Befragung der Bundesregierung

Finanzminister Klingbeil: Massiv investieren und das Land modernisieren

Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) will Deutschland wieder auf Wachstumskurs bringen. In der ersten Befragung der Bundesregierung der neuen Wahlperiode am Mittwoch, 14. Mai 2025, betonte Klingbeil, die Regierung wolle Deutschland „schneller, einfacher und gerechter machen“. Im Finanzministerium will der Minister nach eigenen Worten drei Schwerpunkte setzen: massiv investieren, Bürger und Unternehmen entlasten und das Ministerium zu einem Investitionsministerium machen. Für die Modernisierung des Landes stünden 500 Millionen Euro in einem Sondervermögen zur Verfügung.

Investiert werde auch in die Sicherheit Deutschlands und Europas. Klingbeil bekräftigte, dass man an der Seite der Ukraine stehe im Kampf gegen die russische Aggression. Noch vor der Sommerpause werde die Regierung einen Haushalt für das laufende Jahr vorlegen, der Kabinettsbeschluss sei für den 25. Juni geplant. Dieser Haushalt werde Raum schaffen für zusätzliche Investitionen. Trotz dieser Spielräume werde man auch die Haushaltskonsolidierung vorantreiben müssen, sagte Klingbeil. Alle Vorhaben stünden erst mal unter Finanzierungsvorbehalt.

Frei: Heraus aus Rezession und Stagnation

Kanzleramtsminister Thorsten Frei steht in der Regierungsbank und spricht in ein Mikrofon.

Kanzleramtsminister Thorsten Frei stand dem Bundestag Rede und Antwort. (© DBT/Xander Heinl)

Neben dem Finanzminister stellte sich auch der Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts Thorsten Frei (CDU) den Fragen der Abgeordneten. Er verwies auf den „enormen Reformbedarf“ im Inneren. Man wolle so schnell wie möglich aus der Rezessions- und Stagnationsphase herauskommen. Die Stärkung der Sicherheit und der Verteidigungsfähigkeit werde man in enger Abstimmung mit den europäischen Partnern angehen. 

In der Wirtschaftspolitik gehe es darum, die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu verbessern. Auch in der Migrationspolitik wolle man neue Ansatzpunkte wählen. Migration nach Deutschland müsse nicht nur geordnet und gesteuert, sondern auch begrenzt werden, sagte Frei. Die Aufnahmefähigkeit von Städten und Gemeinden müsse „bewältigbar belassen werden“.

Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen

An den Kanzleramtschef richtete der CSU-Abgeordnete Dr. Andreas Lenz seine Frage zur Wettbewerbsfähigkeit und die Pläne der Regierung, Energiekosten wieder bezahlbar zu machen. Frei verwies auf die Aufstellung der Bundeshaushalte für 2025 und 2026 in diesem Jahr mit der „klaren Prämisse“, dass die Strompreise sinken müssten. Die Stromsteuer solle auf das EU-rechtliche Minimum reduziert werden. Dem AfD-Abgeordneten Dr. Rainer Kraft entgegnete der Finanzminister, es gebe eine klare Verabredung, die Netzentgelte zu senken, sodass es schnell zu einer Absenkung der Energiekosten kommen werde.

Nach den inhaltlichen Schwerpunkten von Klingbeils „Investitionsministerium“ fragte der SPD-Abgeordnete Dr. Thorsten Rudolph. Schwerpunkt der Regierung sei, dafür zu sorgen, dass das Land modernisiert wird und „besser funktioniert“, antwortete der Finanzminister. „Die Menschen sollen merken: In diesem Land geht es voran.“ Mit den Länderfinanzministern habe es eine Einigung gegeben über den Verteilungsschlüssel des für die Länder vorgesehenen Anteils am Sondervermögen für Investitionen.

Stelleneinsparungen und Bürgergeld

Einsparpotenziale in den Haushalten 2025 und 2026 interessierten den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner. Klingbeil verwies auf geplante Stelleneinsparungen in der Bundesverwaltung, woraufhin Brandner Einsparungen beim Bürgergeld ansprach und insbesondere ukrainische Bürgergeldbezieher in den Blick nahm. Die Regierung erhöhe den Druck auf jene, die sich verweigern und die „mit Schwarzarbeit erwischt werden“, erwiderte Klingbeil. Solange der Krieg stattfinde, sei man jedoch eine „unterstützende Kraft“ für die Menschen aus der Ukraine. 

Dies wiederholte der Minister auch in seiner Antwort auf die Frage des AfD-Abgeordneten Kay Gottschalk. Es sei richtig, den Menschen aus der Ukraine Schutz zu geben. Es sei aber verabredet, dass sie nicht mehr im Bürgergeldbezug sein werden und dass der Druck bei Verweigerern erhöht werde.

