politikwechsel, und dieser Politikwechsel habe bereits in der vergangenen Woche an den deutschen Grenzen begonnen. Deutschland bleibe ein weltoffenes Land, das auch für legale Migration in den Arbeitsmarkt offen sei, aber bei der illegalen Migration habe die Integrationsfähigkeit des Landes eine Belastungsgrenze. Hier seien die Kommunen am Limit und die Überforderung zeige sich an vielen Stellen. 

Daher sei im Koalitionsvertrag eine „Migrationswende“ vereinbart worden mit mehr Rückführungen, schnelleren Verfahren und mehr Zurückweisungen an den deutschen Grenzen auch bei Asylgesuchen. Auch werde die Koalition das Ziel der „Begrenzung“ von Migration wieder in das Aufenthaltsgesetz aufnehmen, die „Express-Einbürgerung“ abschaffen, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten aussetzen, freiwillige Aufnahmeprogramme „wo möglich beenden“, die Liste asylrechtlich sicherer Herkunftsstaaten ausweiten sowie die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) umsetzen und nachschärfen. 

Zudem werde die Regierung auch nach Afghanistan und Syrien abschieben und einen dauerhaften „Ausreisearrest“ für ausreisepflichtige Gefährder und schwere Straftäter einführen. Für diese gebe es dann nur noch die Alternative zwischen „Haft oder Heimflug“. 

Polizei und Nachrichtendienste

Dobrindt dankte zugleich den Polizisten in Deutschland für ihre Arbeit, bei der sie selbst oft in Gefahr kämen. Die Sicherheitsbehörden brauchten die bestmögliche Ausstattung und entsprechende Befugnisse. Hier eröffne der Koalitionsvertrag Chancen für mehr Sicherheit und mehr Schutz. Dazu werde der „Werkzeugkasten von Polizei und Nachrichtendiensten“ deutlich erweitert. 

So werde die Speicherung von IP-Adressen umgesetzt, die oft der einzige Ermittlungsansatz seien, um schwere Kriminalität zu bekämpfen. Damit werde ein „systematisches Entdeckungsrisiko für Schwerstkriminelle“ geschaffen. Auch werde der Bundespolizei die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) ermöglicht und das Bundespolizeigesetz modernisiert. Zudem werde die Regierungskoalition die Befugnisse der Nachrichtendienste ausweiten sowie einen „effizienten und effektiven Datenaustausch“ zwischen den Diensten gewährleisten. Ebenso sollten die Behörden zum Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) befähigt werden, „um große Datenmengen effizienter auszuwerten“. 

Der Innenminister versicherte zugleich, dass die Bundesregierung Antisemitismus, Islamismus, Rechts- und Linksextremismus mit der gleichen Konsequenz bekämpfen werde. Mit Blick auf das von ihm ausgesprochene Verbot der Reichsbürgervereinigung „Königreich Deutschland“ fügte Dobrindt hinzu: „Egal, ob jemand ein Königreich, ein Kalifat, den Faschismus oder den Kommunismus ausrufen will in Deutschland: Wir gehen entschlossen gegen diejenigen vor, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen.“ 

AfD kritisiert „Etikettenschwindel“ in Migrationspolitik

Dr. Gottfried Curio (AfD) warf der Bundesregierung bei ihrer Migrationspolitik „einen Etikettenschwindel nach dem anderen“ vor. Von der Ankündigung des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU), vom ersten Tag an ausnahmslos alle Unberechtigten zurückzuweisen, sei nichts mehr übrig. Die Inhaftnahme vollziehbar Ausreisepflichtiger sei ebenso verschwunden wie die „Anwendung der Richtlinienkompetenz des Kanzlers zur ausnahmslosen Zurückweisung“. 

Illegale Migration solle dem Koalitionsvertrag zufolge nicht beendet, sondern lediglich zurückgedrängt werden. Auch der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte solle nicht beendet, sondern nur ausgesetzt werden. Unberechtigte Afghanen und Syrer würden nicht abgeschoben, sondern nur Straftäter und Gefährder, und Geduldete sollten einen befristeten Aufenthaltstitel erhalten. Die „Herrschaft des Unrechts“ werde weiter verstetigt. 

