Aktuelle Stunde

Ja zu einem Industrie­strompreis und niedrigeren Netzentgelten

Die von der Bundesregierung geplante Schaffung eines Industriestrompreises sowie die ebenfalls vorgesehene Absenkung der Netzentgelte treffen im Bundestag auf Zustimmung. Das wurde bei einer von CDU/CSU- und SPD-Fraktion verlangten Aktuellen Stunde zum Thema „Wettbewerbsfähige Industrie – Entlastung durch Netzentgeltsenkung und Industriestrompreis“ am Donnerstag, 13. November 2025, deutlich. 

CDU/CSU: 600.000 Unternehmen werden entlastet

Die Bundesregierung stelle die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie ins Zentrum ihrer Politik, sagte Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) zu Beginn der Debatte. Das sei nötig, um den Wohlstand zu wahren. Lenz sprach von einer Entlastung für Unternehmen und Verbraucher bei den Netzentgelten im Umfang von 5,6 Milliarden Euro 2026 „und auch in den nächsten Jahren“. Bei der Gasspeicherumlage liege die Entlastung bei 3,4 Milliarden Euro. Außerdem werde ab dem nächsten Jahr der Industriestrompreis eingeführt. 

„Wir machen das, damit die energieintensive Industrie, die Grundstoffindustrie, das produzierende Gewerbe und damit die Arbeitsplätze in Deutschland eine Zukunft haben“, sagte Lenz. Etwa 600.000 Unternehmen im produzierenden Gewerbe würden entlastet. „Das sind alles gute Nachrichten“, befand der CSU-Abgeordnete. 

AfD: Benötigt wird „gesicherte Kraftwerksleistung“

Die Koalition wolle sich für Wirtschaftserfolge feiern lassen, die es nicht gebe, entgegnete ihm Leif-Erik Holm (AfD). Die Industrieproduktion in Deutschland breche ein, „und zwar auf breiter Front“. In allen Sektoren gehe es abwärts, so Holm. „Deutschland schafft sich leider auch als Industrieland ab, wenn es so weitergeht“, urteilte der AfD-Abgeordnete. Die Koalition habe keine Lösungen, klebe lediglich kleine Pflaster auf und verwalte den Untergang. 

Ein richtiger Schritt wäre aus seiner Sicht die Senkung der Stromsteuer „für alle“. Stattdessen handle die Regierung nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“. Sämtliche Entlastungen – insgesamt 30 Milliarden Euro – zahle der Steuerzahler. „Sie verstecken die Kosten für die tote Energiewende im Haushalt“, sagte Holm. Benötigt werde stattdessen „gesicherte Kraftwerksleistung“. Statt Kühltürme an stillgelegten Kernkraftwerken wegzusprengen, müssten diese reaktiviert und neue Kernkraftwerke gebaut werden, forderte Holm. 

Minister: Wir müssen um jeden Arbeitsplatz kämpfen

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) verwies auf „weltpolitische und geopolitische Umbrüche“. Durch die Entwicklungen in den USA und China gerate die deutsche Industrie unter Druck. Sich damit abzufinden, dass Schlüsselindustrien aus Deutschland verschwinden, sei keine Option. „Wir müssen um jeden Arbeitsplatz kämpfen“, forderte der Minister. 

Es gehe nicht um die Frage, ob Deutschland eine starke Industrienation ist oder eine starke Technologienation. Es müsse um beides gehen. „Wir wollen mit der Industrie in eine gute, eine technologische, in eine klimaneutrale Zukunft gehen“, sagte Klingbeil. Dafür setze sich die Bundesregierung ein. 

Grüne: Erneuerbare mit hohem Tempo ausbauen

Als der ehemalige Wirtschaftsminister Robert Habeck einen Industriestrompreis gefordert hat, habe ihm die Union „Subventionitis“ vorgeworfen, sagte Sandra Stein (Bündnis 90/Die Grünen). Heute schlage die Union einen solchen Industriestrompreis selber vor. „Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht“, befand sie. Diesen „längst überfälligen“ Industriestrompreis hätte es ihrer Aussage nach schon viel früher geben können und müssen. „Das nennt sich dann: Verantwortung für Deutschland“, sagte die Grünen-Abgeordnete, die auch die Absenkung der Netzentgelte begrüßte, zugleich aber kritisierte, dass dies nur für ein Jahr vorgesehen sei. „Das sorgt nicht gerade für Planungssicherheit“, befand sie. 

Stein forderte, mit hohem Tempo weiterhin die erneuerbaren Energien auszubauen, „auch die Netz- und die Speicherinfrastruktur und natürlich die Wasserstoffwirtschaft“. Die erneuerbaren Energien seien schließlich der Schlüssel zu dauerhaft niedrigen Energiepreisen und machten Deutschland auch unabhängig von Autokraten, sagte sie. 

Linke: Arbeitsplätze erhalten und Deindustrialisierung stoppen

Im Industriesektor, so sagte Jörg Cezanne (Die Linke), seien „gute Arbeit und hohe Tariflöhne“ noch Standard. Die Linke wolle diese Arbeitsplätze erhalten und die drohende Deindustralisierung stoppen. Daher sei ein Industriestrompreis „mehr als überfällig“. Er müsse für eine begrenzte Gruppe besonders energieintensiver Unternehmen kommen. 

Im Gegenzug müssten sich diese Unternehmen aber zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Standorten sowie zu messbaren Dekarbonisierungsmaßnahmen verpflichten, forderte der Linken-Abgeordnete. Die billigste Kilowattstunde sei schließlich immer noch die, „die gar nicht erst produziert und verbraucht werden muss“. 

SPD: Wirtschaftliche Stärke und soziale Verantwortung

„Wir müssen dafür sorgen, dass Deutschland ein moderner, innovativer und gerechter Industriestandort bleibt“, sagte Sebastian Roloff (SPD). Dabei sei „gerecht“ nicht nur ein Füllwort, „sondern die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg“. Wirtschaftliche Stärke und soziale Verantwortung gehörten für die SPD untrennbar zusammen, betonte Roloff. 

Vieles sei bereits erreicht, so der SPD-Abgeordnete. Die EEG-Umlage sei für das produzierende Gewerbe abgeschafft worden, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt und ein Bundeszuschuss beschlossen, der ab 2026 die Übertragungsnetzentgelte deutlich dämpfen werde. „Das sind die größten energiepolitischen Entlastungen für unsere Industrie seit Jahren“, sagte er. (hau/13.11.2025)