Wirtschaftsleistung und Entlastung von Unternehmen

An den Kanzleramtsminister richtete der CDU-Abgeordnete Dr. Klaus Wiener seine Frage, wie der Trend zur schrumpfenden Wirtschaftsleistung gestoppt werden kann. Thorsten Frei sprach von einer „großen Vielfalt an Maßnahmen“, die künftig gar kein Geld kosten müssten. Konkret nannte er die Flexibilisierung im Bereich der Arbeitszeiten, etwa im Hinblick auf Höchstgrenzen bei Wochenarbeitszeiten statt bei Tagesarbeitszeiten. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wolle die Regierung abschaffen, eine entsprechende EU-Regelung müsse „bürokratiearm“ sein. Wichtig sei, dass die Menschen „Vertrauen in die Arbeitsweise dieser Regierung“ haben.

Schnelle Entscheidungen im Hinblick auf die steuerliche Entlastung von Unternehmen mahnte der CDU-Abgeordnete Fritz Güntzler an. Klingbeil sagte, man wolle Investitionen bei Unternehmen anregen und die degressive Abschreibung (AfA) von 30 Prozent auf den Weg bringen.

Migrationspolitik und Zurückweisungen an der Grenze

Ein weiterer Fragenkomplex betraf die Migrationspolitik und die Zurückweisungen an der Grenze. Marcel Emmerich und Chantal Kopf (Bündnis 90/Die Grünen) fragten nach der Rechtsgrundlage. Thorsten Frei sagte, die nationalen Grenzen müssten besser geschützt werden, ohne dass der „kleine Grenzverkehr“ negativ berührt wird. Es gebe keine Grenzschließungen und keine Grenzkontrollen. Klingbeil erwiderte auf Emmerichs Frage, es gebe keine nationale Notlage. Die erhöhten Kontrollen verletzten nicht das EU-Recht.

Der Abgeordneten Clara Bünger (Die Linke) sagte Frei, man dürfe nicht nur auf die Zugangszahlen schauen: „Es sind Menschen, die zu uns kommen.“ Ein Integrationsprozess dauere länger. Es reiche nicht, Schulen und Einrichtungen zu bauen, sondern es würden auch Lehrerinnen und Lehrer gebraucht, die ausgebildet werden müssten. 

Bundespolizei und Arbeitsmarkt

Hohe Frustration und Kündigungsraten bei der Bundespolizei thematisierte Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen). Frei sagte, die Zahl der Bundespolizisten sei in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet worden. Die Grenzkontrollen führten zu enormen Belastungen, man könne sie nicht „in alle Ewigkeit“ fortsetzen. Insgesamt werde ein anderes Migrationsrecht in Europa gebraucht. Dem Grünen-Abgeordneten Leon Eckert teilte Frei mit, bei den Kontrollen handele es sich um intelligente Stichprobenkontrollen, die nicht zu Staus oder Behinderungen von Menschen an den Grenzen führten.

Die SPD-Abgeordnete Dr. Tanja Machalet nahm den Arbeitsmarkt in den Blick. Frei betonte, man wolle das Arbeitskräftepotenzial ausweiten. Man wolle nicht akzeptieren, dass 50.000 junge Menschen jedes Jahr die Schule ohne Abschluss verlassen. Die Attraktivität des Landes müsse gesteigert werden. Das gelte auch für die „Flaschenhälse“ Visa-Erteilung und Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen. Für Letzteres seien die Landesverwaltungen zuständig, antwortete Frei dem Abgeordneten Helge Limburg (Bündnis 90/Die Grünen).

Mindestlohn, Cum/Cum-Skandal, Altersvorsorge

Pascal Meiser (Die Linke) wollte wissen, was passiert, wenn die Mindestlohn-Kommission entscheidet, den Mindestlohn nicht auf 15 Euro pro Stunde anzuheben. „Wir wollen einen Lohn, der am Arbeitsmarkt durchsetzbar ist“, sagte der Kanzleramtschef. 

Die Verjährungsfrist für Akten im Zusammenhang mit dem Cum/Cum-Steuerskandal sprachen Christian Görke (Die Linke), Iris Nieland und Kay Gottschalk (beide AfD) an. Görke sagte, Unterlagen könnten ab dem 1. Januar 2026 geschreddert werden. Dem Steuerzahler entgingen 28,5 Milliarden Euro, erst 200 Millionen Euro hätten eingezogen werden können. Klingbeil versicherte, er nehme das Thema ernst und werde es im Ministerium aufarbeiten lassen. Es müsse zu politischen Entscheidungen kommen.

Dr. Carsten Brodesser (CDU/CSU) thematisierte die Altersvorsorge. Der Finanzminister sprach sich dafür aus, neben der gesetzlichen auch die betriebliche und private Altersvorsorge zu stärken. Über die Ergebnisse wolle er der geplanten Kommission aber nicht vorgreifen. (vom/14.05.2025)