SPD für Investitionen in Wehrhaftigkeit der Demokratie

Sonja Eichwede (SPD) zählte zu den wichtigen innenpolitischen Herausforderungen die Bekämpfung des Rechtsextremismus. Dieser wolle die Grundfesten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zerstören. Besonders besorgniserregend sei dabei auch der angestiegene und gewaltbereite Antisemitismus. Der Menschenfeindlichkeit von Antisemitismus und Rechtsextremismus müsse konsequent begegnet werden. 

Investieren müsse man auch in die „Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und in die Resilienz unserer Gesellschaft“, fügte Eichwede hinzu und verwies darauf, dass „Projekte zur demokratischen Teilhabe“ wie etwa das Programm „Demokratie leben!“ laut Koalitionsvertrag weiter gefördert würden. Zum Schutz der Demokratie gehöre auch, die Sicherheitsbehörden zu stärken und gut auszustatten. Die Bundespolizei brauche endlich ein modernes Bundespolizeigesetz, das nun schnell anzugehen sei. 

Grüne nennen Politikwechsel „dysfunktional“

Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) hielt Dobrindt vor, mit Mitteln wie der Vorratsdatenspeicherung, der „Abschottung innereuropäischer Grenzen“ und „diffusen Forderungen nach Strafverschärfungen“ anzutreten, die schon vor 20 Jahren nicht funktioniert hätten. „Wo ist der wichtige Schutz unserer Kritischen Infrastruktur? Wo ist die dringend benötigte Reform des Rechts der Nachrichtendienste? Wo ist die IT- und Cybersicherheit?“, fügte Notz hinzu. 

Mit Blick auf ein etwaiges AfD-Verbotsverfahren plädierte er dafür, „dass jetzt alle Informationen und Argumente zusammengetragen werden, damit man einen solchen Antrag in Karlsruhe stellen kann“. 

Zugleich warf der Grünenabgeordnete dem Minister vor, beim Thema Zurückweisungen ohne Rechtsgrundlage zu agieren und einen Großteil der europäischen Nachbarn zu „vergrätzen“. Dies lade Dobrindt bei den Bundespolizisten ab, die schon jetzt für die Sicherheit an Flughäfen und Bahnhöfen fehlten. Dobrindts Politikwechsel sei „dysfunktional“ und kurzsichtig. 

Linke kritisiert „politische Kapitulation vor der AfD“

Für Die Linke sagte Clara Bürger, die Regierung habe in der ersten Woche ihrer Amtszeit für ein Chaos gesorgt. Klar sei indes ihr Ziel, Grundrechte von Flüchtlingen an den Grenzen auszusetzen. Sie wolle Menschen ohne Verfahren zurückweisen, obwohl diese Asyl beantragen. Dobrindt wolle das Asylrecht abschaffen und eine „Praxis außerhalb des Rechts“. Damit schaffe er einen „Einstieg in eine Herrschaft des Unrechts“. Die Linke werde dagegen das Grundrecht auf Asyl immer verteidigen. 

Dobrindt betreibe eine „politische Kapitulation vor der AfD“, deren Forderungen – Zurückweisung, Abschottung, Ende legaler Fluchtwege – der Minister übernehme, fügte Bünger hinzu. Dabei sei ein Verbotsverfahren gegen die AfD „längst überfällig“. 

Union: Zurückweisungen sind zulässig und notwendig

Dr. Günter Krings (CDU/CSU) betonte dagegen, dass sich der „Zustrom von Asylsuchenden“ in den vergangenen Jahren nochmals verschärft habe. Dabei sei Deutschland im EU-Vergleich Hauptzielland von irregulärer Migration und weit überproportional belastet. 

„Unser Land ist durch diese unkontrollierte Zuwanderung insgesamt überfordert. Die Asylmigration muss daher deutlich reduziert werden“, sagte Krings. Dabei seien Zurückweisungen „ebenso zulässig wie notwendig“. (sto/16.05.2025)